Gifthauch
hauptsächlich unbeobachtete Schnappschüsse von Mädchenbrüsten und -hintern.
Ray sprang auf und kramte in seinem Rucksack. Schließlich holte er zwei Michiganer Führerscheinkärtchen hervor. Eines davon warf er Michael zu. Es sah aus wie ein echter Führerschein und zeigte sein Foto. Sein Geburtsdatum hingegen war geändert und machte ihn einundzwanzig Jahre alt.
Er wusste nicht, was er sagen sollte.
»Ist das nicht die Bombe, Mann? Wir können was zu trinken kaufen, kein Problem. Zum Teufel, wir können überallhin. Irgendwo muss es doch 'ne Obenohne-Bar geben. Oder vielleicht können wir rüber nach Windsor, du weißt schon …«
Michael war nun noch unbehaglicher zumute als vorher. Wenn er zu dem Konzert ging, war seine Mutter stinksauer, so viel stand fest. Er rechnete zwar nicht damit, dass sie am Abend zu Hause wäre, aber er war überrascht, dass er noch nichts von ihr gehört hatte. Normalerweise rief sie ihn immer rechtzeitig an, wenn sie später kam. Und deshalb war er ein wenig unruhig. Er hatte zum ersten Mal Angst um sie, denn diese Schlange war schon zum Fürchten. Jeder, der einen anderen ermordete, indem er ihm Mund und Nase zuklebte, war ein übler Kerl.
Wenn seine Mutter das mit dem Konzert mitkriegte, wäre sie stinksauer, aber wenn sie erst erfuhr, dass er einen gefälschten Ausweis benutzt hatte, dann …
»Ich weiß nicht, Ray.«
»He, ich habe richtig viel Asche dafür bezahlt. Steck sie dir einfach in die Brieftasche und halt die Klappe.«
»Ich …«
Michaels Handy zirpte. Er schrak furchtbar zusammen. Er riss es von seinem Gürtel, sah, dass seine Mutter dran war, und hielt sich das Gerät ans Ohr.
»Michael, hier ist Mom.«
»Alles okay mit dir?«, war das Erste, was ihm über die Lippen kam, nicht ›Yeah‹ oder ›Hallo‹ oder ›Hi‹.
»Ja, mir geht's gut. Tut mir leid, Michael, aber ich arbeite noch immer an dem Fall. Ich weiß nicht, wann ich nach Hause komme. Im Gefrierfach ist Hackfleisch, oder du kannst dir ja Spaghetti machen. Oder …«
»Ich esse bei Ray.«
»Oh. Okay.«
»Mom, was ist los? Mit der Schlange, meine ich? Weißt du, wer er ist? Gab es noch einen Anschlag?«
»Im Greektown Casino war etwas geplant, aber die … Michael, ich kann jetzt wirklich nicht darüber reden.«
»Mom!«
»Michael, ich spreche über ein Handy!«
»Aber du hast gesagt –«
»Michael, du darfst nichts davon weitererzählen. Hast du verstanden? Ich möchte, dass du … Hör zu, Michael. Wenn du Fernsehnachrichten siehst oder Radio hörst, wirst du einiges erfahren über –«
»Was denn?« Michael saß kerzengerade; ein Schauer lief durch seinen Körper.
»Nur Unsinn. Unsinn über mich und über Dr. Stillwater und auch über die Schlange. Glaub nichts von dem, was du hörst, okay? Es ist nicht wahr. Wir machen weiter. Sag aber niemandem, dass wir noch dran sind.«
»Ich verstehe nicht –«
»Ich rufe später wieder an. Ich muss jetzt auflegen, Michael. Ich hab dich lieb.«
»Mom …«
Sie trennte die Verbindung. Michael starrte ungläubig auf sein Handy. Unvermittelt machte er einen Satz nach vorn, schaltete das Videospiel ab und stellte den Fernseher auf Channel 7, um die Nachrichten zu sehen. Dieser Dämlack, Steve Shay, berichtete über das Greektown Casino.
»… sagte der leitende Special Agent Matthew Gray, dass eine FBI-Beamtin, Julian Church, vom Dienst suspendiert worden sei und ihr eine Untersuchung wegen des Vorwurfs unangemessenen Verhaltens bevorstehe …«
Das Bild schaltete auf Grays Erklärung um. Michael runzelte die Stirn. Er hasste Gray. Seine Mom hatte einmal irgendetwas mit ihm laufen gehabt – irgendetwas, er wusste nicht genau, was. Nicht dass sie eine Beziehung gehabt hatten, aber irgendetwas war gewesen. Er hatte keine Ahnung, ob sie miteinander geschlafen hatten, und er dachte auch niemals an so etwas in Verbindung mit seiner Mutter. Er hatte aber mitgekriegt, dass sie eine Weile lang ziemlich überschwänglich von dem Kerl gesprochen hatte: ›Matt hat dies gesagt‹ und ›Matt hat das getan‹, als wäre sie heiß auf ihn. Dann war etwas passiert, was sie sowohl bei der Arbeit als auch zu Hause sehr nervös gemacht hatte, und sie hatte den Namen Matt nie wieder erwähnt. Und jetzt putzte dieser Typ sie im Fernsehen runter und Stillwater ebenso.
»Scheiße, Alter«, sagte Ray. »Das ist echt mies.«
»Halt die Klappe.«
»Oh, verteidigst du deine Mami?«
»Halt die Fresse, du Arschloch.«
»Mann, beruhig dich. Du
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