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Giftspur

Giftspur

Titel: Giftspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Holbe
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ankarrten.
    Vera nickte. »Nicht direkt von da, aber ja. Auch wir beziehen Produkte aus Spanien. Der Begriff
Bio
zieht auch dort allmählich ein. Wir haben Verträge mit Produzenten, die einen nachhaltigen Anbau garantieren. Unter Plastik zwar, aber eben anders. Die Arbeiter dort werden auch besser behandelt.«
    »Hm, gut. Aber das sind ja nicht die Unregelmäßigkeiten, von denen wir sprachen.«
    »Nein, leider«, presste Vera hervor. »Um die Gewinnspanne zu maximieren, wurden vier Hauptgemüsesorten Standardprodukte beigemischt.«
    »Dasselbe in Grün wie bei der Milch«, schloss Sabine.
    »Davon wissen Sie auch?«
    Die Kommissare nickten.
    »Wir möchten von Ihnen wissen, wer dahintersteckte«, sagte Ralph.
    »Und ob sich hieraus Mordmotive ableiten lassen«, setzte Sabine nach.
    »Malte Kötting und ich hatten am Wochenende einen lautstarken Streit«, seufzte Vera Finke nach einigen Sekunden Bedenkzeit. »Er hatte von allem Wind bekommen, ist selbst aber völlig unschuldig.«
    »Und Claudia? Und ihr Vater?«
    »So gerne ich Claudia der Mittäterschaft bezichtigen würde, ich kann’s nicht. Aber Ulf«, Veras Stimme verwandelte sich zu einem kaum mehr hörbaren Flüstern, »ja, Ulf hat sich die Hände schmutzig gemacht. Er hat all seine Ideale über Bord geworfen. Aber ich schwöre Ihnen, es ist ihm nicht leichtgefallen. Ganz gewiss nicht.«
    Wenige Minuten später war die Vernehmung beendet. Mit einem Hoffnungsschimmer in den Augen fragte Frau Finke, ob sie denn nun nach Hause gehen dürfe, doch Angersbach wiegelte sie mit den Worten ab, dass er sich erst mit seiner Kollegin beratschlagen müsse. Die beiden verließen den Raum und fanden sich auf dem leeren, schmucklosen Gang wieder, der jedes Wort in weite Ferne trug und einen beklemmenden Hall verursachte.
    »Sie hat bereitwillig geplaudert, sich aber auch immer mal wieder geziert«, überlegte die Kommissarin mit gesenkter Stimme. »Ich traue ihr eine Menge Voraussicht zu, würde mich ungern festlegen. Dem Gefühl nach ist sie nicht aus dem Schneider.«
    »Sehe ich auch so«, nickte Angersbach. »Aber zwischenzeitlich ist mir ein ganz anderer Gedanke gekommen. Was wäre, wenn sie es nicht allein durchgezogen hat?«
    »Ihr Mann?«
    »Nein, besser«, grinste Angersbach. »Reitmeyer bringt sie dazu, Kötting zu beseitigen. Und dann beseitigt sie Reitmeyer.« An Sabines Gesichtsausdruck erkannte er, dass dies möglicherweise zu viel des Guten war. Darum winkte er ab: »Lassen wir sie ein wenig schmoren und warten, was Schulte sagt. Immerhin hat er uns diese Verhaftung aufoktroyiert.«
    »Hm. Wenn Sie meinen …«
    »Wollen Sie es sich etwa mit dem Häuptling verscherzen? Übrigens: Mein Handy hat während des Verhörs gut und gerne dreimal vibriert.«
    »Ich hatte meins ausgeschaltet«, grinste Sabine. »Sie können von Glück reden, wenn das Videoband nicht von Störgeräuschen durchwachsen ist.«
    »Mist«, murmelte Ralph. Daran hatte er nicht gedacht. Er tippte auf die Kurzwahl der Mailbox und presste sich das Telefon ans Ohr.
    Mirco Weitzels Stimme. Der Beamte, den so schnell nichts aus der Fassung brachte, klang in höchstem Maße erregt.
     
    Sabine Kaufmann versuchte, ihre Gedanken zu ordnen. Was sie soeben in Bruchstücken zu verstehen gemeint hatte, erschien ihr unglaublich. Doch Angersbach bedeutete ihr unmissverständlich, zuerst das Gebäude zu verlassen, um außerhalb jeder Hörweite zu gelangen. Seine letzten Worte, die er in das Mikrofon gebellt hatte, waren: »Wir sind unterwegs.«
    Unterwegs wohin?
    Er stieß die gläserne Doppeltür auf, ein kalter Windstoß fuhr ihnen entgegen. Dann endlich spuckte er die Neuigkeiten aus. Im Telegrammstil setzte er seine Partnerin von dem anonymen Schreiben in Kenntnis, welches sich in Claudia Reitmeyers Briefkasten befunden hatte.
    Gift. In den Milcherzeugnissen.
    Und ein ominöser Fremder, der offenbar ein perfides Spiel zu spielen gedachte.
    »Shit, verdammt!«
    Sabine stockte der Atem, und ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken. Auch in ihrem Kühlschrank befand sich eine Flasche
BIOgut
-Milch.
     
    Der Weidenhof lag ungewohnt leblos da. Kein Licht brannte hinter den Glasscheiben des Einkaufsladens, und niemand querte ihren Weg, als der Lada über den unebenen Grund holperte, bevor er ächzend vor dem Wohnhaus zum Stehen kam. Der Diesel knackte, irgendwo im Inneren gurgelte eine zur Ruhe kommende Flüssigkeit, und der Geruch von feinem Ruß strömte beim Aussteigen in Angersbachs Nase. Er würde

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