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Gilde der Jäger: Engelsdunkel (German Edition)

Gilde der Jäger: Engelsdunkel (German Edition)

Titel: Gilde der Jäger: Engelsdunkel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nalini Singh
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ließ er sie wieder sinken. Er war sich sicher, dass sie während der qualvollen Schläge bei Bewusstsein gewesen war, gelähmt und hilflos wie ein Kleinkind.
    Raserei und Gewalt, die Handschrift des Täters war unverkennbar. »Erkennen Sie sie wieder?«, fragte er Neha. Er wusste, dass sie gerade erst von Eris’ Bestattung auf dem Berggipfel zur Erzengelfestung zurückgekehrt war. Offenbar hatte sie danach, wie es Brauch war, ein Bad genommen, als sie die Nachricht von diesem Todesfall erhielt. Das verrieten ihm ihre schweren, feuchten Haare, die sie im Nacken zu einem Knoten zusammengefasst hatte, sowie die einfache, hellblaue Tunika über einer weißen Hose.
    »Sie hieß Shabnam.« Im Tonfall des Erzengels lag offene Trauer. »Sie war eine meiner dienstältesten Hofdamen.« Neha ging neben dem schlimm zugerichteten Kopf der Vampirin in die Hocke, ohne sich darum zu kümmern, dass ihre Flügel dabei über den kühlen, blutbefleckten Marmor schleiften, und streckte die Hand aus, um Shabnams Lider über den braunen Augen zu schließen, die im Tod trüb geworden waren. Mit einem Funken ihrer Macht sorgte sie dafür, dass sie geschlossen blieben. »Vor nicht ganz einer Stunde habe ich Eris’ Asche vor den Augen seiner schluchzenden Mutter verstreut, und jetzt muss ich Shabnams Familie über ihre Ermordung informieren.«
    Unter der Trauer hörte Jason einen Zorn in Nehas Stimme, der für ihn ein weiteres Rätsel war. »Erzählen Sie mir etwas über sie?«
    »Sie war ein schöner Schmetterling«, sagte Neha. Als sie aufstand, waren ihre Bewegungen schwerfällig, so als würde die Trauer sie niederdrücken. »Hübsches Zierwerk, dem Glanz und Glitzer wichtig waren. Sie hatte weder eine schwarze Seele, noch war sie politisch geschickt. Sie hat es in meinem Hofstaat einzig deshalb so weit gebracht, weil mir ihre unschuldige Art gefiel.« Ein Lächeln auf ihren Lippen. »Von allen Frauen, die mir dienen, war sie die harmloseste.«
    Und doch war sie mit entsetzlicher Grausamkeit umgebracht worden. Jason war nicht so arrogant zu glauben, er könne jede von Nehas Stimmungen ergründen, aber ihr Kummer wirkte echt. Zwar hielt er es für möglich, dass sie Eris in eifersüchtiger Raserei ermordet hatte, aber dass sie unschuldiges Blut vergossen haben sollte, während sie sich darauf vorbereitete, ihrem Gemahl ein letztes Lebewohl zu entbieten, überstieg die Grenzen des Vorstellbaren. Selbst wenn sie es getan hätte – in einem von Trauer oder Schuld ausgelösten Wahn –, gäbe es keinen Grund für sie, etwas vorzutäuschen. So grausam es auch klingen mochte, aber Neha hätte das Recht gehabt, Shabnam zu töten.
    »Glaubst du, es war die gleiche Person, die Eris ermordet hat?«, fragte Neha. Der kalte Zorn eines Erzengels umgab ihre Flügel mit einem schwachen Lichtschimmer.
    »Vielleicht.« Jason erhob sich aus seiner Hockstellung neben der Toten. »Es könnte auch ein Versuch gewesen sein, den Mord an Eris zu benutzen, um ein anderes Verbrechen zu vertuschen. Eines, das nichts damit zu tun hat.« Shabnam war zu Lebzeiten gewiss eine atemberaubende Frau gewesen. »Hatte sie einen Geliebten?«
    »Ja. Aber Tarun ist in meinem Auftrag nach Europa unterwegs – er kann es nicht gewesen sein.«
    Jason nahm sich vor, Taruns Aufenthaltsort persönlich zu überprüfen. Es mochte eine Binsenweisheit sein, aber meistens war es tatsächlich der Geliebte, der für den Mord an einer Frau verantwortlich war – ob sie nun sterblich war oder nicht. Eine gewisse Dunkelheit kannte keine Grenzen. »Gibt es sonst jemanden, der etwas gegen sie gehabt haben könnte?«
    Neha wechselte zu einem Teil der Terrasse hinüber, der sich in breiten Stufen zu einem überdachten Gang hin absenkte, welcher wiederum zu einer weiteren, tiefer gelegenen Terrasse führte. »Sie war eine Hofdame, Jason. Ich weiß nicht viel über ihr Leben.«
    Natürlich nicht.
    Anders als Raphaels Sieben dienten Nehas Hofdamen ihrer Unterhaltung und ihrem Amüsement und sorgten ansonsten für ihren Komfort. Sie waren aus den Gedanken des Erzengels verschwunden, sobald sie dessen Blickfeld verließen. »Könnte ich mit den anderen Hofdamen sprechen, die Ihnen dienen?« Außerdem würde er Samira aufsuchen und sie nach ihrem Eindruck von Shabnam und Tarun fragen.
    »Ja.« Neha breitete die Flügel aus. »Mahiya wird wissen, wo sie zu finden sind.« Mit diesen Worten flog sie von der Terrasse davon. Ein Engel voller Eleganz und Macht … an dessen Händen in dunklem Rubinrot das

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