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Giftkuss

Giftkuss

Titel: Giftkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zara Kavka
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Bildschirm blinkte das Zeitlimit, in fünf Minuten war ihre Nutzungszeit zu Ende.
    »Mensch, ich muss nach Hause. Meine Eltern machen sich sicher total Sorgen.«
    In dem Moment fiel Cleo ein, dass ihr Handy den ganzen Tag nicht geklingelt hatte. Sie nahm es aus der Hosentasche und sah, dass es ausgeschaltet war. Das war wahrscheinlich passiert, als sie es nach dem Journalistenanruf in die Ecke geknallt hatte. Sie stellte es an und dann traf sie fast der Schlag. Dreizehn Mal hatte ihre Mutter angerufen, vier Mal ihr Vater, Miri neun Mal, Tobi vier Mal, Sarah fünf Mal….
    »Krass«, sagte sie kopfschüttelnd und stand auf.
    »Was ist denn?«, fragte Katharina.
    »Ich muss gehen. Meine Eltern und meine Freunde laufen Amok. Ich hatte über fünfzig Anrufe.«
    Katharina riss die Augen auf und wiederholte die Zahl: »Fünfzig?«
    »Ja. Na ja, ist ja auch klar. Ich muss jetzt auf jeden Fall telefonieren und dann nach Hause. Wann…«
    »So viele Anrufe hatte ich in meinem ganzen Leben nicht.«
    »Echt nicht?«
    »Ich hab gar kein Handy, nur Festnetz. Meine Mutter hasst Telefonieren und meine Arbeitgeber rufen selten an. Da gibt es einmal im Monat die Schichtbesprechung und das war’s«, sagte sie und zuckte mit den Schultern.
    In dem Moment bekräftigte Cleo ihren Beschluss. Niemand würde Anja je ersetzen können, das war klar, aber sie würde mit Katharina achtsamer umgehen als mit irgendeiner Freundin zuvor.

15. Kapitel
    Heute hätte sie fast gepfiffen, während sie den Nassschrubber durch die untere Etage des gerichtsmedizinischen Instituts schob, so fröhlich war sie. »Hast du einen Freund?«, hatte Cleo sie gefragt. Und wie sie über Wolff geredet hatten, über seine Nase. Wie richtige Freundinnen. Das wusste Katharina – richtige Freundinnen sprachen so miteinander, sie hatte es oft genug beobachtet. Und nun hatte sie auch so geredet!
    Tatsächlich summte sie jetzt eine Melodie, als sie den Nassschrubber zurück in die kleine Reinigungskammer stellte. Hoffentlich konnte sie heute noch in den Kühlraum. Sie wollte Anja unbedingt jedes Detail erzählen. Natürlich hätte das mit dem Sturz nicht passieren dürfen. Aber Katharina würde das Beste daraus machen. Sie würde Cleo eine gute Freundin werden und Anja rächen. Anja wäre mit Sicherheit mit dem neuen Plan zufrieden gewesen.
    Zurück im blank geputzten Seziersaal setzte sie sich wie gewohnt an den Schreibtisch und packte ihr Wurstbrot aus, das sie sich heute in einer Bäckerei gekauft hatte. Normalerweise nahm sie sich selbst geschmierte Leberwurstbrote mit, aber nach dem Internetcafé war sie nicht mehr nach Hause, sondern gleich ins Institut gefahren. Das Brot schmeckte köstlich. Schinken, Schnittkäse, zwei Scheiben Gurke und ein Blatt Salat. Vielleicht sollte sie sich in Zukunft auch etwas Frisches auf ihr Brot legen. Sie nahm die Zeitung und blätterte sie durch. Auf der Seite mit den Todesanzeigen wurde sie fündig.
    Henriette Mischeder
    Sie ist von uns gegangen,
möge sie in Frieden ruhen.
    Ihr Ehemann Sepp Mischeder
    Wenigstens schien sie keine Kinder gehabt zu haben, stellte Katharina erleichtert fest und schnitt die Anzeige für ihren Ordner aus.
    Durch das Souterrainfenster beobachtete sie dann, wie zwei Beamte einen älteren Kerl brachten. Den dicken Polizisten kannte sie schon, er ließ sich hier nicht oft blicken, hatte entweder keine ganze Stelle oder war nicht besonders erfolgreich im Verbrecherjagen, was bei dem Übergewicht logisch war. Er wurde von einer Polizistin begleitet. Sie war neu, zumindest hatte Katharina sie noch nie gesehen.
    Auf dem Hemd ihres Gefangenen klebte Blut. Sehr gut. Da musste allerhand untersucht werden, so wie der aussah. Katharina trat ans Fenster und beobachtete, mit welch festem Griff die Beamtin den Kerl die Treppe raufführte. Sie war schmal und klein und er hatte die Statur eines Bären und doch gab es für ihn kein Entkommen.
    Früher wäre Katharina gern Polizistin geworden. Sie wollte die ganze Welt von solchen Typen befreien, sie von ihnen reinigen. Mittlerweile hätte sie alles getan, um Gerichtsmedizinerin zu werden. Sobald ihr Plan vollendet war, würde sie loslegen. Heute schien ihr alles möglich.
    Als die drei nicht mehr zu sehen waren, steckte sie sich den Rest ihres Brotes in den Mund, packte ihre Sachen zusammen, wischte den Tisch sauber und betrat den Kühlraum. Eigentlich war sie davon ausgegangen, dass es ein unbeschwerter Besuch werden würde. Dem war aber nicht so, im Gegenteil. In ihrem

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