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Giftpilz

Giftpilz

Titel: Giftpilz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Alexander; Ummenhofer Rieckhoff
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pünktlich. Hummels Frage nach dem ausgebliebenen
Artikel führte zu einer spontanen Beschleunigung des Kadetts. Falsches Thema,
ganz offensichtlich.
    »Schreibverbot!«, erklärte Klaus einige Kurven später, nachdem er
wild hin und her geschaltet und mehrere Kurgäste von den Zebrastreifen gejagt
hatte. »Dieser Professor Walger von der Fernblickklinik hat sich beim Chefredakteur
über uns beschwert!«
    »Über uns?«, echote Hummel.
    Riesle nickte und beschleunigte Richtung Villingen.
    »Muss man sich mal vorstellen«, sagte er dann. »Ist das ein Eingriff
in die Pressefreiheit oder nicht?«
    »Schon«, beschwichtigte Hummel und sah die Silhouette Villingens mit
den Münstertürmen an sich vorbeiflitzen. Auf ihn selbst traf das freilich
weniger zu, denn streng genommen war er ja gar kein Journalist. Deshalb musste
er auch weniger empört als vielmehr besorgt darüber sein, es könne sich herumsprechen,
dass er sich als Fotograf bei einer Zeitung verdingte, während er krankgeschrieben
und eigentlich zur Reha in einer Klinik war.
    »Wo fahren wir denn hin?«
    »Ich lasse mir doch nicht selbst recherchierte Geschichten
wegnehmen«, meinte Riesle und schlug wütend auf das Lenkrad. Zum Glück waren
sie in diesem Moment auf einer geraden Strecke der B33.
    »Klaus, wo fahren wir denn hin?«, insistierte Hummel.
    »Erst mal was essen.«
    »Ich habe schon gegessen«, wehrte Hummel ab. »Außerdem …« Er zeigte
dem Freund zwei Karotten, die er aus der Hose geholt hatte.
    Riesle grinste. Er bog mit quietschenden Reifen in einen
Fast-Food-Drive-in ab und wettete schon in der Autoschlange gedanklich, dass
Hubertus nicht würde widerstehen können.
    An der Ausgabestelle überreichte er Hummel eines der beiden Menüs,
legte seine eigene Cola in der Becherkonsole ab und begann den ersten
Fettmacher aus dem Papier zu pulen. Er lenkte den Kadett nun mehr oder weniger
mit den Oberschenkeln.
    Hubertus biss mit erloschenem Gesichtsausdruck in seinen Burger und
erzählte Klaus vom gestrigen Abend und dem Romantik-Restaurant.
    »Seltsame Sache«, mampfte Riesle. »Aber jetzt haben wir einen ganz
anderen Termin.«
    »Bei wem?«
    »Einfache Internetrecherche«, sagte der Journalist, mit dem ein
präzises Gespräch heute nur schwer möglich schien.
    Immerhin erfuhr Hummel, dass es nach Bad Dürrheim ging. Riesle hatte
nämlich alles, was im Internet über die Chefärzte der beiden Kliniken verfügbar
war, gesammelt und ein »Bewegungsbild«, wie er es hochtrabend nannte,
angefertigt.
    Inhalt des imaginären Bildes: Walger und Krieg hatten beide in
Freiburg studiert. Möglicherweise stammte auch das Foto, das Hummels scharfes
Auge an der Wand der Höchenschwander Klinik entdeckt hatte, vom gemeinsamen Studienabschluss.
    Außerdem waren beide Oberärzte an der Soleklinik in Bad Dürrheim
gewesen. Und nun, so Riesle, während er sich großzügig Pommes aus der Box in
den Mund stopfte, profitierten sie einmal mehr von seinen Kontakten. An der
Soleklinik kannte er nämlich einen Pfleger – und mit diesem waren sie nun verabredet.
    Vor allem hatten sie erst einmal eine Verabredung mit einem der
dortigen Waschbecken. Beide hatten sich während der Fahrt nicht unerheblich mit
Currysauce, Ketchup und weiteren Schweinereien bekleckert, sodass dem Treffen
mit dem Pfleger eine ausgiebige Säuberung auf dem WC vorausging.
    »Klaus«, sagte Hubertus dann. »Ich möchte nachher mit dir aber
unbedingt noch über etwas anderes sprechen. Elke und Carolin. Ich brauche
jemanden, der mir einen Rat gibt, wie ich weiter vorgehen soll.«
    Während er in sein gealtertes und keineswegs dünner gewordenes
Spiegelbild auf dem WC der Bad Dürrheimer Soleklinik schaute, hatte er den
Eindruck, dass es wohl doch ein ziemlicher Fehler sei, Klaus in privaten Dingen
um Rat zu fragen. Der war zwar unbestritten sein ältester Freund, aber unstet
und mochte Carolin nicht besonders, war also parteiisch.
    »Komm jetzt«, sagte Riesle und führte ihn in die Cafeteria der
Kurklinik, wo bereits der Pfleger auf sie wartete, der sich Hubertus als Tobi
vorstellte. Er war schon von Riesle instruiert worden und hatte einen älteren
Exkollegen mitgebracht: Gerhard, der nun »vom Krieg erzählte«, wie er sich
ausdrückte. Gerhard war Betriebsrat und ein idealer Informant.
    Das Ende der Zusammenarbeit zwischen den damaligen Doktoren Krieg
und Walger sei alles andere als harmonisch gewesen, wusste er zu berichten und
warf einen flüchtigen Blick durch die Fensterfront auf den

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