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Gilde der Jäger 02 - Engelszorn

Gilde der Jäger 02 - Engelszorn

Titel: Gilde der Jäger 02 - Engelszorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N. Singh
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»Warum bist du dir da so sicher, wenn doch so viele Kräfte ganz allein von dem einzelnen Engel abhängen?«
    Du sprichst ja jetzt schon mit der Selbstverständlichkeit eines zweihundert Jahre alten Engels. Du wirst diese Kraft erwerben.
    »Schön zu wissen.« Sie trat vor ihn hin und sah ihm in die Augen. »Aber bis es so weit ist, werde ich meinen Kopf nicht als Einbahnstraße zur Verfügung stellen.«
    Seine Augen waren so blau, arktisch blau, dass Elena wusste, diese Farbe würde ihr bis in ihre Träume hinein folgen. »Wenn dein Geist offen gewesen wäre«, sagte er, »hätte ich von Michaelas Ankunft im selben Augenblick erfahren wie du.«
    Na gut, da hatte er sie in die Enge getrieben. Aber … »Wenn du mir meine Privatsphäre lässt, dann habe ich auch nichts dagegen, dich im Notfall zu rufen.«
    Seine Hand lag an ihrer Wange, beschützend, besitzergreifend. »Du hast mich heute doch auch nicht gerufen.«
    »Sie hat mich einfach überrumpelt.« Dann schüttelte sie den Kopf und holte tief Luft. »Nein, ich will ehrlich sein. Ich bin es noch nicht gewohnt, mich auf dich zu verlassen. In der Regel kümmere ich mich selbst um alles.«
    »Das ist nicht wahr, Elena.« Er strich ihr über das Gesicht. »Sara würdest du sofort um Hilfe bitten.«
    »Mit Sara bin ich seit meinem achtzehnten Lebensjahr befreundet. Sie ist eher eine Schwester als eine Freundin.« Sie legte ihre Hand auf seine. »Ich kenne dich lange nicht so gut, wie ich Sara kenne.«
    »Dann stell mir Fragen, Gildenjägerin.« Ein Befehl des Erzengels von New York. »Was begehrst du zu wissen?«
    13
    Raphael war zwar wütend, doch mit dieser hellen, klaren Wut würde Elena umgehen können. Wenn er sich jedoch so verhielt wie zuvor bei Michaela, wurde ihr bang um seine Seele. »Erzähl mir von deiner Kindheit«, sagte sie. »Erzähl mir, wie es ist, als Kind in einer Welt voller Engel aufzuwachsen.«
    »Das mache ich, aber zunächst einmal legst du dich ins Bett, und ich bringe dir etwas zu essen.«
    Jetzt darüber einen Streit anzufangen, verspürte sie überhaupt keine Lust, und deshalb warf sie, während er ihr etwas zu essen holte, das Handtuch von sich und schlüpfte in eines seiner Hemden. Die Schlitze im Rücken waren viel zu groß für ihre Flügel, doch sie fand nichts, womit sie den Stoff festbinden konnte. Elena entschied, dass sie keine Lust hatte, nach den trickreichen Verschlüssen zu fahnden, und als er zurückkam, saß sie still im Bett.
    Er hielt einen Moment lang inne. »Ich bin überrascht, dass du meiner Anordnung gefolgt bist.«
    »Ich bin ja nicht unvernünftig … solange die Anordnung vernünftig ist.«
    In seine arktisch blauen Augen trat ein amüsiertes Funkeln, als er den Teller mit den mundgerechten Häppchen auf das Bett und ein Glas Wasser auf den Nachtschrank stellte. Dann setzte er sich ihr schräg gegenüber. Schon einmal hatten sie so im Bett gesessen, doch damals war er neben sie gerückt.
    Elena spürte, dass er eine leichte Distanz wahrte, als sie sich ein winziges Sandwich nahm, das mit hauchdünnen Gurkenscheiben belegt war. »Also?«
    Es dauerte eine ganze Weile, bis er endlich sprach. »Als Kind hat man ein wundervolles Leben unter Engeln. Kinder werden von allen verwöhnt und verhätschelt. Nicht einmal Michaela würde der Seele eines Kindes schaden.«
    Das wiederum war für Elena schwer vorstellbar. Aber immerhin war Michaela ja auch eines Nachts aus dem Bett gestiegen, um einen vermeintlich in ihrem Zimmer eingesperrten Vogel zu befreien. Selbst sie war nicht nur die böse Hexe aus dem Märchen, auch wenn Elena sie zu gern in dieser Rolle sah.
    »Ich hatte eine ganz normale Kindheit, nur dass meine Eltern Nadiel und Caliane waren.«
    Mit einem Mal bekam sie keine Luft mehr. »Du bist der Sohn zweier Erzengel?«
    »Ja.« Er wandte den Kopf ab und starrte hinaus auf die Berge, aber Elena wusste, dass er in diesem Moment weder die schneebedeckten Berggipfel noch den sternenklaren Himmel sah. »Es hört sich interessanter an, als es ist.«
    Elena ließ ihn fortfahren.
    »Nadiel war ein Zeitgenosse von Lijuan. Er war bloß tausend Jahre älter als sie.«
    Tausend Jahre. Und Raphael sagte es in einem Ton, als bedeute es nichts. Wie alt war dann Lijuan? »Er war einer eurer Alten?«
    »Ja.« Nun wandte sich Raphael ihr wieder zu. »Ich erinnere mich daran, dass er von längst vergangenen Belagerungen und Schlachten erzählte, aber vor allem erinnere ich mich an seinen Tod.«
    »Raphael.«
    »Und jetzt tue ich dir

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