Gifthauch
dort!«
»Das weiß ich. Nur einen Augenblick. Denken Sie nach. Was wird geschehen, wenn man diesen Konzertsaal räumen lässt? Wenn plötzlich eine Stimme aus dem Lautsprecher kommt und sagt, es hätte eine Bombenwarnung gegeben oder das Konzert sei abgesagt, wird doch jeder sofort zum nächsten Ausgang rennen. Was wird die Schlange … ach was, nennen wir den Hund beim Namen – was wird Matsumoto tun?«
Jill riss die Augen auf. »O Gott! Er wird –«
»Er wird sofort zuschlagen und nichts anderes. Er weiß dann, dass sein Spiel aus ist, und er nimmt so viele mit, wie er kann. Aber wir wissen, wie er aussieht, und wir wissen, wo er ist.« Er schaute auf die Uhr. »Und wir haben keine ganze Stunde mehr Zeit, um dorthin zu kommen. Wie weit –«
Jill legte den Gang ein und gab Vollgas. »Es wird verdammt knapp.«
81
19.15 Uhr
Simona Toreanno saß zusammengesunken in der Verhörzelle der FBI-Außenstelle und starrte auf ihr Handy, das nun endgültig keine Ladung mehr besaß. Sie war isoliert und wusste nicht mehr, was sie von alldem halten sollte. Ihr Zorn war verraucht, und was sie nun empfand, war Verzweiflung.
Die Tür öffnete sich. Matt Gray stand vor ihr, den Kopf zur Seite geneigt, und sah sie an. Er sagte: »In der letzten halben Stunde habe ich ein paar interessante Anrufe erhalten, Simona. Einer war vom Director.« Er schüttelte den Kopf. »Mich derart zu übergehen …«
»Sie haben sie doch nicht mehr alle, Matt! Sie haben mich von Ihrem Laufburschen einsperren lassen!«
»Und dann bekam ich einen Anruf von meinem Schwiegervater.« Eindeutig war er wütender über das Telefonat mit Senator Walker als über den Anruf des FBI-Chefs.
»Und hören Sie auf ihn?«
Matts Augen funkelten. »Wissen Sie schon das Neueste, Simona? Jill Church und Derek Stillwater sind von einem Verbrechensschauplatz in Ferndale geflohen. Ein Haus ist explodiert. Mieter des Hauses war ein gewisser Kevin Matsumoto. Matsumoto wird vermisst. Matsumoto steht zufällig auf Ihrer Liste von Mitarbeitern dieser Denkfabrik an der Wayne State. Ich habe herumtelefoniert und mir Hintergrundinformationen über Matsumoto beschafft. Sie sehen, Simona, ich mache durchaus meine Arbeit. Ich gehe mit der nötigen Sorgfalt vor. Trotzdem gibt es ein paar Agenten, die auf eigene Faust handeln und meine Befehlskette unterminieren. Sie begreifen, was ich meine, oder?«
»Was haben Sie über Matsumoto herausgefunden?«
Er begegnete ihrem ärgerlichen Blick. »Was ich erfuhr, macht einem wirklich Angst. Ausgezeichneter Abschluss in Chemie an der Waseda-Universität in Tokio. Kam als Doktorand in Biochemie an die Wayne State University, brach die Promotion aber ab. Wird als Genie bezeichnet. Ich habe bei der Einwanderungsbehörde nachgefragt. Da wurde es interessant. Seine Mutter hieß Julie Hawkins. Aktenkundig ist sie sowohl bei der Einwanderungsbehörde als auch bei uns. Als Studentin hat Hawkins während der Achtzigerjahre einige Zeit in Japan verbracht, brach das Studium ab und verschwand. Ende der Achtzigerjahre tauchte sie als Mitglied der Aum-Sekte wieder auf. Ihre Eltern bekamen die Panik – meiner Meinung nach zu Recht – und beauftragten einen auf Sektenopfer spezialisierten Deprogrammierer. Dieser Typ und sein Team fliegen nach Japan, entführen sie und ihren Sohn und bringen sie in die USA zurück. Julie Hawkins kommt nicht damit zurecht und hat einen Nervenzusammenbruch, und ihre Eltern lassen sie einweisen. 2000 begeht sie Selbstmord. Der Junge wird von den Großeltern aufgezogen, und einigen Telefonaten zufolge, die ich gemacht habe, war es keine glückliche Familie. Der Junge hatte schon immer psychische Probleme, aber mit solchen Eltern ist das vielleicht ganz natürlich, denn sein Vater soll der Anführer der Sekte sein, Shoko Asahara. Auf jeden Fall ging er mit einem Stipendium nach Japan zur Universität. Zumindest glauben wir das. Es wäre möglich, dass eine Gruppe namens Aleph das Studium finanziert hat, und Aleph ist der neue Name der Aum-Sekte.«
Simona schluckte und versuchte, die neuen Informationen zu verdauen. »Was hat er gemacht, nachdem er die Wayne State verlassen hatte?«
Gray zuckte mit den Schultern. »Ich habe Leute darauf angesetzt. Jetzt hören Sie mir genau zu, Simona. Sie haben genau eine Chance, Ihre Karriere zu retten. Ganz gleich, was heute Abend passiert, ich werde Sie woandershin versetzen lassen. Ob Sie lediglich getadelt und verwarnt oder gefeuert werden, hängt ganz von Ihnen ab. Haben
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