Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Giftweizen

Giftweizen

Titel: Giftweizen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Schroll
Vom Netzwerk:
Waldau zu bitten, mit der geringen Chance, sie hätten sich bis dahin etwas beruhigt und konnten darüber hinausgehende Angaben machen.

Wenig später winkte Dr. Renz ihnen vom Waldrand aus zu. Er hielt den beiden Ermittlern ein Glas mit einer klaren Flüssigkeit hin, in der ein paar Würmchen schwammen. »Diese sind schon ein paar Tage alt. Es müssen aber nicht die ältesten sein.«
Judith Brunner hatte schon öfter staunen dürfen, wie hilfreich die Natur sie bei ihrer Arbeit unterstützte. Allerdings konnte sie sich schwer an die gefräßigen Tiere gewöhnen, die die Leichen besiedelten und mit ihrer Metamorphose wertvolle Hinweise gaben.
Dr. Renz erläuterte weiter: »Ein älterer Mann. Keine offensichtliche Todesursache zu erkennen. Ich denke, diese Maden sprechen für vier bis fünf Tage. Die Eiablage erfolgte also am Mittwoch oder Donnerstag letzter Woche. Es geschieht immer kurz nach dem Eintritt des Todes oder, wie im vorliegenden Fall auch möglich, kurz nach Ablage der Leiche. Die Fliegen lassen sich nur wenig Zeit dafür und nutzen alle Körperöffnungen, die sie erreichen können. Hier vor allem die am Kopf, der Mann war ja ansonsten vollständig bekleidet.« Der Rechtsmediziner sah Judith Brunner an. »Es tut mir leid, denn außerdem konnte ich deutliche Abriss- und Fraßspuren an sämtlichen Gliedmaßen entdecken. Hier wurde nichts sauber abgetrennt, sondern die Finger und auf der einen Seite sogar die ganze Hand wurden von Wildtieren verschleppt, um sie in Ruhe fressen zu können.«
»Dann handelt es sich also nicht um den fehlenden Leichnam von Eduard Singer.« Sie sah in Richtung der Fercheler Eiche, wo Botho Ahlsens seinen grauenvollen Fund gemacht hatte.
Dr. Renz hob bedauernd die Schultern und bestätigte: »Richtig. Wir haben einen weiteren Toten.«
»Das wird ja immer besser!«, bemerkte Walter Dreyer.
»Es ist unglaublich«, gab Dr. Renz ihm recht und begleitete sie zum Leichnam. »Passen Sie bitte auf, wo Sie hintreten«, bat er. »Ob ich die abgerissenen Knochen alle finden werde? Wohl eher nicht«, beantwortete er sich seine Frage gleich selbst.
Nach einigen vorsichtigen Schritten standen sie vor dem, was die Tiere übrig gelassen hatten.
»Sind noch Papiere vorhanden?«, fragte Judith Brunner, den toten Mann intensiv betrachtend, ohne größere Hoffnung.
Dr. Renz verneinte. »Da war nichts, womit ich ihn identifizieren konnte. Fingerabdrücke bekomme ich wahrscheinlich auch keine. Nach der Obduktion weiß ich wie immer mehr. Der Abtransport wird allerdings eine Herausforderung«, stellte Dr. Renz fest, »meines Erachtens hält nur noch die Kleidung alles irgendwie zusammen. Wir müssen ziemlich aufpassen, dass nicht noch mehr verloren geht. Wann kommt denn eigentlich der Leichenwagen?«

    ~ 38 ~
     
    Am frühen Nachmittag war Judith Brunner in der Dienststelle zurück. Sie rief gleich in das Zimmer ihrer Assistentin: »Lisa, wir müssen reden. Kommen Sie bitte mit in mein Büro.«
Sie schloss die Tür, legte ab, bat Lisa, am Besprechungstisch Platz zu nehmen, und setzte sich dazu. »Ich war heute Vormittag auf dem Friedhof, um mir wegen der Diebstahlserie ein besseres Bild machen zu können. Dabei habe ich Werner Uhlig kennengelernt. Er war recht entgegenkommend. Als ich dann wieder hier war und mit Dr. Grede die nächsten Schritte besprechen wollte, habe ich nebenbei erfahren, warum Ihnen so viel an der Sache liegt.«
Lisas Gesichtszüge veränderten sich schlagartig.
Sie sah plötzlich so elend und verletzlich aus, dass Judith sich beeilte, umgehend zu versichern: »Keine Sorge. Ihr Geheimnis ist bei mir gut aufgehoben. Und Dr. Grede ist auch kein Klatschmaul, wie wir beide wissen. Ich komme mir aber immer noch irgendwie blöd vor, wenn ich daran denke, dass Uhlig genau wusste, warum ich persönlich vor Ort war.«
Langsam kehrte Farbe in Lisas Gesicht zurück. Leise sagte sie: »Es tut mir leid. Wirklich. In dem Moment, als ich mitbekam, dass Sie zum Friedhof gehen würden, hatte ich überlegt, Ihnen davon zu erzählen. Doch ich habe es nicht geschafft ... Es ist auch so schon schwer genug.« Lisa schluchzte und war kurz davor zu weinen.
Judith Brunner war überrascht. Sie hatte die junge, lebensfrohe Frau noch nie in einer solchen verzweifelten Stimmung erlebt. »Lisa, es tut mir leid. Ich wollte Sie nicht derart in Verlegenheit bringen. Ich kann sogar verstehen, dass Sie so diskret mit Ihrer Liebe umgehen. Es hat mich aber in eine verdammt unangenehme Situation gebracht.«
»Darüber

Weitere Kostenlose Bücher