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Gifthauch

Gifthauch

Titel: Gifthauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Terry
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haben dort Cats gesehen. Erinnerst du dich?«
    »Yeah.« Was für ein dämliches Musical das gewesen war.
    »Es ist auf dem West Grand Boulevard. Fahr auf die I-75 nach Süden bis –«
    »Ich weiß, wo das ist«, unterbrach er sie. »Aber ich habe Ray bei mir …«
    »Bring ihn mit.«
    »Mom …«
    »Michael, das ist ein Notfall. Bitte hol mich ab. Sofort. Kann ich auf dich zählen?«
    Seine Hand umfasste das Handy fester. »Ja.«
    »Bis gleich.«
    Nachdem sie aufgelegt hatte, starrte Michael das Handy an. Er sah zu Ray, der sich auf dem Beifahrersitz den Verstand aus dem Schädel kiffte. Michael fuhr das Seitenfenster herunter, riss Ray den Joint aus den Fingern und warf ihn ins Freie.
    »Hey! Was soll die Scheiße?«
    »Wir müssen meine Mutter abholen. Kurbel dein Fenster runter. Jetzt kurbel das beschissene Fenster runter! Wir müssen die Scheißkarre auslüften.«
    »Bist du bekloppt? Deine Mutter ist beim FBI. Die nimmt mich hoch. Halt sofort an.«
    »Ray …«
    »Halt das Scheißauto an. Bist du bekloppt? Was ist denn los? Was ist denn mit dem Auto von deiner Mutter?«
    »Weiß ich nicht.« Michael umfasste das Lenkrad fester und fühlte sich eigentümlich erregt, obwohl ihn gleichzeitig kalte Furcht packte. Seine Mutter hatte gesagt, es sei ein Notfall. Sie brauchte ihn.
    »Halt das Auto an. Verdammt noch mal, Mike! Halt die Scheißkarre an.«
    Michael hielt am Rand der Crooks Road. Ray sprang aus dem Wagen.
    »Und was willst du jetzt machen?«, fragte Michael. Er hatte den Kopf gesenkt, damit er Ray ansehen konnte.
    »Trampen. Laufen. Scheiße, ich weiß es nicht. Du hast 'nen Knall. Verpiss dich, Mann. Was soll denn das?«
    Michael zuckte mit den Schultern. »Mensch –«
    »Verpiss dich, Mann. Geh! Geh deine Mami retten!«
    Michael schluckte. »Hey, Ray!«
    »Was?«
    »Leck mich am Arsch!« Er trat aufs Gas, versprühte Geröll hinter sich und ließ Ray in einer Staubwolke stehen.

22
    12.22 Uhr
    Ferndale war ein Vorort nördlich von Detroit. Er nannte sich ›Feines Ferndale‹, und vielleicht traf die Alliteration zu. In Ferndale wohnten die über Zwanzigjährigen, die sich das erheblich feinere Wohngebiet von Royal Oak nicht leisten konnten, oder zumindest diejenigen von ihnen, denen Shopping, Nachtleben und überteuertes anspruchsvolles Wohnen nahe der Detroiter City wichtig waren.
    Derek besaß Rebecca Harringtons Adresse, doch es erwies sich wider Erwarten als schwierig, ihr Haus zu finden. Ferndale erschien als saubere kleine Vorstadt mit haufenweise Cottages und Bungalows, die alle gleich aussahen – kleine zweistöckige Häuser auf kleinen Grundstücken mit betonierter Veranda, Büschen zwischen Vorgarten und Gehweg und weißer Aluminiumverschalung. Garagen oder Carports gab es fast gar nicht. Derek kam es vor, als stammten sämtliche Häuser aus den Vierzigerjahren, und das, überlegte er, traf wahrscheinlich sogar zu.
    Endlich entdeckte er das Haus in einer Sackgasse. Die Umgebung machte einen guten Eindruck, aber das galt für den gesamten Vorort, soweit er ihn durchfahren hatte. Alte Eichen, Platanen und Weiden. Kleine umzäunte Gärten. Zwei Häuserblocks entfernt war eine Grundschule. Derek parkte auf der Straße, überlegte, was er tun sollte, und durchforstete seine Marschtaschen. Da er gerade dabei war, schluckte er eine Schmerztablette mit lauwarmem Wasser aus einer Plastikflasche. Aus einer Tasche nahm er einen elektronischen Dietrich, dazu eine kleine Auswahl weiterer Werkzeuge und eine kleine, aber starke Maglite-Taschenlampe.
    Er ging den Weg zur Veranda und drückte auf die Türglocke. Wie erwartet öffnete niemand. Trotzdem klingelte er noch einmal, dann klopfte er lautstark. Noch immer keine Reaktion. Gleichwohl stand ein Auto in der Auffahrt, ein kastanienbrauner Jeep Cherokee.
    Er nahm den elektronischen Dietrich, schob die dünnen Stäbe ins Schlüsselloch und drückte den Knopf. Binnen Sekunden war die Tür entriegelt, und er betrat das Haus.
    Gleich vor ihm lag eine teppichüberzogene Treppe, die ins Obergeschoss führte. Links von ihm war das Wohnzimmer. Blauer Teppich, Schaukelstuhl, Couch, Couchtisch aus Ahorn, Fernseher. Der Wandschmuck bestand aus gerahmten Quilts, von denen er vermutete, dass Rebecca Harrington sie selbst gemacht hatte. Sie sahen großartig aus.
    Durch das Wohnzimmer gelangte er in ein Esszimmer und in die Küche. Im Haus herrschte eine merkwürdige Stimmung, die ihm nicht gefiel. Das Haus schien nicht ganz leer zu sein. Er zog den Colt aus dem

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