Gildenhaus Thendara - 7
Verbindung mit Jaelle war, und obwohl sie es damals nicht gesehen hatte erst Camilla hat mir die Augen dafür geöffnet -, war es die ganze Zeit dagewesen.
Und Jaelle, die meinen Mann geheiratet hat, die ihm das Kind schenken wird, das ich ihm verweigert habe… Entschlossen wandte sie sich von diesem Gedanken ab. Was sie bewogen hatte, Jaelle zu folgen, war nicht derartig kompliziert. Sie hatte geschworen, Jaelle zu verteidigen, und Jaelle, die allein, krank und schwanger einem verrückten Impuls gefolgt war, brauchte sie.
Nein. So würde ein Außenseiter denken, aber sie kannte Jaelle besser. Als Jaelle Alessandro Li folgte, war sie geistig ebenso klar gewesen wie sie selbst.
Li wußte sicher nicht, auf was er sich einließ. Jaelle dagegen wußte es genau und hatte für ihn die Verantwortung übernommen. Sie hatte getan, was sie tun mußte, und Magda, die wiederum ihr folgte, tat es ebenfalls. Magda erreichte die höchste Stelle des steilen Pfades und hielt an. Im Westen war die Wolkendecke aufgerissen. Kränklich-fahles Licht fiel dort ein, und ab und zu tauchte die leuchtende Scheibe des größten Mondes hinter den schnell dahinziehenden Wolken auf. Im Osten war alles dunkel, und nur das tiefere Schwarz der Berge hob sich vom Himmel ab. Gelegentlich umspielten Blitze einen Gipfel. Hier oben blies der Wind so heftig, daß Magdas Pferd sich umdrehte und ihm den stämmigen Rumpf zukehrte. Der Regen fiel weniger dicht, aber immer noch reichlich. Magda verfolgte den Pfad unter ihr mit den Augen, so weit es möglich war, und hoffte gegen besseres Wissen, die kleine Gestalt zu entdecken, die sie in ihrer Vision - war es eine Vision gewesen? - gesehen hatte. Aber die undurchdringliche Finsternis der Nacht und der Sturm verhüllten zwischen den Hügeln den Weg. Irgendwo flackerte ein Licht. Ein Bauernhof, wo jemand immer noch an einem offenen Feuer saß, dessen Schein durchs Fenster fiel? Die Flamme eines Lagerfeuers, wo Jaelle - oder Li - Schutz vor dem Unwetter gefunden hatte? Oder drängte sich eine Räuberbande unter einem Felsdach zusammen und wartete auf das Ende des Regens? Sie konnte es nicht sagen.
Verdammt, ich sehe ein, daß Laran auf einem Planeten wie diesem eine simple Überlebenstechnik darstellt. Das war eine ihr fremde Überlegung, und Magda fragte sich, wo sie den Gedanken aufgefangen haben mochte. Es hatte keinen Sinn, hier auf der ungeschützten höchsten Stelle des Passes sitzenzubleiben. Magda zog ihr Pferd herum und klopfte dem Tier, das sich nur widerwillig dem Wind zudrehte, mitfühlend den Hals. Nun ging es bergab. Der Weg war uneben und vom Regen ausgewaschen, der nur schwere Steine und Geröll zurückgelassen hatte. Sogar in dieser Höhe war der meiste Schnee geschmolzen. Merkwürdige blumige Düfte, der Geruch nach Harz und nach Pollen lagen in der Luft. In dem kurzen Sommer des Berglandes sproßte und blühte es jetzt überall. Bei Sonnenaufgang würde sie sicher überall Blumen erblicken. Von irgendwo floß ihr ein Bild zu, ein Hang, bedeckt mit blauen Blüten und fliegendem goldenem Blutenstaub. Vielleicht hatte sie so etwas einmal auf einer ihrer Reisen mit
Peter gesehen, als sie zusammen im Einsatz waren? Es gab da etwas, woran sie sich in Zusammenhang mit diesem Blüten erinnern müßte. Nun, zweifellos würde es ihr wieder einfallen.
War es möglich, die Nacht durchzureiten? Magda hatte in der Nacht zuvor nur wenig Schlaf gehabt. Aber ihr Pferd war frisch, und da Jaelle mindestens zwei Stunden Vorsprung hatte, konnte sie eine Weile im Sattel dösen. Es war ausgeschlossen, daß sie im Dunkeln an ihr vorbeiritt. Jaelle würde an einer so steilen Lehne wie dieser kein Lager aufschlagen. Das Glucksen der Rinnsale auf dem Hang und das Rauschen der vom Regen angeschwollenen Bäche im Tal klangen Magda laut in die Ohren, und dazu kam das ungleichmäßige Klappern der Pferdehufe auf dem bergab führenden Weg. Nicht einmal Alessandro Li hätte ihn für eine Hauptstraße angesehen. Hatte er die Konsequenzen gezogen und war umgekehrt? Nein, denn dann wäre Jaelle oder sie ihm begegnet - hier oben gab es keine Stelle, wo man vom Weg abweichen konnte, er war kaum breit genug für zwei Pferde nebeneinander. Magdas Kapuze schützte ihr Gesicht vor dem Regen, und sie war warm angezogen, aber der Wind war so scharf, daß sie trotzdem erschauerte und sich ganz darauf konzentrieren mußte, im Sattel zu bleiben, während sich ihr Tier vorsichtig einen Weg durch die Rinnen des Pfades suchte.
Durch eine
Weitere Kostenlose Bücher