Gift vom Mars
mindestens noch ein oder zwei Meter tiefer klettern mußte, ehe er sie würde berühren können.
Und dann sah er den dunklen Fleck.
Es gab natürlich viele dunkle Stellen. Überall, wo ein Felsvorsprung einen Schatten warf, war es schwarz. Der einzige Unterschied bestand darin, daß dieser dunkle Fleck rechteckig war. Das mußte also künstlich hervorgerufen sein – eine Art Tür oder so etwas.
Er packte den unteren Haftanker seiner Leiter, warf ihn, so weit er konnte, in Richtung auf die dunkle Stelle, fing den zweiten Anker auf, als er herunterfiel, und warf ihn noch weiter in dieselbe Richtung. So kletterte er Hand über Hand und hoffte verzweifelt, daß die Sonne noch eine Weile über ihm bleiben würde und die dunkle Stelle nicht nur in seiner Phantasie existierte.
Die Sonne hatte jetzt die Spalte überquert. Der Fels, der soeben noch gelbrot gewesen war, wurde jetzt wieder grau. Aber es lag noch Licht auf der anderen Wand, und er konnte genug sehen. Er war höchstens dreißig Meter von der dunklen Stelle entfernt, und jeder Wechsel des Ankers brachte ihn einen Meter näher. Und dann begann es wieder zu dämmern, als er den Rand der schwarzen Fläche erreichte. Seine behandschuhten Finger ertasteten eine Vertiefung im Felsen. Sie war glatt. Das mußte das Werk intelligenter Wesen sein.
Jetzt brauchte er kein Sonnenlicht mehr. Der schmale Lichtkegel seiner Taschenlampe würde ausreichen. Er befestigte seine Leiter an der Vertiefung, und als er den zweiten Haftanker fallen ließ, hörte er ihn unmittelbar darauf auf den Felsen prallen. Ein waagerechter Felsvorsprung!
Er kletterte schnell auf dem Vorsprung. Er zog die Kugel los, schob den Sicherungsflügel herum – und zum erstenmal seit mehr als sechs Stunden waren beide Enden der Leiter frei.
David sah sich um. Die Vertiefung im Felsen war vielleicht drei Meter hoch und zwei Meter breit. Im Licht der Taschenlampe ging er hinein und stand vor einer glatten und festen Steinmauer, die ihm den Weg versperrte.
Auch diese Wand war das Werk intelligenter Wesen.
Plötzlich verspürte er einen Schmerz im Ohr und wirbelte herum. Dafür konnte es nur eine Erklärung geben. Irgendwie schien der Luftdruck rings um ihn anzuwachsen. Er trat ein paar Schritte zurück und war von der Feststellung nicht überrascht, daß die Öffnung, durch die er eingetreten war, jetzt von einem Felsen versperrt war, der vorher nicht dort gewesen war. Er hatte sich lautlos vorgeschoben.
Sein Herz schlug schneller. Offensichtlich befand er sich in einer Art Luftschleuse. Er nahm vorsichtig die Maske ab und holte Luft.
Er trat vor die innere Felsmauer und wartete zuversichtlich darauf, daß sie sich vor ihm in die Höhe hob.
Das tat sie auch, aber eine volle Minute, ehe das geschah, spürte David, wie seine Arme plötzlich an den Leib gepreßt wurden, als hätte sich ein stählernes Lasso um ihn gelegt. Er hatte noch Zeit für einen erschreckten Aufschrei, dann preßten sich seine Beine unter ähnlichem Druck aneinander.
Und so kam es, daß David Starr weder Hände noch Füße bewegen konnte, als sich die innere Tür öffnete und der Weg zum Betreten der Kaverne vor ihm frei war.
10.
David wartete. Es hatte keinen Sinn, mit Luft zu sprechen. Vermutlich würden die Wesen, die die Kavernen gebaut hatten und die imstande waren, ihn zu lähmen, durchaus in der Lage sein, jetzt ihre nächste Karte auszuspielen.
Er fühlte, wie er vom Boden hochgehoben wurden und langsam in die Horizontale glitt. Er versuchte, den Kopf zu heben, mußte aber feststellen, daß er beinahe unbeweglich war. Die neuen Bande waren nicht so kräftig wie die, die um seine Glieder lagen, aber er konnte sich jedenfalls nicht bewegen.
Er glitt sanft nach innen. Es war gerade, als dringe er in warmes, atembares Wasser ein. Als sein Kopf die Luftschleuse verließ – er schwebte mit den Beinen voran –, umfing ihn traumloser Schlaf.
David Starr schlug die Augen auf, ohne sich der inzwischen verstrichenen Zeit bewußt zu sein. Er hatte das Gefühl, daß sich »etwas« in seiner Nähe befand. Aber zuerst verspürte er die Hitze. Es war so heiß wie an einem heißen Sommertag auf der Erde. Dann bemerkte er das schwache rötliche Licht, das ihn umgab und kaum zum Sehen ausreichte. Er konnte nur die Wände eines kleinen Raumes sehen. Nirgends bewegte sich etwas. Nirgends war Leben.
Und dennoch spürte er unweit von sich die Ausstrahlung einer kraftvollen Intelligenz. David spürte, ohne es erklären zu
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