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Giftpilz

Giftpilz

Titel: Giftpilz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Alexander; Ummenhofer Rieckhoff
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überzeugend.«
    Dringender Themenwechsel, dachte Hummel, und blieb die direkte
Antwort schuldig. »Gibt es eigentlich Patienten, die einen größeren Groll gegen
die Tannenklinik hegen?«, fragte er stattdessen. »Aktuelle – oder … ehemalige?«
    »Guter Mann, Sie haben eine blühende Phantasie«, meinte Auberle.
    »Oder ehemalige Angestellte«, spann Hummel den Faden weiter.
    »Oder aktuelle Angestellte?«, schlug Auberle vor.
    Hummel nickte vorsichtig.
    »Um was geht es denn nun?«, fragte Auberle. »Erpressung?
Giftanschlag? Mord? Nehme ich alles auf meine Kappe.«
    Nichts gegen den schrägen Ärztehumor von Dr. Auberle, dachte
Hubertus. Aber brauchbare Hinweise hatte er bislang nicht geliefert. Und die
Behandlungszeit war schon fast zu Ende. Das Aquajogging wartete.
    »Ich hatte mir nur überlegt«, meinte Hummel, »dass vielleicht
irgendjemand den Ruf der Klinik ruinieren möchte.«
    »Das schafft die Klinik schon von sich aus«, vermutete Auberle,
wurde dann aber ernst. »Ich glaube nicht an einen Anschlag, doch unzufriedene
Patienten gibt’s genug. Ich habe erst vor zwei Wochen einen rausgeworfen – und
das will in einer psychosomatischen Klinik schon einiges heißen. Hat dann Gift
und Galle gespuckt. Er wollte uns alle verklagen – und die weiteren Drohungen
erspare ich Ihren zarten Öhrchen mal.«
    Das klang interessant. Allerdings wartete vor der Tür wohl schon der
Nächste, der gleich aufs Fahrrad steigen musste.
    »Sagen Sie mir den Namen dieses Patienten?«
    Hummel gewann den Eindruck, dass Auberle nicht einfach nur ein Freak
war. Mit seinen unorthodoxen Verhaltensweisen trachtete er wohl vor allem
danach, sich vom Stil eines Professor Krieg abzusetzen. Die beiden waren vom
Äußeren – schicker Schnauzbart gegen ungepflegten Zottelbart – wie vom Sprachstil
und vom Humor (vermutlich hatte Krieg gar keinen) reichlich unterschiedlich.
    »Schon mal was von ärztlicher Schweigepflicht gehört?«, konterte
Auberle grinsend und meinte dann: »Was wollen Sie mit dem Namen machen? Den
Mann erpressen?«
    Auch weiteres Geplänkel brachte nichts. Dr. Auberle blieb hart.

15. DER MAÎTRE
    Die Beamten, die am Vortag Thomsen gefolgt waren, hatten
am frühen Morgen schon gute Arbeit geleistet und die Essensliste vom Personal
organisiert, das natürlich spätestens nach Riesles Zeitungsartikel in helle
Aufregung versetzt war. Von den sechsundzwanzig Patienten mit gesundheitlichen
Problemen hatten fünfundzwanzig die Pilzcremesuppe gegessen. Der Fall Hummel
ließ sich möglicherweise durch eine ganz normale Magen-Darm-Erkrankung
erklären, wie sie öfter mal vorkam. Der anschließend verstorbene Dietrich
Reinstetter hatte jedenfalls laut Plan Pilze zu sich genommen. Und zwar nur
eine Portion.
    Das rechtfertigte in jedem Fall, die Küche genauer unter die Lupe zu
nehmen. Sie war von imposanter Größe, mit schwarzen und weißen Fliesen
ausgelegt und bot unter anderem drei großen Spülen sowie drei riesigen Backöfen
Platz. Knapp zehn Bedienstete wuselten durcheinander, denn gerade wurde das
Mittagessen zubereitet. Auf den ersten Blick schien Anarchie zu herrschen, doch
jeder wusste offenbar ganz genau, was er zu tun hatte. Die osteuropäischen
Frauen mit den Haarnetzen, die beiden Köche mit ihren großen Mützen – und der
Küchenchef, der sie antrieb und Kommandos bellte. Er hatte erkennbar schlechte
Laune.
    Pierre Altmann war recht jung, Elsässer und hielt sich ganz offenbar
für einen zweiten Bocuse. Dass ein Mann mit seinem Gestus und seinen
offensichtlichen Ambitionen in der Küche einer Kurklinik sein Talent verschwendete,
musste schwer an ihm nagen, dachte Thomsen.
    Im Gespräch mit Winterhalter und Thomsen zeigte sich Altmann
jedenfalls reichlich erbost über die aufkommenden Qualitätszweifel an seinem
Essen und über diesen »Schmierfinken vom Schwarzwälder Kurier«. Drohend schwang
er den Kochlöffel: »Wenn isch den erwisch!«
    Zur Auswahl standen laut heutigem Speiseplan Kabeljau mit Kartoffeln
sowie Piccata Milanese und eine Gemüsepfanne. Für die Diätfraktion entfiel
freilich die Piccata. Zu befürchten war ohnehin, dass nach Riesles Zeitungsbericht
die Anzahl der Esser drastisch zurückgehen würde.
    Thomsen klinkte sich nach drei Fragen aus, um die Vorratskammer mit
behandschuhten Fingern nach Indizien zu durchsuchen. Heiß war es in dieser
Küche. Und Schweiß fürchtete Thomsen fast genauso sehr wie Schmutz.
    Winterhalter fand derweil eine kommunikative Ebene mit Altmann,
indem sie

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