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Gifthauch

Gifthauch

Titel: Gifthauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Terry
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war, und der Kassettenrekorder wurde eingeschaltet. Derek konnte nicht sagen, um welches Gas es sich handelte, und plante auch nicht, die Kobra aufzuschneiden und es in Erfahrung zu bringen. Das überließ er gern dem Labor oder dem Bombenräumkommando.
    Derek wandte sich dem Computer zu. »Nehmen wir die CDs und verschwinden. Sollen die –«
    Jill hob das Kinn. »Wir werden nichts dergleichen tun. Ich will es Ihnen ganz deutlich machen: Was ich in den letzten fünfzehn Minuten beobachtet habe, erhärtet in mir den Verdacht, dass die Ermittlungen gegen Sie gerechtfertigt sein könnten. Sie befolgen keine Vorschriften. Sie ergreifen keine Vorsichtsmaßnahmen. Sie sind gottverdammt noch mal gemeingefährlich. Sie haben das beste Beweismaterial gegen den Kerl kontaminiert – nichts davon wird sich vor Gericht noch verwenden lassen –, und Sie haben uns beide in Lebensgefahr gebracht. Für nichts. Außerdem haben Sie hier keine Ermittlungen zu führen –«
    »Doch, habe ich«, widersprach er. »Evaluieren, koordinieren, ermitteln.«
    »Hören Sie mir überhaupt zu?«
    Er ging zum Computer, suchte im Menü und klickte auf Drucken, um einen Ausdruck von ›Szenarium 14‹ des CBCTR zu erstellen. Aus dem Drucker kam ein eigentümliches Klicken. Ohne zu zögern warf sich Derek auf Jill und riss sie zu Boden. Fast im gleichen Augenblick explodierte der Drucker. Eine heiße Woge traf das Büro. Am Boden spürte Derek, wie die Druckwelle über ihn hinwegfegte. Das Büro war ein einziges flammendes Inferno.
    Er rollte sich von Jill herunter. »Verdammt! Wo ist der Feuerlösch…«
    Das Sprinklersystem schaltete sich ein, tränkte das Büro mit Wasser und vernichtete alles, was bei der Explosion nicht bereits verbrannt oder zerschmettert worden war.
    Jill lag neben ihm auf dem Boden und schirmte ihre Augen vor den schwarzen Rauchschwaden und dem kalten Wasser ab. »Da hat wohl jemand vergessen, nach weiteren Sprengfallen zu suchen«, sagte sie.
    Derek starrte in das Büro. »Wenigstens leben Sie noch. Danken können Sie mir später.«

19
    12.00 Uhr
    Der Hörsaal befand sich im ersten Obergeschoss der Scott Hall, wo der Lehrstuhl für Biochemie und Molekularbiologie untergebracht war. Der mittelgroße, gestufte Saal bot über hundert Personen Platz; an diesem Tag war er allerdings nur mit ungefähr sechzig besetzt. Bei IBS 7010 Molekularbiologie handelte es sich um eine interdisziplinäre biomedizinische Vorlesung, die für den Großteil aller Biologiestudierenden im ersten Semester ihres Hauptstudiums Pflichtprogramm war.
    Professor Dr. Isaac Tschevkov war ein mausartiger grauer Mann mit leicht gebeugten Schultern. Durch das wirre weiße Haar, das er kaum je kämmte, schimmerte die rosa Kopfhaut hindurch. Er trat hinter das Vortragspult und mühte sich mit dem Mikrofon ab. Seine Stimme war dünn und hatte einen schweren Akzent, und er benutzte die Lautsprecheranlage, damit die Zuhörer ihn besser verstanden.
    »Okay, okay«, begann er. Das Mikrofon, das er an sein Revers klemmte, kratzte und kreischte. Er trug schwarze Straßenschuhe, eine braune Hose, ein weißes Hemd mit schwarzer Krawatte und darüber ein braunes kariertes Sportsakko. »Fangen wir an«, sagte er. »Mein Name ist Isaac Tschevkov. Ich werde in dieser Vorlesung ungewöhnliche Aspekte der molekularen Translation und Transkription behandeln. Da Sie alle im Hauptstudium sind, sollten Sie die entsprechenden Grundlagen bereits beherrschen. In dieser Vorlesung befassen wir uns mit den Ausnahmen. Heute behandeln wir A-nach-I-RNA-Edition. Kann mir jemand sagen, was das ist?«
    Mehrere Studierende hoben die Hände. Tschevkov wies auf eine Asiatin im hinteren Teil des Saals, die ein weißes Sweatshirt trug.
    »Während –«, setzte sie an.
    »Sprechen Sie lauter«, donnerte Tschevkovs verstärkte Stimme durch den Hörsaal. »Sprechen Sie so laut, dass jeder Sie verstehen kann. Na los, stehen Sie auf.«
    IBS 7010 war eine Ringvorlesung; Dozenten aus unterschiedlichen Abteilungen sprachen über ihr Gebiet. Tschevkov war Molekularbiologe; er hatte sich jahrelang mit der Genetik von Plattwürmern befasst. Heute war sein erster Vorlesungstag.
    Die junge Frau stand auf und wirkte unbeholfen und verlegen. Sie versuchte, lauter zu sprechen. »Vor der Transkription modifizieren Adenosin-Desaminasen unter bestimmten Bedingungen einzelne Adenosinmoleküle.«
    »Modifizieren sie zu was?«, wetterte Tschevkov.
    »Äh, zu Inosin.«
    »Richtig. A für Adenosin nach I für

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