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Giftpilz

Giftpilz

Titel: Giftpilz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Alexander; Ummenhofer Rieckhoff
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Dr. Auberle, den er bereits bei der
Eingangsuntersuchung kennengelernt hatte.
    Der nahm die ganze Sache vergleichsweise locker. »Bin jetzt seit
achtzehn Jahren hier und seit siebenundzwanzig Jahren Arzt«, meinte er. »Da
bleiben Ihnen nur zwei Möglichkeiten: Abstumpfen oder Burnout.« Ohnehin wundere
es ihn, dass »der Fraß« – er zeigte durch den Fußboden nach unten, wo sich
ungefähr die Küche befinden musste – »nicht schon früher jemanden das Leben
gekostet hat«.
    Hummel staunte. Meinte der das ernst?
    Natürlich nicht. »Bin ein kleiner Scherzkeks«, sagte Auberle und
lachte kehlig. »Geht nicht anders.« Einen Mord halte er im Übrigen für
unwahrscheinlich, eine unabsichtliche Vergiftung für durchaus möglich. »Na ja –
die Polizei wird schon noch die Küche auf den Kopf stellen. Schadet eh nichts.«
    »Wissen Sie, wo die Pilze herkamen?«, fragte Hummel.
    »Keine Ahnung, ich glaube, es gibt da irgendeinen Zulieferer.« Dann
grinste er: »Vielleicht sollten wir die Pilze fortan lieber selbst sammeln.
Wäre auch ’ne gute Abnehmmethode für Patienten wie Sie.«
    Allzu sensibel durfte man bei Auberle wirklich nicht sein.
    Der machte nun eine wegwerfende Handbewegung. »Ich esse schon seit
Jahren nicht mehr hier. Es gibt im Ort ’nen guten Kebabstand.« Er lachte wieder
rauchig. »Für Sie natürlich bis auf Weiteres nicht. Aber wenn Sie die neunzig
Kilo geknackt haben, spendiere ich Ihnen einen Döner.«
    Hummel verlangsamte seine EKG-Fahrt, schließlich wollte er nicht
schon wieder einen Schwächeanfall erleiden. Fünfundzwanzig Kilo abnehmen? Das
war ein harter, sehr langer Diätweg. Auberle machte auf ihn nicht den Eindruck,
als könne er sich vorstellen, jemals für Hummels Kebab in die Tasche greifen zu
müssen.
    Vielleicht konnte er sich aber nun wegen dieser Erpressungsgeschichte
an den Arzt heranpirschen. »Sagen Sie …« Er zögerte und trat erst noch ein
bisschen weiter. »Es gibt doch hier auch Leute, die gelegentlich einen … Kurschatten
haben.«
    Mist – das ging jetzt in eine völlig falsche Richtung. Er sah
Auberle nicht, weil er roten Kopfes über den Lenker gebeugt weiterfuhr, aber er
konnte dessen Vergnügen an der Stimme hören.
    »Tut mir Leid, Herr Hummel – da müssen Sie sich schon
selbst eine suchen. Ich kann Ihnen da nichts vermitteln.« Auberle lachte rau.
»Es sei denn, Sie bringen mir ein Rezept dafür.«
    Ha, ha.
    Hummel druckste herum. »Nein, es geht nicht um mich. Aber … das
kommt doch schon mal vor, oder?«
    Ganz sicher, meinte Auberle. Für manche sei das der eigentliche Kern
des Aufenthaltes hier. »Sie können übrigens aufhören. Noch einen Toten können
wir jetzt nicht gebrauchen.«
    Hubertus stieg dann erschöpft vom Rad. »Ist Ihnen in diesem
Zusammenhang schon mal etwas von einer Erpressung bekannt geworden?«
    »Erpressung?« Auberle nahm das EKG genauer unter die Lupe. »Passt so
weit. Na ja, wir mussten ein bisschen früh abbrechen. Aber wir werden Sie schon
noch fit kriegen.« Dann schaute er Hummel an. »Sie meinen, jemand wird erpresst,
weil er einen Kurschatten hat?«
    Hubertus nickte zögerlich. Hoffentlich erzählte dieser Auberle das
nicht überall herum. Oder hätte das vielleicht Vorteile? Würde der Erpresser
dann verunsichert? Und wie würde der dann reagieren? Ach, notfalls sollte er
Elke ruhig das Foto mit Carolin zeigen, aber man konnte ja nicht wissen, wozu
der Typ darüber hinaus noch fähig war, wenn er schon bei der Wahl des
Erpressungsopfers und bei der Einschätzung des Erpressungspotenzials so
danebenlag. Vielleicht waren solche Typen ja auch zum Vergiften von Speisen in
der Lage …
    »Erpressung? Nein!«, beantwortete Auberle die Frage. »Wie kommen Sie
denn darauf?«
    »Nur so«, sagte Hummel lahm. Im Erfinden von Ausreden war er als
Mann ohnehin nicht so versiert wie Frauen. Elke hatte ihm immer schon auf zehn
Meter Entfernung angesehen, wenn irgendetwas nicht stimmte – selbst wenn sie
parallel dazu meditierte.
    Dass er ein schlechtes Gewissen hatte, wenn er wieder mal vergessen
hatte, ihr neue Räucherstäbchen zu besorgen. Oder wenn er ihr glaubhaft
versichert hatte, er halte sich nach wie vor daran, in den Fünf-Minuten-Pausen
keine Schokoriegel zu sich zu nehmen. Selbst als sich das mit Carolin angebahnt
hatte, hatte Elke noch vor ihm selbst über seine Gefühle Bescheid gewusst.
    Und seine Tochter Martina ließ sich von ihm ebenso wenig vormachen
wie Carolin.
    »Nur so?«, echote der Arzt. »Klingt nicht

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