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Giftpilz

Giftpilz

Titel: Giftpilz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Alexander; Ummenhofer Rieckhoff
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fällig
geworden.
    Da waren sie nach langem Hin und Her getrennt. Er hatte sich nach
bitteren Monaten und unter Gewissensbissen eine neue Beziehung aufgebaut, sie
so getan, als fände sie das alles gut und richtig und als ginge es nur darum,
als »aufgeklärte Wesen« einander freundschaftlich verbunden zu bleiben.
    Und nun? Sie schleppte ihn in ein Romantik-Hotel, folterte ihn mit
den Ergüssen eines Geigers und hatte demnach, kaum dass er anderweitig vergeben
war, ihre Meinung wieder einmal komplett geändert. Frauen seien
»hormongeschüttelte Monster«, hatte ihm Riesle vor einigen Monaten volltrunken
zugelallt. Nicht alles, was sein Freund so im Suff von sich gab, war falsch.
    Hummel mochte Elke, er respektierte sie – trotz ihrer Macken. Und
das störte ihn jetzt fast am meisten: Er hatte den Eindruck, dass sie sich hier
erniedrigte. Das war nicht die aufrichtige, mit sich selbst und ihrer Existenz
ringende Elke, die ihren Weg unbeirrt weiterschritt, um ihr Karma oder was auch
immer zu verbessern.
    Die Suppe kam. Ging der Geiger? Keineswegs. Der war hart im Nehmen,
da konnte Hummel noch so desinteressiert schauen. Und Elke? Hubertus vermochte
ihren Blick nicht recht zu deuten. Auch sie schien zumindest etwas unangenehm
berührt. Immerhin.
    Klar: Sie hatte zu dick aufgetragen.
    Hummel blickte auf seinen Teller: Champignoncreme, na, großartig. Er
überlegte sich, ob er die Pilzsuppe zurückgehen lassen sollte. Nach seinen
Erfahrungen in der Klinik war er eigentlich noch nicht bereit dafür – mal abgesehen
davon, dass das Fast Food vom Mittag und die unangenehme Situation den Hunger
nicht gerade beförderten.
    Hubertus kostete ganz vorsichtig zwei, drei Löffel, Elke tat es ihm
gleich. Er ärgerte sich, dass es ihm schmeckte.
    Sie öffnete den Mund, um etwas zu sagen, lächelte aber um
Verständnis, als es ihr wegen der Lautstärke der Musik nicht gelang.
    Hummel dankte Gott, als der Geiger nach drei Stücken endlich
verschwand. Elke klatschte pro forma Beifall – ihr Mann ersparte es sich.
    »Hubertus«, setzte Elke schließlich zu einer Erklärung an, während
Hummel noch Ohrensausen von der Intensität der Geige hatte.
    Die Wut über den klebrigen Geiger war mittlerweile dem Mitleid
gegenüber seiner Frau gewichen. Er atmete tief durch. Wie sollte er ihr nur
sagen, dass er das ja sehr schätzte, aber …
    Er trank den mittlerweile servierten Rotwein, der »in vortrefflicher
Weise zu Ihrer Hauptmahlzeit, dem Bœuf Bourguignon« passte, wie ein weiterer
Kellner geflötet hatte.
    Bœuf? Hatte Elke ihm zuliebe nun sogar von ihrem Vegetarierdasein
Abstand genommen? Sie konnte nur wieder einmal in einer veritablen Lebenskrise
stecken.
    Er prostete ihr zu, worauf sie sich wieder anschickte, das Wort zu
ergreifen.
    Sie kam jedoch erneut nicht dazu. In diesem Moment ertönte nämlich
ein gurgelndes Geräusch aus dem Gang, nur zwei Meter von ihrer Höhle entfernt.
    Dort stand die Kellnerin mit Carolin – und die war von dem Anblick
ihres Lebensgefährten, der in einer kuscheligen Nische eines
Romantik-Restaurants bei Kerzenschein seiner Exfrau mit einem Rotwein
zuprostete, alles andere als erbaut.
    Er meinte zu hören, dass Carolin ihn ein Schwein und Elke eine
Schlampe nannte. Dann rannte sie nach draußen.
    Es war schade um das bereits vorbereitete Bœuf Bourguignon und auch
um den Rest der Pilzsuppe sowie den Wein, aber Hubertus hielt nichts mehr. Er
versuchte sich umständlich aus der Nische zwischen Tisch und Bank zu befreien
und verlor dabei wertvolle Zeit.
    »Hubertus«, begann Elke wieder, aber Hummel winkte barsch ab. »Du
solltest dich schämen«, raunzte er sie an.
    Den Weg zurück zum Eingang schaffte er dreimal so schnell wie beim
Hereinkommen, aber doch nicht schnell genug. Carolin war bereits weggefahren,
und auf dem Handy meldete sie sich zum dritten Mal an diesem Tag nicht.
    Diesmal drückte sie Hummels Anruf absichtlich weg.
    Hubertus nahm die Verfolgung auf – doch vergebens. Ihm fehlte die
skrupellose Rennfahrerattitüde seines Freundes Riesle. Für die Dämmerung im
romantischen und doch eigentlich so erholsamen Schwarzwald hatte er nun keine
Sensoren mehr. Er fuhr – von einer tiefen Unruhe ergriffen – direkt zu Carolins
Wohnung nach St. Georgen, doch sein Klingeln wurde nicht erhört. Wollte sie
nicht öffnen – oder war sie gar nicht nach Hause gefahren? Und wo war ihr Auto?
    »Lassen Sie den Wein ruhig stehen«, befahl Klaus Riesle
der Kellnerin, als auch Elke den Goldenen Löwen

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