Giftweizen
die Einsatzbereitschaft ihres unmittelbaren Ermittlungsteams und vieler anderer Mitarbeiter Verlass.
Am großen Besprechungstisch hatte jeder eine Mappe mit Dokumenten oder Fotos vor sich liegen.
Als Judith Brunner dazu kam, trat augenblicklich Ruhe ein. Ein Blick in die Runde sagte ihr sofort, dass sich die echten Neuigkeiten in Grenzen halten würden. Sie begann daher, aus Walter Dreyers Bericht zur Zeugenaussage Ludwig Wenzels vorzulesen.
»Na immerhin«, freute sich Dr. Grede, »nun haben wir den genauen Zeitraum, in dem die Hände abgelegt worden sind.«
Judith Brunner stimmte ihm zu: »Als Hypothese können wir von halb zehn bis zehn Uhr ausgehen.«
»Allerdings kommen allerhand Leute für das Platzieren infrage, nämlich alle, die von der Frühstückspause der Zaunarbeiter wussten«, warf Ritter ein, doch Lisa widersprach: »Wenn wir von einer Absicht ausgehen, Ahlsens die Hände finden zu lassen, bleiben nicht so viele übrig.«
»Lisa, Sie überprüfen bitte kurz den Hintergrund dieser von Wenzel benannten Landarbeiter, Wohnort, Vorstrafen, alles, was Sie schnell finden können.« Judith reichte ihrer Mitarbeiterin eine kurze Liste. »Und die Ergebnisse teilen Sie bitte Walter Dreyer in Waldau per Telefon mit. Der macht dann die Befragungen ... Haben Sie von den Friedhöfen schon Rückmeldungen?«
Die junge Frau nickte. »Hier in Gardelegen ist alles in Ordnung, da gibt es keine Grabschändungen. Letzte Woche gab es sieben Bestattungen und die Gräber sind alle unversehrt.« Dann änderte sich plötzlich ihr Tonfall und sie setzte ungewohnt ärgerlich hinzu: »Nur wurden wieder Wasserhähne, Gartengeräte und Pflanzen aller Art geklaut! Der Verwalter schimpfte, dass wir nichts unternehmen.«
Dr. Grede wirkte genervt. »So, so. Der Verwalter schimpfte? Als hätten wir nichts anderes zu tun!«
»Der Mann hat aber recht, wir ignorieren die Anzeigen schon seit Wochen«, korrigierte ihn Lisa scharf. »Das geht schon so, seit die Wasserleitungen nach dem Winter wieder in Betrieb genommen worden sind. Alle paar Tage meldete er ein neues Vorkommnis.«
Auch Judith Brunner hörte nicht zum ersten Mal davon, zumindest hatte sie in den Rapporten etwas dazu gelesen. Allerdings hatte sie bisher die Brisanz des Themas wohl nicht erkannt. Warum war Lisa so erregt? Sie würde am besten selbst mal beim Friedhof vorbeigehen, jetzt, wo sich das mit ihrem neuen Fall verknüpfen ließ. Und zu der merkwürdigen Meinungsverschiedenheit mit Lisa würde sie Dr. Grede unter vier Augen befragen. Judith entschied: »Ich kümmer mich darum, doch darüber reden wir nachher. Noch weitere Meldungen zum aktuellen Fall, Lisa?«
»Einige Bestatter in unserem Kreis habe ich schon erreicht. Sie hatten keine Unregelmäßigkeiten festgestellt. Bei den anderen versuche ich es weiter. Soll ich auch im Kreis Klötze noch nachfragen?«
»Ja, bitte.«
»Und die Friedhöfe auf den Dörfern? Wer prüft die?«, fragte Dr. Grede.
Judith Brunner überlegte. »Wir nehmen erst mal nur Breitenfeld, da wohnte Singer, und danach die unmittelbaren Nachbardörfer. Ich berede das mit Walter Dreyer. Es ist Wochenende. Viele Leute nutzen das für einen Gang auf den Friedhof. Vielleicht bekommen wir auf diese Weise einen Hinweis. Und außerdem hoffe ich auf eine baldige Identifizierung des Toten. Das dürfte dann die notwendigen Überprüfungen erheblich einschränken.« Sie nahm einen Schluck Kaffee und fragte in die Runde: »Was haben wir noch?«
Dr. Grede kündigte an: »Sobald wir die Liste mit den Namen aller Handwerker und Lieferanten aus dem Krankenhaus haben, gehe ich mit zwei Leuten hin und fange mit den Befragungen an. Irgendjemandem wird was aufgefallen sein«, sagte er optimistisch.
»Die Leute von der Schutzpolizei haben gestern bis zum Dunkelwerden den Boden um die Fundstelle abgesucht, doch selbst an den umliegenden Feld- und Waldwegen war nichts zu finden, was auf den ersten Blick weiterhilft. Die eingesammelten Flaschen waren alle total verdreckt, verschandelten also schon länger die Botanik, zwei, drei Zigarettenkippen am Waldrand, eine rostzerfressene Pfanne und zwei zerkratzte Emaillebecher. Haben sicher Holzfäller mal vergessen«, berichtete dann Thomas Ritter und ergänzte: »Die Spuren vom Weg geben nichts Verwertbares her, diverse Reifenabdrücke von Autos, Mofas und Fahrrädern.« Ritter reichte Judith eine Mappe mit entsprechenden Fotos und Dokumentationen zu den Gipsabdrücken herüber. Vielleicht könnten sie mit diesem Material später
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