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Giftweizen

Giftweizen

Titel: Giftweizen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Schroll
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Drachenbäume für einige Hundert Mark weg. Warum nicht auch schöne Gewächse fürs Freiland? Für seinen geliebten Kleingarten gibt so mancher Städter viel Geld aus«, schloss Uhlig und lehnte sich in seinem Sessel weit zurück.
Judith Brunner merkte, dass er alles, was er zur Angelegenheit los werden wollte, gesagt hatte. »Also, fasse ich mal zusammen: Die Diebe werden erst nach Ihrem Feierabend tätig. Sie suchen gezielt Pflanzen aus, die sie wieder verkaufen können. Sie haben entsprechende Kenntnisse, und da sie bisher nicht aufgeflogen sind, ganz bestimmt auch eine diskrete Wiederverkaufsmöglichkeit. Es spricht in der Tat einiges für Ihren Verdacht hinsichtlich der Gärtnereien. Bleibt noch ein Aspekt – wie transportieren die ihre Beute?«
»Ach, das meiste passt doch in eine Reisetasche oder einen Rucksack. Das bekommt man ohne Probleme über die Friedhofsmauer bugsiert und klettert hinterher. Und größere Pflanzen werden wohl in einem Korb getragen und jenseits der Mauer wartet dann ein Auto. Das ist nicht sonderlich schwierig.«
Dem musste Judith Brunner zustimmen. Es dürfte auch keine Herausforderung sein, die Diebe zu fassen. Da waren nur Streifenpersonal und ein wenig Geduld nötig. Sie sicherte Werner Uhlig den sofortigen Beginn von Ermittlungen zu und kam dann direkt auf ihr vorrangiges Anliegen, die Erkundigungen im Zusammenhang mit dem Mordfall Holl, zu sprechen: »Darf ich Sie bei dieser Gelegenheit bitten, mir den Ablauf einer Beisetzung zu schildern?«
Falls Uhlig der abrupte Themenwechsel überrascht haben sollte, ließ er sich das nicht anmerken. Er zog ein Schubfach seines Schreibtisches auf und gab Judith ein leeres Formular in die Hand. »Sehen Sie. Die Angehörigen oder ein Bestatter kommen her und wir besprechen den möglichen Liegeplatz. Ich zeige den Leuten die jeweiligen Stellen und wir bereden noch das Datum und die Uhrzeit für die Trauerfeier. Das wird alles hier im Formular vermerkt. Den detaillierten Ablauf organisieren dann die Bestatter und sprechen sich nur noch mit mir ab. Die meisten Hinterbliebenen haben genaue Vorstellungen, wie der Grabstein aussehen soll und wie groß der sein wird. Das ist aber Sache vom Steinmetz. Wir müssen noch über die Kosten der Grabstellen mit den Leuten reden. Viele wollen einen Einmalbetrag für zwanzig Jahre zahlen, manche jährlich eine Rechnung. Das war es dann auch schon. Hier unten wird unterschrieben«, Werner Uhlig zeigte auf die Stelle, »und die Sache geht ihren Gang. Wenn alles getan ist, also Beisetzung, Bezahlung und Grabgestaltung, übertrage ich die Angaben zur Grabstelle in diese Kartei, und damit ist die Angelegenheit erledigt.«
Judith Brunner überlegte. Die Abläufe waren schlüssig. Wann konnte da eine Leiche verschwinden? Sie fragte nach: »Wie viel Zeit vergeht denn so zwischen Trauerfeier und Beisetzung?«
»In der Regel folgt die Beisetzung unmittelbar danach. Gewöhnlich gehört auch beides zusammen. Manchmal aber liegen auch ein paar Tage dazwischen. Das passiert zum Beispiel, wenn eine Trauerfeier mit vielen Gästen stattfindet, die Beisetzung jedoch in aller Stille erfolgen soll. Oder die Leute warten, ob der Grabstein noch fertig wird und zeitgleich gesetzt werden kann. Dann liegen die Toten ein paar Tage und warten.«
»Und wo liegen sie währenddessen?«
Uhlig lehnte sich wieder zurück. »Nicht hier. In den Instituten, gekühlt. Die Leichen kommen immer erst am Tag der Beisetzung her. Sollten sie aus eben schon erwähnten Gründen nicht sofort beigesetzt werden, nehmen die Bestatter den Toten bis zum vereinbarten Termin wieder mit.«
»Hatten Sie in den letzten ein, zwei Wochen solche Fälle?«
»Nein, das hätte ich auf die Anfrage hin schon gemeldet. Die hiesigen sieben Beisetzungen gaben nichts für Ihren Fall her.«

Den Weg zurück zur Dienststelle überlegte Judith, wie ein Mann von der Art Werner Uhligs, gebildet, beredt und hellwach, auf dem Posten des Verwalters vom Gardelegener Friedhof hatte landen können. Auch das Gespräch selbst gab ihr zu denken, denn keine ihrer Fragen hatte den Mann überrascht. Und dann, als sie die breiten Stufen zum Eingang des Polizeigebäudes hinaufstieg, ging ihr auf, dass Uhlig zum Schluss ihren Fall erwähnt hatte. Was wusste dieser Mann davon?

    ~ 36 ~
     
    Judith Brunner wollte die Sache vom Tisch haben und klopfte an die offen stehende Tür von Dr. Gredes Büro.
Er war, wie üblich mit einem Glas Tee in der Hand, in das Studium einiger Akten vertieft. Der Inhalt

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