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Gifthauch

Gifthauch

Titel: Gifthauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Terry
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»Als gebildeter Mensch wissen Sie bestimmt, dass die Bestimmungen von Absatz 813C-3 des Patriot Act eine beschlussfreie Durchsuchung unter zwei Voraussetzungen gestatten, von denen die erste, und ich zitiere, ›akute Bedrohung der inneren Sicherheit‹ ist. Die zweite Voraussetzung nennt man die ›Fluchtverfolgungsbestimmung‹.«
    Dr. Lloyd blinzelte. »Ich verstehe …«
    Agent Beckwith erwiderte seinen Blick, ohne mit der Wimper zu zucken. »Der Absatz ist Ihnen doch bekannt, richtig?«
    »Selbstverständlich«, antwortete Lloyd. »Selbstverständlich. Ja. Nun ja, dann suche ich Ihnen jemanden, der Sie zu Professor Schultz' Büro bringt.«
    »Ich bin schon dort gewesen. Ich finde den Weg. Vielen Dank.«
    »Gern geschehen.«
    Sie schob sich an ihm vorbei und zeigte dabei nicht die Andeutung eines Lächelns. Professor Lloyd war kein besonders guter Pokerspieler, Beckwith schon. Sie hatte gerade geblufft – nicht zum ersten Mal, dass sie den erfundenen Absatz 813C-3 einsetzte, um Leute dazu zu bewegen, ihr zu erlauben, was sie wollte.
    Sie fand Schultz' Büro offen vor, ein großes Zimmer voller Stapel aus losen Blättern, Aktenmappen und Fachzeitschriften. Es sah aus, als hätte jemand den Inhalt eines Müllcontainers in dem Zimmer ausgeleert. Trotzdem wirkte das Büro nicht, als hätte man es durchsucht; das ganze Chaos vermittelte eher den Eindruck, es sei organisiert. Beckwith bezweifelte nicht, dass Schultz genau wusste, wo was war, und irgendeine Art System besaß, um die Dinge zu ordnen.
    Sie war froh, dass sie nicht in den Papieren wühlen musste, um fündig zu werden. Beckwith blickte auf die Armbanduhr. 12.52 Uhr Pazifischer Zeit. In acht Minuten schlug die Schlange zu.
    Ohne eine weitere Sekunde zu verschwenden, setzte sie sich in Schultz' alten, abgewetzten Schreibtischstuhl und schaltete den Computer ein. Aus ihrer Aktentasche nahm sie ihren Tablet-PC, eine CD und ein Flashlaufwerk. Natürlich war es wie erwartet: Schultz hatte seinen Rechner mit einem Passwort gesichert.
    Sie schob die CD ins Laufwerk am Computer und bootete neu. Nach etwa dreißig Sekunden hatte das Programm das Passwort gefunden und öffnete das Dateiverzeichnis. Sie verschaffte sich einen Überblick über die installierten Programme und durchforstete Eigene Dateien. Auch wenn es angesichts des im Büro verteilten Papiers nicht so aussah, hatte Schultz einen großen Teil seiner Arbeit auf seinem Computer gespeichert. Rasch überflog sie die Namen von über hundert Dokumenten unter Eigene Dateien; die Hunderte Foto- und Musikdateien beachtete sie nicht.
    Sie klickte Suche an und gab ›Studienzentrum Biologische und Chemische Kampfstoffe‹ ein. Der Computer begann, die Festplatte abzugrasen.
    »Agent Beckwith.«
    Professor Lloyd stand mit einer anderen Angehörigen des Lehrkörpers in der Tür, einer ernsten Frau mit Blumenmusterkleid, zu einem Dutt gebundenem grauen Haar und einer Brille, die an einer Schnur von ihrem dürren Hals baumelte.
    Beckwith sah die beiden an, schaute auf die Uhr – 12.54 Uhr –, zog ihre Waffe und richtete sie auf die Decke. Mit tonloser Stimme verlangte sie: »Gehen Sie. Schließen Sie die Tür.«
    Die Frau keuchte. »Ich rufe den Wachdienst.«
    Die Uhr zeigte 12.55. Ein Fenster öffnete sich auf dem Bildschirm: Suche erfolgreich.
    Die beiden waren zurückgetreten.
    Mit einer flüssigen Bewegung trat Beckwith die Tür zu und schloss sie ab. Dann verband sie das Flashlaufwerk mit einer USB-Buchse an Schultz' Computer und kopierte sämtliche Dateien, die sie daraufhin auf ihren Tablet-PC spielte.
    Bereit zum Start, dachte sie und griff nach ihrem Telefon.

60
    15.57 Uhr
    Derek und Jill arbeiteten sich langsam in die Innenstadt vor. Ihnen kam es vor, als stünden sie an jeder Ampel, also an jedem Häuserblock. Derek hatte die Ohrhörer herausgenommen und seinen Tablet-PC hochgefahren und prüfte nun alle paar Minuten den E-Mail-Eingang. Seine Stimmung hatte fast den Nullpunkt erreicht. Sie würden es nicht schaffen. Wieder nicht. Er roch Leichen. Vor seinen Augen blitzten Szenen aus Nordirak auf, Frauen und Kinder, vergast von Saddam Hussein. Er schloss die Augen, verdrängte die Erinnerungen, betete zu Gott, seiner morbiden Sammlung von Schreckensbildern heute keine neuen Exponate hinzuzufügen. Ihm war übel, der Magen drehte sich ihm um, in seinem Kopf hämmerte es.
    Dereks Telefon summte. Er packte es hastig. »Beckwith?«
    »Ja, hier Beckwith«, sagte sie. »Ich lade Ihnen die Dateien hoch. Es

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