Gilde der Jäger: Engelsblut (German Edition)

Titel: Gilde der Jäger: Engelsblut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nalini Singh

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seiner Beherrschung sich für ihn wie ein wildes Tier anfühlen musste, das ihn auseinanderriss, deshalb wollte sie die Ereignisse noch einmal systematisch durchgehen. »Erinnerst du dich daran, dass du Ignatius hingerichtet hast ?«
    »Ja .« Er senkte kaum merklich den Kopf, und sie nahm die Einladung an, ihm übers Haar zu streichen. »Wenn du von den Ereignissen sprichst, erinnere ich mich an sie, doch über allem liegt ein roter Schleier .«
    Dick und seidig streiften seine glänzend schwarzen Haare in kühler Zärtlichkeit ihre Haut. »Wenn ich ein Wort für das finden müsste, was ich in deinem Gesicht gelesen habe, würde ich es Zorn nennen .«
    »Ja .« Er strich ihr über den Bauch, bevor er die Hand auf ihrer Hüfte verweilen ließ. »Aber ich lebe schon lange genug, um mit Zorn umgehen zu können. Das war mir … fremd .«
    Sie verharrte regungslos. Seine Wortwahl beunruhigte sie. »Von außerhalb ?«
    Seine Augen schimmerten unter den gesenkten Wimpern wie blaue Diamanten. »Unmöglich zu sagen .«
    Elena wollte es nicht dabei bewenden lassen. »Sprich mit mir .« Sie wusste, was er war, dass er vermutlich mehr Macht in seinem Körper hatte, als sie jemals erfahren würde, selbst wenn sie zehntausend Jahre leben würde. Sie waren einander nicht ebenbürtig. Nicht auf diesem Spielfeld – doch wenn es um Gefühle ging, die ein Herz entzweireißen konnten … »Raphael .«
    Bei Nadiel, sagte er in ihre Gedanken, habe ich solch extremen Zorn gesehen.
    Auch sein Vater war unaufhaltsam dem Wahnsinn verfallen.
    »Nein « , sagte sie, ohne diesen Gedanken auch nur für einen Augenblick in Erwägung zu ziehen. »Du wirst nicht wahnsinnig .«
    »So sicher, Gildenjägerin ?« Reine Höflichkeit, denn sein Ton sagte ihr, dass er in ihrer Äußerung nichts als eine Floskel sah.
    Sie hob den Kopf, um ihm in die Unterlippe zu beißen. »Dein Geschmack hat sich tief in meine Zellen eingegraben. Du bist der Regen und der Wind und manchmal die klare, weiße Schärfe des Meeres. Ich wüsste es sofort, wenn sich etwas verändert hätte .«
    Er lehnte sich zurück, sodass sie sich aufsetzen konnte, dann schwang er die Beine über die Bettkante und saß mit dem Rücken zu ihr, die wundervollen Flügel ausgestreckt. Jede Faser jeder einzelnen Feder hatte eine goldene Spitze, die selbst im trüben Licht, das durch die Fenster raunte, glitzerte. Eine fatale Verlockung für Sterbliche – und ehemals Sterbliche.
    Als Elena gerade die Hand ausstreckte, um dem Wunsch nachzugeben, sie zu berühren, sagte er: »Du lügst uns beiden etwas vor .«
    Mit einem Stirnrunzeln raffte sie das Bettlaken um sich – wobei sie es am Rücken tief durchhängen ließ, damit ihre Flügel Platz hatten – und kletterte aus dem Bett, um sich vor ihm aufzubauen. »Wovon sprichst du ?«
    Er hob den Kopf. Sein Gesicht war so frei von Emotionen, dass sie das Gefühl hatte, sich an der makellosen Schönheit schneiden zu müssen, so scharf und rein war sie. »Hat sich Urams Geruch verändert ?«
    Säure und Blut und … Sonnenlicht.
    Sie zitterte bei der Erinnerung an den Erzengel, der dem Blutrausch verfallen gewesen war, und ihr Knöchel erinnerte sich an die Schmerzen, dort, wo Uram ihn zertrümmert hatte – nur um sie schreien zu hören. »Ich habe ihn erst kennengelernt, nachdem er die Grenze zum Wahnsinn überschritten hatte « , sagte sie in dem Wissen, dass dieses Gespräch mehr als wichtig war. »Ich kann nicht einschätzen, wie er sich vorher für meine Sinne angefühlt hätte – es ist möglich, dass das Blut und die Säure in seinem Geruch von dem stammten, was aus ihm geworden ist, und nicht von dem, was er vorher war .«
    Raphael sah nicht überzeugt aus. Aber er verwarf das Argument auch nicht, sondern stand auf und zog seine Hose an. »Es lässt sich nicht länger vermeiden. Ich muss mit Lijuan sprechen … «
    Eine unheimliche Kälte erfüllte den Raum, und ein Prickeln der Angst breitete sich über Elenas Nacken aus. »Es ist fast, als könnte sie es hören, wenn du ihren Namen sagst .«
    Raphael nannte sie nicht abergläubisch. Ja, sagte er stattdessen, wir können nie wissen, was Lijuan jetzt im Wind hört. »Ich kann die Tatsache nicht ignorieren, dass mein … Zorn immer dann auftritt, wenn sich ein Uralter dem Erwachen nähert. Als eine der Ältesten unter uns ist Lijuan die Einzige, die vielleicht eine Erklärung dafür hat .«
    »Ichkommemitdirmit .«