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Gifthauch

Gifthauch

Titel: Gifthauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Terry
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das Radio aus. »Das … das …«
    »Mom! Ich wollte das hören!«
    Jills Handy klingelte. Sie forderte ihren Sohn mit erhobener Hand zum Schweigen auf und hielt sich das Mobiltelefon ans Ohr. »Hier Jill Church.«
    »Church, hier Stillwater. Ich habe –«
    »Sie stecken verdammt tief in der Tinte! Wo sind Sie?«
    »Church, würden Sie –«
    »Wussten Sie, dass ich von Gray die Anweisung habe, Sie festzunehmen? Hören Sie, sagen Sie mir einfach, wo Sie sind. Wir treffen uns, und ich nehme Sie mit zum Federal Building. Wenn Sie wollen, bringe ich Sie zum Flughafen, und Sie fliegen einfach wieder nach –«
    »Agent Church, halten Sie endlich die Klappe! Rebecca Harrington ist ermordet worden.«
    Jill war, als schnürte sich ihr die Kehle zusammen. »Was? Wie –«
    »Ich muss weiter, aber wenn Sie den Tatort übernehmen wollen, dann kommen Sie lieber hierher.«
    »Wohin? Übernehmen … Stillwater, Sie müssen dort bleiben. Es ist in Ferndale, richtig?«
    »Ja. Sie liegt in ihrem Schlafzimmer im ersten Stock. Sie werden sicher die Polizei von Ferndale hinzuziehen, aber Sie müssen ihnen klarmachen –«
    »Haben Sie den Verstand verloren? Sie bleiben dort! Sie bleiben dort, bis ich da bin! Kontamin…«
    Er hatte aufgelegt.
    Mit einem frustrierten Aufschrei schlug sie die Faust auf den Handschuhfachdeckel des Civic. »Gottverdammt noch mal. Scheiße!«
    Michael machte große Augen. »Mom?«
    Sie rieb sich die Stirn und atmete tief durch. »Wir müssen nach Ferndale. Wir fahren zum Schauplatz eines Mordes. Sofort.«
    »Cool.«
    »Das ist nicht cool!«, fuhr sie ihn an. »Das ist kein Spiel, Michael!«
    »Weiß ich.« Er wandte sich kurz zu ihr und beschleunigte dann auf der linken Spur der I-75. »Mein Vater ist bei einem Terroranschlag gestorben, erinnerst du dich? Ich weiß genau, dass es kein Spiel ist.«

24
    12.35 Uhr
    Der Mann, der sich die Schlange nannte, stand mit den anderen Schaulustigen vor der Scott Hall und ließ sich nichts entgehen. Das Chaos zu betrachten, verschaffte ihm einen Kitzel. Besonders erregend war es zuzusehen, wie ein Plan aufging, der so kompliziert war wie seiner.
    Bislang hatte alles den erhofften Weg genommen. Eigentlich überraschte ihn das. Es gab ein Konzept namens ›Friktion‹, Reibung, das im Grunde besagte, dass Dinge nicht plangemäß abliefen. Ein militärischer Begriff war es, von Carl von Clausewitz in seinem Werk Vom Kriege geprägt, und er bezog sich auf physische Hindernisse bei einem Feldzug. Clausewitz' wichtigstes Beispiel für Friktion war das Wetter gewesen.
    Die Schlange räumte ein, vielleicht Glück gehabt zu haben. Er rief sich in Erinnerung, wie er an den Wind erst unmittelbar, bevor er die Gasapparatur im Boulevard Café auslöste, gedacht hatte. Er hatte sich gefragt, ob er das Wetter in die Planung hätte einbeziehen sollen. Doch seine Anschläge fanden allesamt in geschlossenen Räumen statt, und die Temperatur war gemäßigt. Sarin wirkte in wärmerer Umgebung schneller, aber die Geschwindigkeit schien für seine Zwecke auszureichen.
    Bislang hatte alles funktioniert, und er wusste, dass er das seiner sorgfältigen Strategie zu verdanken hatte. Er war klüger als die anderen und dachte bei der Gesamtkonzeption immer mehrere Schritte weit voraus. Jetzt aber trat sein Plan in die komplizierteste Phase ein, und das Risiko wurde sehr hoch.
    Er lächelte, während das Herz in seiner Brust heftig pochte. Du wirst mich erkennen, Vater. Ich werde so berühmt und verehrt sein wie du. Und so gefürchtet.
    Er gab sich wie ein langhalsiger Gaffer unter vielen, während er langsam die Menge durchschritt. Die Detroiter Feuerwehr hatte ein aufblasbares Zelt an der Seite aufgebaut. Es diente als Bereitstellungsraum für Personen, die in ihren Schutzanzügen in das Gebäude gingen oder es verließen. Dorthin wollte er, doch sein Plan verlangte eine etwas andere Annäherung.
    Neben mehreren Ambulanzen, Streifenwagen, Kastenwagen des Leichenbeschauers und anderen Fahrzeugen parkten auch zwei gelbe Detroiter Feuerwehren. Die Schlange ging auf die Fahrzeuge zu, während jeder nur auf das Gebäude blickte und zusah, wie die Toten herausgeschafft wurden. Niemand bewachte die Fahrzeuge.
    Er ging zu einem der Feuerwehrwagen und musterte ihn. Sofort entdeckte er, wonach er suchte: eine dunkle Windjacke der Detroiter Feuerwehr mit den Buchstaben DFD auf dem Rücken. Ohne im Schritt innezuhalten, ergriff er sie und schlüpfte hinein, während er weiter auf das

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