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Gilbert, Elizabeth

Gilbert, Elizabeth

Titel: Gilbert, Elizabeth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Love Pray Eat
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balinesische Medizin«, sagte ich. »Kommen
Sie zu unserem großen Umzugsschlussverkauf!«
     
    96
     
    Zweimal an diesem Wochenende war ich wieder mit Felipe,
dem Brasilianer, aus. Am Samstag nahm ich ihn mit zu Wayan, damit er sie und
die Kinder kennen lernte, und Tutti malte ihm kleine Bilder von Häusern,
während Wayan hinter seinem Rücken anzüglich zwinkerte und stumm mit den
Lippen die Worte formte: »Neue Freund?«, worauf ich heftig den Kopf
schüttelte: »Nein, nein, nein.« Auch zu Ketut, meinem Medizinmann, habe ich
Felipe mitgenommen, und Ketut hat ihm aus der Hand gelesen und (während er mich
durchdringend ansah) nicht weniger als sieben Mal erklärt, dass mein Freund »ein
gute Mann« sei, »ein sehr gute Mann, ein sehr, sehr gute Mann. Kein schlechter
Mann, Liss - ein gute Mann.«
    Am Sonntag fragte mich Felipe, ob ich Lust hätte, den Tag
am Strand zu verbringen. Ich stellte daraufhin überrascht fest, dass ich
bereits zwei Monate auf Bali lebte und immer noch keinen Strand gesehen hatte,
und so sagte ich zu. In seinem Jeep holte er mich ab, und wir fuhren eine
Stunde zu dem versteckten kleinen Strand in Pedangbai, an den sich fast nie ein
Tourist verirrt. Der Ort, an den er mich brachte, war eine so überzeugende
Kopie des Paradieses, wie man sie sich nur vorstellen kann, mit blauem Wasser,
weißem Sand und dem Schatten einer Palme. Wir quatschten den ganzen Tag,
unterbrachen unser Gespräch nur, um zu schwimmen, zu dösen oder zu lesen, wobei
wir uns mitunter laut vorlasen. Die balinesischen Frauen in der Hütte hinter dem
Strand grillten uns frisch gefangenen Fisch, und wir kauften kaltes Bier und
eisgekühlte Früchte. In den Wellen herumtollend, erzählten wir uns die
fehlenden Details unserer Lebensgeschichten - das, was während der letzten
Wochen bei unseren Abenden in den stillsten Restaurants von Übud bei unzähligen
Flaschen Wein noch nicht zur Sprache gekommen war.
    Ihm gefalle mein Körper, meinte er nach der ersten Begutachtung
am Strand. Er hat so eine angenehme Art, sich auszudrücken, es klang kein
bisschen nach Anmache. »Sehr harmonisch«, bemerkte er, »sehr gesund.« Er
erzählte mir, dass die Brasilianer für einen Körper wie meinen einen Ausdruck
hätten (klar doch!), magra-falsa nämlich,
den man mit »scheinbar dünn« wiedergeben könne, was bedeute, dass die Frau von
weitem zwar durchaus schlank wirke, man aber beim Näherkommen erkenne, dass sie
in Wirklichkeit wohlgerundet und fleischig sei, was Brasilianer als Vorzug betrachteten.
Gott segne die Brasilianer. Während wir plaudernd auf unseren Badetüchern
lagen, griff er manchmal herüber, um mir Sand von der Nase zu wischen oder mir
eine widerspenstige Haarsträhne aus dem Gesicht zu streichen. Zehn geschlagene
Stunden unterhielten wir uns so. Dann wurde es dunkel, so dass wir zusammenpackten
und einen Spaziergang machten und Arm in Arm unter den Sternen die spärlich
beleuchtete Hauptstraße des alten balinesischen Fischerdorfs
hinunterschlenderten. Und da fragte mich Felipe auf seine so natürliche und
entspannte Art (als ob er mich fragte, ob wir nicht eine Kleinigkeit essen
sollten): »Sollten wir nicht eine Affäre miteinander haben, Liz? Was hältst du
davon?«
    Die Art, wie er vorging, gefiel mir - und zwar alles
daran. Dass er nicht agierte - mich nicht zu küssen versuchte oder sonst etwas
wagte, sondern fragte. Und obendrein noch die richtige Frage stellte. Ich
erinnerte mich an etwas, das mir meine Therapeutin schon mehr als ein Jahr vor
meiner Abreise gesagt hatte. Ich hatte ihr erzählt, dass ich wahrscheinlich
während des ganzen Reisejahrs enthaltsam bleiben wolle, mir allerdings Sorgen
machte. »Was ist, wenn ich jemanden treffe, der mir wirklich gefällt? Was
mache ich dann? Soll ich mich mit ihm einlassen oder nicht? Soll ich mir meine
Unabhängigkeit bewahren? Oder mir die Affäre gönnen?« - »Weißt du, Liz«,
meinte meine Therapeutin mit nachsichtigem Lächeln, »sobald sich die Frage
wirklich stellt, kannst du das alles mit der betreffenden Person aushandeln.«
    Und nun war alles da: Zeit, Ort, Frage und die betreffende
Person. Und wir begannen darüber zu reden, und das Gespräch entspann sich
locker während unseres Arm-in-Arm-Spaziergangs am Meer entlang. Was konnte ich
sagen? Nur alles, was wahr war. »Unter normalen Umständen«, sagte ich, »würde
ich wahrscheinlich Ja sagen. Was immer normale Umstände sein mögen
...«
    Wir lachten beide. Doch dann gestand ich ihm, dass

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