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Giftweizen

Giftweizen

Titel: Giftweizen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Schroll
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einen Freundschaftsdienst für die nächsten Tage gebeten? Blumen gießen oder so etwas?«
Das Kopfschütteln der beiden war überzeugend.
»Können Sie mir etwas zu Verwandten, Freundinnen oder guten Bekannten von Frau Singer sagen?«, versuchte Judith Brunner erneut, mögliche Fluchtpunkte zu eruieren.
Die Frauen sahen ihren Ortspolizisten auffordernd an, der daraufhin bestätigte: »Sie hatte wohl keine, bekam nie Besuch.«
»Und ihr Ehemann?«
Bedauernd hoben alle drei die Schultern.
»Der auch nicht. Die beiden lebten mehr für sich«, fügte Anneliese Graf hinzu.
Judith Brunner fragte: »Wie schätzen Sie die Ehe der Singers ein?«
»Wie meinen Sie das?«, fragte Meta Teichert.
»Na, zum Beispiel, ob Hella Singer ein Verhältnis hatte? Oder ihr Mann? Gab es mal Streit?«
Einhellig, ja fast empört wurden diese Überlegungen zurückgewiesen. Sogar Manfred Lange mischte sich ein und verwarf Derartiges.
Nun gut. »Wie lange kennen Sie Hella Singer eigentlich schon?«, wollte Judith Brunner wissen. Mit der Frage hätte sie eigentlich beginnen müssen, aber mögliche Hinweise für die Fahndung waren ihr wichtiger gewesen.
»Ach, schon ewig. Gleich, als sie damals vom Eduard mitgebracht wurde, habe ich mich mit ihr angefreundet. Da lebten seine Eltern noch mit im Haus. Die Hella hat sich jahrelang um sie gekümmert.« Meta Teichert lächelte. »Wir waren ungefähr im selben Alter, ich war auch gerade erst in Breitenfeld angekommen, mit meinem zweiten Mann. Da teilten wir als Neue im Dorf das gleiche Schicksal und die Hella gefiel mir. Sie war kein bisschen neugierig wie die anderen und genau genommen sogar schüchtern und zurückhaltend. Drängte sich niemandem auf. Aber zuverlässig; wenn sie etwas versprochen hat, war sie immer für einen da. Wo will sie bloß hin?«
Darauf hätten alle gern eine Antwort.
Judith Brunner wandte sich an Anneliese Graf: »Und Sie? Wie haben Sie Hella Singer kennengelernt? Sie sind doch erheblich jünger als sie.«
»Na, das kam, weil sie manchmal auf mich aufgepasst hat, als ich noch ein Kind war. Hella war als junge Frau gern bereit, stundenweise bei uns zu bleiben.«
»Uns?«
»Oh, wir waren fünf Geschwister zu Hause. Ich war die Jüngste, habe drei Brüder und noch eine Schwester. Da war immer viel los, kann ich Ihnen sagen!«, klang Anneliese Graf begeistert. »Hella hat alles ertragen und meine Mutter war heilfroh, sie zu haben, hat sie immer gesagt. Die Hella war so eine Geduldige, Freundliche, sie wusste viel, und wir Kinder wollten, dass nur sie auf uns aufpasst und sonst niemand. Deswegen haben nicht mal die Jungs Ärger gemacht ... Ich bin als Einzige von uns Kindern in Breitenfeld geblieben, und die Hella ist immer noch eine gute Freundin. Hoffentlich kommt sie bald wieder. Was soll denn mit dem Eduard werden? Wer soll ihn denn begraben?«
Auf Eduard Singer wollte Judith Brunner nun keinesfalls eingehen. Dass er noch am Leben und mit seiner Frau auf der Flucht war, und beide höchstwahrscheinlich die Verantwortung für einige Morde trugen, sollte vorerst nicht nach außen dringen.
Sie überdachte die Informationen und bat dann die beiden Frauen, sich im Haus umzusehen, ob etwas fehlte, zum Beispiel bestimmte Kleidung oder Gepäckstücke. Auch Geschirr oder Geräte. Vielleicht hatten die Singers sich außer im Bienenwagen noch ein weiteres Versteck eingerichtet.
Doch Meta Teichert und Anneliese Graf waren mit dieser Bitte überfordert. So eng war ihre Freundschaft zu Hella Singer dann auch wieder nicht gewesen, dass sie derartige Details im Haushalt erkennen konnten. Die Jacke, die Hella Singer gewöhnlich trug, und ihr gehäkeltes Schultertuch hingen an der Garderobe, ihre Umhängetasche fehlte, doch mehr wussten sie nicht zu sagen.
Judith Brunner beendete das Gespräch und bedankte sich herzlich. Sie bat Manfred Lange, die Frauen nach draußen zu begleiten. »Waren die Singers eigentlich oft mit dem Motorrad unterwegs?«, fiel ihr noch ein, die beiden im Hinausgehen zu fragen.
Verblüfft sahen sie erst sich und dann die Kommissarin an.
Manfred Lange klärte auf: »Ich habe die Singers noch nie mit einem Motorrad gesehen.«

    ~ 57 ~
     
    Die Abendbesprechung konnte kurz gehalten werden. Judith Brunners Hypothese, dass Hella Singer und Jenny Holl ein und dieselbe Person waren, war so überzeugend, dass kein Ermittler mehr von etwas anderem ausging. Sie saßen um den großen Tisch beisammen und diskutierten freimütig unter dem Eindruck der letzten Stunden.
»Fast wie im

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