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Gifthauch

Gifthauch

Titel: Gifthauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Terry
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drehte er sich um und steuerte auf die Aufzüge zu. Über die Schulter sagte er: »Ich habe eine Liste aller Lehrkräfte, die mit dem CBCTR zu tun haben. Und die Kontaktinformationen.«
    Sie fuhren zu Websters Büro im obersten Stockwerk hoch. Es war groß und bot einen Blick auf die Innenstadt, die nur teilweise von der Universitätsklinik verdeckt wurde. Eingerichtet war der Raum modern mit heller Eiche, und Diplome und andere Leistungsurkunden hingen an den Wänden. Webster ging zu einem großen Aktenschrank, schloss ihn auf und durchforstete mehrere Ordner, bis er fand, was er suchte. »Ich mache Ihnen eine Fotokopie«, verkündete er. »Der Kopierer braucht aber ein paar Minuten zum Vorwärmen.«
    Als er mit der noch warmen Kopie zurückkam, studierte Toreanno sie. Neun Namen waren verzeichnet. Zwei der aufgeführten Personen, John Simmons und Brad Beales, waren im Boulevard Café gestorben. Zog man noch William Harrington ab, blieben sechs übrig.
    »Vielen Dank, Dr. Webster. Jetzt hätte ich gern Zugang zu John Simmons' Büro.« Und ich hoffe, dass es nicht vermint ist, dachte sie.

58
    15.37 Uhr
    Die Schlange lenkte den Wagen ins Parkhaus des Greektown Casino und fuhr aufs oberste Parkdeck, wo die wenigsten Pkws parkten und es die meisten freien Plätze gab. Zweimal fuhr er im Kreis, studierte noch einmal die Überwachungskameras und machte die toten Winkel aus. Besonders gefiel ihm eine dunkle Stelle in der Mitte, die von einem Stützpfeiler verdeckt wurde. Die Parktasche war frei, was ihm als außerordentlicher Zufall erschien. Die Götter lächelten in der Tat auf ihn herab an diesem Tag.
    Der Gedanke amüsierte ihn. Durch Geburt war er göttlich, das Kind eines Gottes. Schon bald würde man ihn als den und das erkennen, was er wirklich war. Bald.
    Das Radio spielte WDET, den örtlichen öffentlichen Sender. Man hatte das Musikprogramm abgesetzt und berichtete laufend über die Schlange. Das begeisterte ihn. Im Mittelpunkt solcher Aufmerksamkeit zu stehen. Solche Angst zu verbreiten.
    Ihm war die große Macht bewusst, die er nun besaß.
    Für einen Moment oder vielleicht auch etwas länger verlor die Schlange alles aus den Augen – die Mission, die vor ihm liegenden Aufgaben, die Herausforderung – und sonnte sich in der Vernichtung, die er verursacht hatte.
    Plötzlich in die Gegenwart zurückgerissen, blickte die Schlange auf die Uhr im Armaturenbrett und versuchte zu ergründen, wie viel Zeit verstrichen war. Fünf Minuten? Zehn?
    Mittlerweile war es 15.47 Uhr. Hatte er so lange im Auto gesessen? Einen Augenblick lang ergriff ihn Panik. Was geschah mit ihm? Hatte er Black-outs?
    Er schüttelte den Kopf und schaute sich um, suchte nach irgendwelchen Zeugen. Niemand zu sehen. Sicher machte sich nur der Stress dieses Tages bemerkbar. Ein Gott des Chaos zu sein, war ermüdend.
    Ein Lächeln spielte um seine Lippen. Die Schlange. Er war bereits berühmt. Wenn der Tag zu Ende ging, kannte jeder auf Erden die Schlange. Und die Schlange wäre der Kopf von Aleph. Heute würde er den Anhängern und den Verborgenen den Weg zur Rettung zeigen. Wie eine Wiederkunft würde es sein.
    Als er noch immer niemanden sah, machte er sich daran, die nächste Phase seiner Operation einzuleiten.

59
    12.48 Uhr Pazifischer Zeit/
15.48 Uhr Ostküstenzeit
    Agent Janice Beckwith hielt den Professor der Stanford University für einen Blödmann. Mit seinem dichten Bart und dem aus der Stirn zurückgekämmten, ein wenig zu langen Haar entsprach er dem Klischee vom arroganten Hochschullehrer fast vollkommen. Er trug auch die typische Kleidung eines Collegeprofessors: Khakihose, ein weißes Button-down-Hemd, ein braunes Kordsakko mit Lederflicken auf den Ellbogen. Sein Gebaren ließ Arroganz eigentlich schon weit hinter sich zurück und näherte sich dem Größenwahn. Dieser Mensch nahm sich eindeutig selbst zu wichtig. Dies kam bereits in seiner Haltung zum Ausdruck, die so aufrecht war, dass er sich fast nach hinten neigte, um so besser auf sie hinabsehen zu können.
    »Ich bin nicht ganz sicher, ob ich verstehe, was Sie wollen. Sie arbeiten für das FBI, sagten Sie?«
    »Für das Heimatschutzministerium«, erwiderte Agent Beckwith durchaus freundlich. »Und ich hatte den Eindruck, mich sehr klar ausgedrückt zu haben. Ich brauche Zugang zu Professor Schultz' Büro.«
    Professor Dr. Jameson Lloyd, das bärtige Klischee, sah sie wissend an. »Und Sie haben einen Durchsuchungsbeschluss?«
    »Den brauche ich nicht«, entgegnete sie.

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