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Gifthauch

Gifthauch

Titel: Gifthauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Terry
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arbeitet zu merkwürdigen Zeiten, kommt und geht in der Nacht.«
    »Wissen Sie vielleicht, wo er arbeitet?«
    »Im Palace.«
    »Of Auburn Hills?«, fragte Jill.
    »Ja. Vor einem Monat oder so hat er meiner Tochter Konzertkarten angeboten. Er sagte, er bekommt sie umsonst, weil er da arbeitet.« Er leckte sich die Lippen. »Sie hat abgelehnt. Er macht ihr Gänsehaut, sagt sie.«
    »Wissen Sie, was er im Palace macht?«, bohrte Jill weiter.
    Er schüttelte den Kopf. »Ach, da kommt die Feuerwehr.«
    Als Jill sich umdrehte, sah sie, wie Derek versuchte, den Notizblock zu fangen, der vom Wind durch den Vorgarten geweht wurde. Unter anderen Umständen hätte sie darüber gelacht. Sie lief hin, hob ihn auf und brachte ihn Derek. Mit leiser Stimme sagte sie: »Ich möchte wirklich nicht die nächsten paar Stunden damit verbringen, das hier zu erklären.«
    »Ich übe einen schlechten Einfluss auf Sie aus, Agent Church«, konstatierte er und nahm den Notizblock. »Aber ich bin ganz Ihrer Meinung. Verschwinden wir.«
    Die Feuerwehrleute hätten ihnen beinahe den Weg versperrt, als sie ihren Schlauch acht oder zehn Meter die Straße hinunter an einem Hydranten befestigten. Die Fahrbahn füllte sich rasch mit Rettungsfahrzeugen und Streifenwagen. Weiße, blaue und rote Blinklichter zerschnitten die Dunkelheit. Jill half Derek in den Wagen, ging zu dem hilfsbereiten Nachbarn und reichte ihm eine Visitenkarte mit den Worten: »Geben Sie das einem Polizisten. Sagen Sie ihm, er soll den Feuerwehrleuten ausrichten, dass niemand im Haus ist.«
    Er musterte die Karte. »FBI?«
    »Richtig.«
    »Was ist denn eigentlich los?«
    »Danke!«, war alles, was sie entgegnete, dann hastete sie zurück zum Auto.
    »He!«, rief er ihr nach. »Bleiben Sie nicht hier?«
    Sie ließ den Wagen an und tastete sich vorsichtig aus dem Viertel hinaus. Auf dem Beifahrersitz schaltete Derek die Kartenlampe an und besah sich den Notizblock.
    »Und?«, fragte Jill.
    »Er ist … leer.«
    Seine Stimme war so voller Enttäuschung, dass Jill beinahe befürchtete, er könnte in Tränen ausbrechen. »Wir werden schon etwas –«
    »Moment. Es sieht aus, als hätte er auf das Blatt über dem obersten geschrieben. Hm, ich vernichte hier jetzt gleich einen Beweis.«
    »Wir sind gerade vom Schauplatz eines Verbrechens geflohen. Was macht das jetzt noch?«
    Derek suchte sich einen Bleistift und rieb damit leicht über das oberste Blatt. »Ich habe das Gefühl, dass ein Spurensicherer irgendwo gerade einen Herzanfall bekommt«, sagte er.
    »Und, sieht man etwas?«
    Derek drehte den Block hin und her und machte schmale Augen. »Zahlen und Buchstaben. Als hätte er etwas ausgerechnet.«
    »Das ist alles?«
    Derek runzelte die Stirn. »›0,75 mg 70 = 52,5 mg‹, steht hier. Und dann: ›25 % Verteilung???‹«
    »Was soll das heißen?«
    Derek antwortete nicht. »Außerdem steht da: ›52,5 mg/70 kg 21.454 = 1.126.335 mg insgesamt.‹«
    »Jetzt verstehe ich gar nichts mehr.«
    »Siebzig Kilogramm«, sagte Derek. »Das ist ungefähr das menschliche Durchschnittsgewicht. Oh Scheiße.«
    »Was?«
    »Und null Komma sieben fünf Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht ist die tödliche Dosis von Sarin. Mit anderen Worten, zweiundfünfzig Komma fünf Milligramm für einen Menschen von siebzig Kilogramm Körpergewicht.«
    »Mehr braucht man nicht, um jemanden zu töten? Ein zwanzigstel Gramm?«
    »Teufelszeug. Und er multipliziert es mit 21.454. Er berechnet also die Menge Sarin, die man braucht, um 21.454 Menschen zu töten! Himmel! Und er spricht von einer Verteilungsrate von fünfundzwanzig Prozent. Er hat noch mehr Berechnungen angestellt und vervierfacht sein Ergebnis mit einem hübschen Zuschlag. Er rät: Wenn man ein Aerosol irgendwo einsprüht, wie viel landet auf dem Boden und so weiter? Aber einundzwanzigtausend Menschen?« Derek hielt das Blatt schräg dichter ans Licht, dann hob er es, damit das Licht durch die Rückseite schien. »Hier steht: ›Höchstmenge Luft: 0,0001 mg/m 3 ‹. Jawohl, er versucht definitiv auszurechnen, wie man über einundzwanzigtausend Men…«
    »Heute um acht?«, vergewisserte sich Jill.
    Derek nickte.
    Jill stieß einen leisen Ruf aus, halb Keuchen, halb unterdrückter Schrei. »Ach du lieber Gott.«

79
    18.55 Uhr
    Kevin Matsumoto, der sich die Schlange zu nennen pflegte, schob sich durch die Menschenmenge im Palace of Auburn Hills, einer riesigen, kreisrunden Arena mit industriellem Flair, weißen Betonmauern, freiliegenden Trägern

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