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Giftpilz

Giftpilz

Titel: Giftpilz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Alexander; Ummenhofer Rieckhoff
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Patienten stärker
voneinander abweichen müssen. Haben sie aber nicht. Die hatten alle ähnliche
Werte.«
    »Vielleicht hät de Reinschtetter no auswärts irgendwo Giftpilz
g’esse? In em Restaurant zum Beispiel?« Aber Winterhalter klang selbst nicht
ganz überzeugt von der Idee.
    »Sehr unwahrscheinlich. Dann wäre er ja zweimal vergiftet worden.
Das halte ich für nahezu ausgeschlossen«, sagte Thomsen.
    »Oder de Reinschtetter isch gezielt um’brocht worde’«, ging
Winterhalter einen Schritt weiter.
    »Aber das wäre doch auch widersinnig. Reinstetter war schwerstkrank.
Praktisch schon dem Tode geweiht. Wer sollte denn einen Patienten umbringen
wollen, der nur noch wenige Wochen, allenfalls Monate zu leben hat? Zumindest
war das die Auskunft der Tannenklinik. Sechs Monate maximal, hieß es.«
    »Vielleicht sollte mer mol die Angabe überprüfe. Vielleicht stimmt
des jo gar nit und war nur e Täuschungsmanöver?«
    »Oder Reinstetter hat versucht, Selbstmord zu begehen.
Möglicherweise hat ihm jemand mit dem Gift des Knollenblätterpilzes Sterbehilfe
geleistet! Vielleicht hatte er Angst vor der Qual des ihm bevorstehenden
Todes«, räsonierte Thomsen und blickte wieder auf den Fluss. »Ich habe mich
eingelesen: Bei einem Lungenemphysem kann das sehr qualvoll werden, bis man
schließlich gar keinen Sauerstoff mehr bekommt.« Er schaute nochmals in den
Obduktionsbericht, blätterte mit spitzen Fingern um. »Allerdings war das mit
den Pilzen ja nun auch keine sehr angenehme Todesart. Das geht offenbar mit
schlimmen Krämpfen einher.«
    »Außerdem: Welchen Sinn hätt’s dann gehabt, andere Patiente au no zu
vergifte? Um d’ Sterbehilfe zu vertusche? E bissle viel Aufwand.«
    »Richtig. Das alles bedeutet, wir stehen wieder ganz am Anfang der
Ermittlungen. Wir sollten noch mal das Personal der Tannenklinik befragen«,
sagte Thomsen. Und der Tonfall verriet, dass dies kein Vorschlag, sondern ein
Befehl war.
    Sie brachen sofort auf.

27. DOPPELVERNEHMUNG
    Winterhalter bekam bei den Befragungen wieder Dr. Hilbert
zugeteilt. Ein Grund mehr, erneut eine Überrumpelungstaktik anzuwenden. Er
teilte Hilbert mit, dass Reinstetter im Verhältnis zu den anderen Patienten das
Vielfache an Gift im Körper gehabt habe. Für Hilbert war das neu, denn der Obduktionsbericht
ging nicht der Klinik zu.
    »Wir vermuten, dass er gezielt umgebracht worden ischt«, bemühte
sich Winterhalter um ein passables Hochdeutsch, das zu dem vorwurfsvollen Ton
in seiner Stimme einfach besser passte. »Um’s noch mol klar zu sagen: Hier
handelt sich’s wohl nicht mehr um en Giftanschlag gege die Klinik, sondern
vermutlich um Mord.«
    Das wussten die Ermittler zwar selbst noch nicht so genau. Aber
vielleicht bekam man so mehr aus Hilbert heraus.
    »Der Reinschtetter war doch au wirklich todkrank, oder?«
    Hilbert nickte.
    »Wie lang?«
    Hilbert schaute ihn ratlos an.
    »Wie lang hätt er noch zu lebe g’habt?«, insistierte Winterhalter.
    »Ohne dem Herrn Prof…«
    »Jo, jo – ohne Ihrem Herrnprofessor vorzugreife … Wie lang?«
    »Drei … maximal sechs Monate.«
    »Heilung ausg’schlosse?«
    Hilbert nickte vorsichtig. »Es ging hier primär darum, Herrn
Reinstetter zu stabilisieren.«
    Winterhalter überlegte. »Und wer wär so blöd und bringt en Todkranke
um?«, fragte er mit großem Nachdruck.
    Hilbert zuckte mit den Schultern.
    »Sie habet doch die Leicheschau a’ dem Mann vorg’nomme?«,
vergewisserte sich Winterhalter und war bereits wieder voll im Dialekt. »Isch
Ihne do nix B’sonderes aufg’falle?«
    Hilbert schluckte. »Nein. Ich meine, ich glaube jedenfalls nicht. Zu
dem Zeitpunkt, als wir ihn tot gefunden haben, war ja noch nicht einmal klar,
dass es sich um eine Pilzvergiftung handelte. Und wie hätte ich die an der
Leiche erkennen sollen?«
    »Aber Ihne müsst doch vorher mol was aufg’falle sei? Wenn Patiente
so e heftige Knolleblätterpilzvergiftung habe, do hän die doch schlimme Krämpf
und blutige Durchfall?«
    Winterhalter hatte sich bei seiner Frau noch mal schlau gemacht. Es
war allerdings kein schönes Frühstücksthema gewesen. Wobei der Beamte
abgehärtet war: Geburten und Fehlgeburten, Blut und Kot, Leben und Sterben bekam
er täglich auf seinem Bauernhof mit – oft schon gleich nach dem Aufstehen.
Nicht alle Tiere waren so zurückhaltend wie das Kälbchen Claas.
    »Das war ja das Merkwürdige. Die anderen Patienten, die
Magen-Darm-Probleme hatten, haben sich beim Personal gemeldet. Herr

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