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Gilde der Jäger: Engelsdunkel (German Edition)

Gilde der Jäger: Engelsdunkel (German Edition)

Titel: Gilde der Jäger: Engelsdunkel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nalini Singh
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leisten, wo sich die Maden über sie hermachen konnten.
    Jason erwiderte nichts auf ihre Entschuldigung, sondern wandte sich ab, ging aus dem Zimmer und stieg die Treppe zur Eingangstür hinauf. Er machte ihretwegen keine kleineren Schritte, und so musste sie beinahe rennen, um mit ihm mitzuhalten. Der elegant gewickelte Stoff ihres Sari blähte sich um sie. Atemlos fragte sie sich, ob er sie vor den Wachen demütigen wollte. Wenn das der Fall war, würde er lange warten müssen – die Wachen hatten sie in viel demütigenderen Situationen gesehen.
    Der Knall einer Peitsche.
    Feuer auf ihrem Rücken, klebrige Flüssigkeit lief über ihren aufgerissenen Körper.
    Vor den noch immer verschlossenen Türen blieb Jason abrupt stehen, und seine Stimme setzte der Erinnerung an die Bestrafung, die Mahiya in Nehas privatem Innenhof hatte erdulden müssen, ein Ende, bei der der Oberste der Wache die Peitsche geführt hatte.
    »Wo ist meine Unterkunft?«, fragte er mit so klarer Stimme, dass sie sich – nicht zum ersten Mal – fragte, ob er auch singen konnte.
    »Im Palast auf der anderen Seite des Hofs«, sagte sie und konnte nur knapp verhindern, dass ihr Flügel über seinen strich, als sie selbst in ihrer Vorwärtsbewegung innehielt.
    Einen Mann wie Jason durfte eine Frau nicht ohne Aufforderung berühren.
    Jetzt öffnete er die Tür und ließ sie vorangehen. Höflichkeit, dachte sie – er hatte ihr schon vorher den Rücken zugekehrt, nachdem er sie als Bedrohung offenbar eindeutig abgetan hatte. Sie war zu pragmatisch, um beleidigt zu sein. Wenn Jason sie angreifen wollte, hätte sie ihn durch nichts daran hindern können. In dieser Festung lebten zwar Hunderte von Kriegern aber Mahiyas einziges Training in Angriffs- oder Verteidigungstechniken beschränkte sich auf das, was sie sich beim heimlichen Beobachten der Trainingsstunden anderer hatte abgucken können.
    Und niemand konnte ein meisterhafter Kämpfer werden, wenn er nur zusah und anschließend versuchte, die Bewegungen in der Abgeschiedenheit eines Schlafzimmers oder der Berge zu wiederholen – nicht einmal eine Frau, die fest entschlossen war, sich auf jede ihr mögliche Art zu schützen. Aber sie konnte auch niemanden um Hilfe bitten, denn den Preis dafür konnte sie niemandem zumuten.
    Ihre ersten zarten Freundschaftsbande als Erwachsene hatten zur Folge gehabt, dass dem betreffenden Engel für ein Vergehen, das nach außen hin nichts mit ihr zu tun hatte, beide Arme und Flügel abgetrennt worden waren. Niemals würde Mahiya vergessen, wie sein Blut über die Steine im Hof der Krieger geflossen war und den Granit beinahe schwarz hatte erscheinen lassen, während die Schreie von den Wänden der umstehenden Kasernen widerhallten.
    Mahiya hatte die grausame Lektion gelernt und nie wieder versucht, Bindungen mit anderen aus der Festung einzugehen, bis man sie schließlich für arrogant gehalten hatte. Lieber das, als noch einmal solche Schreie wie die des jungen Engels hören zu müssen, die noch immer in ihren Ohren gellten, obwohl er schon längst wiederhergestellt war.
    »Niemand sieht Jason kommen. Niemand.«
    Diese Worte, die sie einmal mitangehört hatte, hallten in ihrem Kopf wider, als sie den Hof erreichte. Sie hörte, wie er etwas zu den beiden Engeln an der Tür sagte, bevor er wieder neben ihr auftauchte. Während sie den Hof überquerten, um zu dem Palast auf der Gebirgsseite zu gelangen, warf sie einen Blick auf seine Flügel. Sie hatte erwartet, dass sie vom abnehmenden Mond versilbert wären, wie es mit den schwarzen Fasern in ihren eignen Flügeln geschah, aber auf Jasons Rücken war nichts als Finsternis – hätte sie nicht gewusst, dass er ein Engel war, sie hätte den Meisterspion für einen Vampir gehalten.
    Obwohl es unhöflich war, starrte sie ihn blinzelnd an. »Wie machen Sie das?«
    Er fragte nicht, was sie meinte. »Eine natürliche Begabung, die ich perfektioniert habe.«
    Während sie die Treppenstufen zu dem Palast hinaufstiegen, in dem Jason für die Dauer seines Aufenthalts wohnen würde, war sie sich der Tatsache vollauf bewusst, dass dieses Raubtier – faszinierend und auf düstere Art anziehend – mit Ausnahme von Neha das Gefährlichste war, dem sie je begegnet war. Zwar wurde der Palast nicht sichtbar bewacht, aber nur ein Dummkopf konnte glauben, er stünde nicht unter ständiger Beobachtung.
    Als Mahiya durch die geöffnete Tür trat und sich umdrehte, um Jason hereinzubitten, zögerte er. »Sie wohnen hier.«
    »Ja.«

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