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Giftpilz

Giftpilz

Titel: Giftpilz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Alexander; Ummenhofer Rieckhoff
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hatte seinen Artikel und den Kommentar vorhin
mehrfach durchgelesen und bei jedem Mal als noch besser eingestuft.
    Gut, Hubertus hatte ihm am Telefon vorgeworfen, er könne sich jetzt
wegen seines »unmöglichen Paniktextes« fast nicht mehr aus dem Zimmer trauen.
Aber der alte Freund beruhigte sich – wie immer – recht schnell, als Riesle ihm
grinsend erklärt hatte, doch immerhin auf die Erpressungsgeschichte verzichtet
zu haben.
    Morgen würde er wieder in der Klinik vorbeischauen, nahm sich Riesle
vor. Am heutigen Tag wäre man über sein Auftauchen dort wohl zu erbost gewesen.
    Er hatte für die nächste Ausgabe einen schönen Hintergrundartikel
über Pilzvergiftungen angekündigt. Dank Google war er schon um einiges
weitergekommen. Hummels Hinweis, dass Frau Winterhalter – die Gattin des
Kommissars – eine ausgesprochene Pilzexpertin sei, hatte ihn auf eine gute Idee
gebracht: Unter dem Vorwand, eine Geschichte über sie machen zu wollen, hatte
er sie angerufen und für achtzehn Uhr einen Termin vereinbart. Das würde die
Pilzstory abrunden. Natürlich war Frau Winterhalter nicht die einzige Pilzexpertin,
aber durch sie würde er womöglich herausfinden, was es bei der Polizei in
diesem Fall Neues gab. Vielleicht hatten Thomsen und Winterhalter ja sogar
schon ein Obduktionsergebnis. Hummel sollte derweil in der Klinik die Ohren
offen halten, was dieser widerstrebend zugesagt hatte. Hubertus machte sich
viel zu viele Sorgen um diese dämliche Erpressungsgeschichte.
    Der Kontakt zu Frau Winterhalter entband Riesle aber keineswegs
von der Aufgabe, Thomsen im Auge zu behalten. Er würde seine elektronische
Kompetenz bemühen müssen, denn er konnte ja nicht jeden Abend mit ein paar
Alibiflaschen am Glascontainer stehen und warten, dass der Nachbar endlich zu
seinem Wagen ging.
    Einen Peilsender am Auto des Hauptkommissars würde er baldmöglichst
anbringen. Was wäre allerdings, wenn Thomsen von seinen Kollegen zu einem
Einsatz abgeholt würde?
    Er brauchte eigentlich eine Art Alarmsystem, das es ihm ermöglichte,
zu kontrollieren, wann Thomsen das Haus verließ. Eine Lichtschranke oder einen
Bewegungsmelder im Hausflur? Das würde die Gartmann ziemlich sicher mitbekommen,
und außerdem würden die Systeme auch bei den anderen Nachbarn Alarm auslösen.
    Riesle beschloss, etwas in Thomsens Wohnungsflur einzubauen –
ungefähr dort, wo zwei Nächte zuvor der Rotwein einen riesigen Fleck hinterlassen
hatte. Der Journalist grinste. Die Vorstellung, in die Nachbarwohnung
einzudringen, bereitete ihm fast schon diabolisches Vergnügen. Obwohl es sicher
viel Ärger geben würde, wenn Thomsen Wind von seiner Aktion bekäme, würde er
das Risiko eingehen und erst mal eine Besichtigung zwecks späterer Überwachungsinstallation
vornehmen. Thomsens Auto hatte er draußen nicht gesehen, also war dieser
bestimmt noch im Büro oder in der Tannenklinik.
    Er öffnete seine eigene Wohnungstür einen Spaltbreit und spähte nach
draußen. Er hatte Glück: Gerade ging Herr Gartmann in eines der oberen
Stockwerke. Der Alte hatte die ganze Zeit über irgendwo was zu werkeln. Und
solange er im Hause unterwegs war, hatte er die Wohnungstür stets nur
angelehnt. Riesle schlich in die Hausmeisterwohnung. Er wusste, dass am
Schlüsselbrett im Flur der Generalschlüssel hing. Allerdings galt es,
vorsichtig zu sein: Er hörte die Gartmann in der Küche mit den Tellern klirren.
    Auf leisen Sohlen setzte Riesle seinen Plan unbemerkt in die Tat um.
    Die journalistische Beschäftigung mit Kriminalität führte irgendwann
fast zwangsläufig dazu, dass man sich das ein oder andere aneignete – von der
Fingerfertigkeit ebenso wie vom moralischen Relativismus her. Er schnappte sich
also ohne übermäßig schlechtes Gewissen den Generalschlüssel und öffnete damit
die Thomsen-Wohnung. Dann nahm er ein Taschentuch zur Hand, damit er an den
Griffen keine Fingerabdrücke hinterließ. Die Tür schob er äußerst behutsam zu,
damit auch nicht das geringste Geräusch ins Treppenhaus drang.
    Vorsichtig schlich er durch die Wohnung und hielt Ausschau, ob nicht
irgendwo doch ein putzender Thomsen lauerte. Möglicherweise übertrug sich die
Paranoia des Mieters schon auf ihn.
    Aber alles war menschenleer und porentief rein. Es lag ein
unangenehmer, fast scharfer Geruch von Desinfektionsmitteln in der Luft.
    Riesle zog seinen Meterstab heraus und machte sich daran abzumessen,
wo die Installation eines Bewegungsmelders oder einer Lichtschranke

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