Gifthauch
»Ja?«
»Was soll ich hier?«
»Haben Sie bitte Geduld, Ma'am.«
»Wo ist mein Handy?«
»Im Labor«, sagte er.
»Ich möchte es zurück.«
»Es tut mir leid, Ma'am. Das ist nicht möglich.«
»Was, wenn die Schlange mich wieder anruft?«
»Ich hoffe sehr, dass er das tut, Ma'am. Nun kehren Sie bitte in das Zimmer zurück und warten, bis ich …«
Sie begann, sich von dem Agenten zu entfernen und den Korridor entlangzugehen.
»He!«, rief er ihr nach. »Wo wollen Sie hin?«
Sie rannte los. Sie hatte genug. Sie war nicht in Haft, sie würde sich nicht festsetzen lassen, sodass sie die größte Story ihrer Laufbahn verpasste.
Sie verschwand in einem Treppenhaus und nahm immer drei Stufen auf einmal. Über ihr knallte die Tür ins Schloss. Sie war dem Agenten nur um wenig voraus und wusste, dass es Irrsinn war, ihn abhängen zu wollen. Wohin sollte sie denn laufen?
Dann stand Mary im Erdgeschoss und sprintete aus dem Gebäude. Sie blieb abrupt stehen. Die Zuschauermenge war fort. Da trat der FBI-Agent hinter sie und packte ihren Arm.
»Was soll denn das?«, fragte er.
»Bin ich festgenommen?«, fragte sie zurück.
»Nein. Sie sind eine Zeugin. Bitte –«
»Lassen Sie mich los«, fauchte sie ihn an und entriss ihm ihren Arm. »Haben Sie schon mal von Pressefreiheit gehört? Ich will mein Handy zurück.«
»Das können Sie vergessen, Ma'am«, sagte er kopfschüttelnd. »Damit wird sein Handy geortet. Wenn … Was machen Sie da?«
Sie hielt ihr Diktafon in der Hand. »Ich nehme unser Gespräch auf.«
»Ma'am …« Er griff nach dem Gerät, doch sie war schneller.
»Wenn was?«, fragte sie. »Kann das FBI den Kerl finden, wenn er sein Handy benutzt?«
»Wenn es an ist, ja. Wir können ein Handy mit einer Genauigkeit von hundert Metern orten, wenn es eingeschaltet ist.«
»Muss damit telefoniert werden?«
»Nein.«
»Und das geschieht jetzt im Moment?«
»Ja, Ma'am.«
»Wie heißen Sie, Sir?«
Er schien tief durchzuatmen. »Agent Roger Kandling.«
»Warum wurde mein Handy nicht schon nach dem ersten Anruf konfisziert?«
Kandling blinzelte. Seine Augen waren tiefblau, fast grau. »Kein Kommentar.«
»Jemand hat es vermasselt?«, wollte sie wissen.
»Kein Kommentar.«
Sie schaltete das Gerät ab. »Inoffiziell.«
Er musterte das Diktafon und streckte die Hand aus. Mary reichte es ihm. Er vergewisserte sich, dass es abgestellt war, und sagte dann: »Matt Gray hat es verbockt. Er hätte Sie in ein Zimmer setzen, auf den nächsten Anruf warten und alles bereithalten müssen, ihn zurückzuverfolgen. Wir hätten den Bereich abriegeln können, und der ganze Schlamassel wäre vorüber gewesen.«
»Was meinen Sie, warum er es verbockt hat?«
»Weil er niemandem zuhört. Er scheißt sich ein wegen dieses Troubleshooters vom DHS, der, offen gesagt, allen anderen drei Schritte voraus ist.«
Mary spitzte die Ohren. Sie ließ sich das Diktafon zurückgeben. »Erzählen Sie mir von diesem Troubleshooter.«
»Er heißt Derek Stillwater. Er war früher bei den Army Special Forces und ist Experte für biologische und chemische Waffen.«
Sie blinzelte. »Der von Chimera?«
»Ja. Das ist er.«
»Ich dachte, gegen ihn wird ermit…«
»Das Bureau ermittelt tatsächlich gegen ihn. Der Justizminister hat Minister Johnston angewiesen, dass Stillwater nicht aktiv tätig sein soll. Offen gesagt glauben die meisten von uns, dass er schon längst nicht mehr zurechnungsfähig ist.«
»Trotzdem ist er hier«, stellte sie fest.
»Richtig, Ma'am. Und er war hier in der Universität, als es geschehen ist.«
Sie holte tief Luft. »Es gab Gerüchte, dass er vielleicht mehr über den Anschlag auf U.S. Immuno weiß, als er sagt – dass er vielleicht tatsächlich ein Insider war.«
»Kein Kommentar.«
»Es ist doch wahr, dass Derek Stillwater einmal ein Freund und Teamkamerad des Terroristen war, der hinter den Anschlägen auf das Weiße Haus und U.S. Immunological Research steckte?«
»Ja, Ma'am. Das ist korrekt.«
»Gegen Derek Stillwater ermittelt das FBI wegen Folter und Mord an einer russischen Staatsbürgerin. Ist das auch korrekt?«
»Ja.«
»Wie hat Derek Stillwater denn diese Russin angeblich gefoltert und ermordet? Es war doch eine Frau, nicht wahr?«
»Er hat sie mithilfe von Plastiktüten erstickt«, antwortete Kandling.
»Warum läuft so ein Mann frei herum?«
»Das ist eine gute Frage, Ma'am. Eine sehr gute Frage.«
Sie starrte ihn an. »Glauben Sie, dass Derek Stillwater nähere
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