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Giftpilz

Giftpilz

Titel: Giftpilz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Alexander; Ummenhofer Rieckhoff
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Rollenverhältnisse
so durcheinanderbrachte. Dienst war Dienst, Schnaps Schnaps. Er wäre ja auch
nicht auf die Idee gekommen, nach Büroschluss mit Thomsen gemütlich einen
trinken zu gehen und über Privates zu plaudern. Bei der Vorstellung musste er
etwas grinsen.
    »Was i mir überlegt han«, sagte Frau Winterhalter, während sie mit
dem Abräumen begann, »dein Kollege Thomsen isch doch allei…«
    »Logisch«, bestätigte Winterhalter, der sich seinen Chef beim besten
Willen nicht mit einer Frau zusammen vorstellen konnte. Dass der tatsächlich
einmal verheiratet gewesen war, wie ihm ein Kollege erzählt hatte … Das musste
ein grauenvoller Irrtum gewesen sein – vor allem von Seiten der Frau.
    »Des isch doch eigentlich en ganz nette Mann …«, meinte seine Frau
nun vom Kühlschrank her, in dem sie gerade die ebenfalls selbstgemachte Butter
deponierte.
    Winterhalter wurde plötzlich misstrauisch. »Auf wa will’sch du denn
bittschön raus?« Er blickte wieder auf die große Uhr. Zehn vor sechs, wie jeden
Abend, wenn sie das »Veschper« beendet hatten.
    »I hab nu denkt: D’ Gretel … Dere Mann isch doch jetzt au scho drei
Johr tot. Vielleicht könntet mir de Thomsen emol am Sonntag zum Kaffee eilade –
und d’Gretel au…«
    Bei aller Wertschätzung für die handfeste Art seiner Frau, aber das
ging doch ein paar Kilometer zu weit. Genau genommen war das sogar der dümmste
Vorschlag, seit seine Frau in plötzlich aufkommendem – und glücklicherweise
genauso schnell wieder abebbendem – Bildungshunger in der Volkshochschule
Furtwangen einen Italienischkurs hatte belegen wollen, damit man im Urlaub auf
dem Stammzeltplatz an der Adria wenigstens ein paar Sätze mit den Betreibern kommunizieren
könne. Weil die doch immer so nett seien.
    »De Thomsen und d’ Gretel? Häsch du jetzt vielleicht au en Giftpilz
g’esse?«, empörte sich Winterhalter und griff nach dem Flaschenöffner für sein
Feierabendbier. Eigentlich übertraf das sogar den Vorschlag mit dem Italienischkurs.
Mal ganz davon abgesehen, dass er gerade endgültig beschlossen hatte, Privates
und Dienstliches nicht zu mischen.
    »Außerdem hät de Thomsen schlicht und eifach einen a de Erbse.« Er
unterstrich dies mit der Scheibenwischerbewegung. »Der hät beispielsweise en
völlige Sauberkeitsfimmel!« Seine Meinung über die Gretel, die in der Nachbarschaft
wohnte und eine mittlere Schreckschraube war, behielt er lieber für sich.
    Frau Winterhalter, die in der Zwischenzeit schon irgendetwas in der
Diele zu kruschteln gehabt hatte, kam wieder zurück in die Küche und baute sich
vor dem Herrgottswinkel auf, wo ihr Mann immer noch saß: »Des möge die Fraue
aber vielleicht!«
    Und dann hatte sie noch einen ganz besonderen Giftpfeil für den
Gatten: »I hätt au nix dagege, wenn du e paar mol öfter bade tätsch!«

30. ÜBERRASCHUNG!
    Die fehlende Körperpflege war bei Hummel keineswegs das
Problem. Auch jetzt war er wieder frisch geduscht auf den Straßen des
Schwarzwald-Baar-Kreises unterwegs. Aber er machte sich Sorgen. Das letzte
Lebenszeichen, das er von Carolin empfangen hatte, waren ihr fassungsloses
Gesicht sowie ihre Beschimpfungen am Vorabend in diesem Romantik-Restaurant
gewesen. Heute lautete seine Bilanz: fünf Telefonversuche, null Treffer.
    Der Zauber des abendlichen Schwarzwaldes ergriff ihn nicht ganz so
sehr wie am Vortag, die gedankliche Beschäftigung mit Carolin verhinderte dies.
Dennoch nahm Hummel die Landschaft wahr: die rötliche Farbe des Himmels, die
Bäume und Sträucher, deren Färbung in Grün, Orange und Braun changierte. Er
wusste, was ihm zum puren Genuss außer seinen Sorgen noch im Wege stand. Der
Geruch fehlte! Es reichte nicht, wenn man dem Schwarzwald im Vorüberfahren
Blicke widmete, man musste die Natur riechen, vielleicht gar ertasten, spüren.
    Ansonsten blieb man stets ein Betrachter statt ein Teil des Ganzen.
    Die Lösung lag auf der Hand und war auch für seine Figurprobleme
optimal: Er würde sich ein Fahrrad anschaffen. Zwar besaß er noch eines, das
ganz hinten in der Garage hoffnungslos vor sich hin welkte – aber das war noch
aus der Dreigangzeit. Ein neues, schickes würde es schon sein müssen. Eines,
das ihn dazu verleitete, quasi alle privaten wie beruflichen Fahrten damit zu
unternehmen. Und eines für Caro.
    Ein wenig konterkarierte der Rupertsberg gerade sein schwärmerisches
Vorhaben: Dessen Steigung war schon mit dem Auto eine Herausforderung. Hummel
musste sogar die Karotte aus

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