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Giftweizen

Giftweizen

Titel: Giftweizen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Schroll
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hinter dem Haus und Laura zeigte Leon einen alten knorrigen Obstbaum, der unweit des Holzschuppens auf einer kleinen Wiese wuchs. »Das ist eine Goldparmäne. Schmeckt herrlich, gibt es aber kaum noch zu kaufen. Und ein Bäumchen zum Nachpflanzen suche ich seit Jahren vergeblich. Und nun kommst du zu mir, und obwohl du keine Ahnung hast, was eine Goldparmäne ist, starrst du mich an, als wäre ich der Weihnachtsmann« sagte Laura, ohne ihn verspotten zu wollen.
Leons Miene wurde dennoch ernster. »Pass auf. Was ich möchte, ist, sowohl die Gärtnerei als auch den Gutspark wieder herzurichten. Und zwar so originalgetreu wie möglich. Deswegen suche ich auch alte Pflanzen und Gehölze, die von dort stammen könnten. Vielleicht kann man davon Samen oder Setzlinge nehmen und sie nachzüchten.«
»Das ist eine wunderbare Idee!« Laura war begeistert. »Ich kenne ein paar der Älteren hier in Waldau, die du deswegen sicher fragen kannst. Ich komme auch gern mit, wenn du möchtest, und wir reden gemeinsam mit den Leuten.«
»Prima. Das Angebot nehme ich gerne an. Aber eigentlich wollte ich dich um einen anderen Gefallen bitten.«
Endlich kam Leon auf den Grund seines Besuches zu sprechen. Laura war gespannt: »Na?«
»Ich suche alte Pläne und Bauzeichnungen zum Gut. Von den Gebäuden und vom Park. Bei Onkel Botho habe ich zwar einiges gefunden, denn sein Bruder hatte in einem Büroschrank zwei große Mappen aufbewahrt. Doch das Material ist fast alles aus derselben Zeit, zwanziger und dreißiger Jahre. Da gab es wohl allerhand Umbauten am Haus und einige Bäume und ein Zierteich wurden der Neuanlage von Garagen geopfert. In Büchern habe ich auch etwas gefunden, doch nur Beschreibungen, kaum mal ein Bild. Das reicht mir nicht. Ich brauche Abbildungen. Außerdem will ich weiter zurück in der Zeit, viel weiter. Du weißt doch sicher, wie ich solche Dokumente finden kann.«
Leon war anspruchsvoll und dachte in Dimensionen, die Laura ausgesprochen gut gefielen. Ihre Sympathie für den jungen Mann wuchs. »Natürlich helfe ich dir, Leon. Das mache ich gern.«
»Wirklich? Das freut mich! Astrid sagte nämlich, dass du genau die Richtige für so etwas bist.«
»Leon, das ist mein Beruf! Vertrau mir, wenn es noch Unterlagen gibt, finden wir die auch.«
Sie setzten sich auf die sonnenbeschienene Gartenbank.
»Du verdienst also dein Geld damit, dass du für die Leute so was rauskramst? Alte Karten und Pläne? Keine schlechte Arbeit!«
Laura stimmte ihm zu, doch sie erzählte Leon auch von den langweiligeren Anfragen, die eigentlich aus jeder beliebigen Tageszeitung zu beantworten gewesen wären, und von den weniger angenehmen Recherchen, die bei familiären Tragödien, bedrückenden Verbrechen oder infolge von Katastrophen zu erledigen waren.
Dann begann sie, Leon zu erklären: »Du weißt sicher, dass das Gut deines Onkels eine große Tradition hat. Es ist als Rittergut gegründet worden und eure Vorfahren haben als Landräte und Abgeordnete gewirkt. Dazu ist schon einiges publiziert worden; manches davon finden wir bestimmt in den Sammlungen der Gardelegener Stadtbibliothek. Damit beginnen wir. Ich rufe gleich nachher dort an. Den Leiter der Bibliothek kenne ich gut und er wird uns gern unterstützen. Wann hättest du denn Zeit?«
Leon überlegte kurz und meinte dann, sich Anfang der nächsten Woche ein, zwei Tage freimachen zu können.
»Gut. Für den Anfang reicht das. Doch wenn wir in dieser Bibliothek fertig sind, fragen wir unbedingt in der in Salzwedel nach, und danach arbeiten wir uns durch die Archive, und das wird dann aufwendiger. Da kommen nämlich einige infrage, denn die Altmark gehörte allein in den letzten zweihundert Jahren zu diversen Königreichen und Provinzen. Die alten Registraturen der kurmärkischen Verwaltung liegen im Staatsarchiv in Potsdam, da habe ich selber schon einige Male recherchiert; die der brandenburgischen Städte, Ämter und Kreise und der adeligen Familien findet man im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz in Berlin, da kommen wir nicht ran. Aber die Archivare vom Staatsarchiv in Magdeburg könnten uns vielleicht auch helfen. Und die Stadtarchive und Museen hier in der Altmark verwahren ebenfalls Quellen, da gibt es allerhand interessante Möglichkeiten, fündig zu werden. Ich kümmere mich darum, Leon«, versprach Laura und fing in Gedanken schon an, ihre Telefonate zu planen. Dann fiel ihr weiter ein: »Und in den Bauämtern sollten wir wegen der Bauakten nachfragen. Eventuell

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