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Giftweizen

Giftweizen

Titel: Giftweizen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Schroll
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scheinen sie neu und ungebraucht zu sein«, ergänzte er.
»Danke. – Und nun zu dem Unbekannten in der Pathologie«, bat Judith Brunner ihre Tischrunde um weitere Konzentration.
»Ein rätselhafter Leichenfund in der Pathologie – das klingt irgendwie verrückt«, konnte Ritter sich nicht enthalten, zu bemerken.
»Ich kann nicht glauben, dass die beiden Vorfälle nichts miteinander zu tun haben«, meinte Dr. Grede und erntete Zustimmung.
»Dass sich in einer Nacht – in unserem kleinen Krankenhaus – zwei Ereignisse dieser Art unabhängig voneinander ereignen, ist weniger wahrscheinlich als ein Hauptgewinn im Lotto«, bekräftigte Dr. Renz.
»Gut. Wir gehen also von einem Zusammenhang aus. Dann können wir auch annehmen, dass der Austausch der Leichen im selben Zeitraum bewerkstelligt wurde. Das grenzt unsere Ermittlungen auf einen gemeinsamen Tatzeitraum ein. Alsdann ist die Identität des Toten zu klären. Lisa, bei Ihren Telefonaten mit den Bestattern fragen Sie bitte auch unbedingt nach fehlenden Leichen. Die sollen wirklich alle überprüfen, ob ihre Kun ... , hm, Verstorbenen noch vollständig da sind!«
»Der Leichnam war schon einige Tage alt«, lenkte Dr. Renz die Aufmerksamkeit auf diesen Umstand. »Die Leichenhallen und die frischen Gräber müssen auch überprüft werden.«
»Mann, wir suchen ein leeres Grab!«, versuchte Lisa Lenz vergeblich, ihre Begeisterung im Zaum zu halten.
»Sie meinen – Grabräuber? Leichendiebe?« Dr. Grede überraschte der Gedanke.
»Alles schon da gewesen«, lautete der lakonische Kommentar von Dr. Renz.
Ein unbehagliches Gefühl machte sich am Tisch breit.
Thomas Ritter fragte, wieder eine Spur zu laut: »Ein paar Tage alt? Dann muss den Mann doch jemand vermissen. Ist keine Vermisstenanzeige eingegangen?«
Lisa teilte ihm sofort mit: »Aktuell ist niemand neu in der Vermisstenliste aufgetaucht. Die ist nämlich seit drei Wochen unverändert.«
»Er muss nicht vermisst werden«, gab Judith Brunner zu bedenken. »Wenn er zur Bestattung vorbereitet werden sollte, kann das ein paar Tage dauern. Oder, und da muss ich Dr. Renz zustimmen, wenn der Unbekannte vielleicht schon begraben war, vermisst ihn auch niemand mehr.«

    ~ 11 ~
     
    Ludwig Wenzels Gehöft lag in Wiepke in einer kleinen Seitenstraße, die hinter dem Wirtshaus »Zur Quelle« linker Hand in Richtung Waldau führte. Von hier hätte man den Weg zu den Reparaturstellen am Zaun eigentlich auch bequem laufen können, doch zum einen erforderte der Materialtransport ein Fahrzeug, zum anderen ging Wenzel, wie viele der Bauern hier, nicht gern zu Fuß, und überhaupt fuhr er gerne Trecker.
Walter Dreyer hoffte, ihn auf seinem Hof anzutreffen, und war erleichtert, als er den Traktor vor dem offenen Tor stehen sah. Es war gleich fünf und sicher hatte Ludwig Wenzel heute pünktlichst Feierabend gemacht. Der Stammtisch wartete bestimmt schon ungeduldig auf seinen Bericht. Dreyer wollte ihn auch nicht lange aufhalten, aber ein paar Fragen musste er dem Mann noch stellen.
Im scheibenlosen Fahrerhaus des Treckers glaubte er, einige kleine Kinder herumturnen zu sehen. Ungeschickt versuchten sie, sich im Fußraum zu verstecken, als er näher kam. Kichergeräusche drangen aus dem Fahrzeug. Walter klopfte an die Fahrertür. »Rauskommen«, forderte er in gespielt ernstem Ton auf. Nichts passierte. »Sofort«, wurde er energischer. »Hier spricht die Polizei!« Ob Wenzel wenigstens den Schlüssel abgezogen hatte?
Tatsächlich ging die Tür wenig später einen Spalt auf und ein Knirps von vier, fünf Jahren lugte hervor. Es war schwer zu entscheiden, ob er überlegte zu gehorchen oder wie er unbeschadet entkommen konnte. Vertrauensvoll reckte er Walter dann die Ärmchen entgegen, der das ziemlich verdreckte Kerlchen schwungvoll vom riesigen Hinterrad herunterhob. Ein etwas älterer Junge, der nicht weniger getrockneten Schlamm an sich verteilt hatte, kletterte ohne Hilfe, vorsichtig zu Walter blickend, geschickt an den Profilen des großen Rades runter. Dabei trug er eine weitere Schicht Dreck auf sein Hemd auf.
»Wo steckt ihr schon wieder?«, rief laut eine Frau, ohne wirklich eine Antwort zu erwarten, in den Hof. Beide Jungen flitzten schnell wie kleine Eichhörnchen weg und blieben unsichtbar.
»Haben Sie meine Bengel gesehen?«, wurde Walter Dreyer vom Hoftor aus gefragt.
Er schüttelte den Kopf, sah sich angesichts der offen stehenden Traktortür und des misstrauischen Blicks der Frau jedoch genötigt, seine vorgeschützte

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