Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gilgamesch - Der Untergang

Gilgamesch - Der Untergang

Titel: Gilgamesch - Der Untergang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Geist
Vom Netzwerk:
Truppe, die es mit ihrer Ausrüstung leicht mit der hiesigen Polizei aufnehmen kann“.
    Dabei schaute er zu Sven. Sven hatte genug gehört. Er erhob sich leise und verließ den Raum. Vieles hatte er bereits gewusst, doch die Informationen über die Pilze brachten ihn auf die Idee, die Blutproben von Herbert und Christopher auf Pilzhalluzinogene nicht nur heimischer-, sondern auch mittelamerikanischer Pilze untersuchen zu lassen. Schließlich kam die Kalenderscheibe aus dieser Region, und vielleicht gab es eine Verbindung der Communitas Saturni nach Yucatán.
    Als er draußen auf dem Gang war, nahm er sein Handy und wählte die Nummer des Polizeilabors. Nach einem kurzen Gespräch schob er es zurück in seine Jackentasche.
    Ihm brummte der Schädel. Es gab so viele verworrene Details in dieser Geschichte, die wie Puzzlesteine auf dem Tisch lagen, und so sehr man sich auch bemühte nur beinahe aber nicht wirklich zusammenpassten.
    Er konnte sich gut an seine Kindheit erinnern, als er der Puzzlekönig der Familie gewesen war, und sein jüngerer Bruder ihn ärgern wollte, indem er ihm heimlich Teile eines anderen Bildes in seinen Haufen mischte. Es hatte ihn schier zum Wahnsinn getrieben, denn die beiden Bilder waren sich sehr ähnlich. Als sein Bruder es ihm schließlich beichtete, hatte er eine solche Wut gehabt, dass er ihn verprügelte.
    Jetzt konnte er niemanden verprügeln, auch wenn ihm danach war. Er wollte ins Haus der Saturnbrüder stürmen und ihnen ins Gesicht brüllen, was sie sich eigentlich dabei dachten, mit ihren bescheuerten Ideen die Menschen in Angst und Schrecken zu versetzen, und ein kleines Mädchen zu entführen, das mit alledem nichts zu tun hatte.
    Er schüttelte die Wut ab, sank in sich zusammen und setzte sich einen Moment lang auf die Stufen der Treppe ins Obergeschoss. Sven stützte den Kopf in die Hände und massierte sich die schmerzenden Schläfen. Waren einfach alle Menschen auf ihre Art verrückt?
    Er selbst war so verrückt gewesen zu glauben, er könne mit Carolin noch einmal ganz von vorne anfangen. Er hatte sich, wenn auch nur für eine kurze Zeit, in einer Traumwelt verloren und die Realität ausgeblendet, die bedeutete, dass er sie vor die Entscheidung stellen würde, zwischen ihm und ihrer Familie zu wählen. Plötzlich lachte er bitter.
    Vielleicht musste man den kategorischen Imperativ Kants in dieser verrückten Zeit auf einen aktuellen Stand bringen, der lauten könnte: Wähle deinen Irrsinn so, dass er keines anderen Menschen Lebensglück zerstört oder wenigstens keines anderen Menschen Leben kostet.
    Sein Lachen ging in ein tiefes Atmen über, mit dem er seine Lungen voll frische Luft pumpte, so als könne er damit den allgegenwärtigen Schmutz seines dreckigen Jobs aus sich hinausspülen.
    Er spannte die Muskeln an und stand auf. Als er in das Büro des Großmeisters zurückkehrte, war dieser nicht da. Sven setzte sich vor den großen Schreibtisch und inspizierte die gewaltigen Bücherregale, die bis unter die Decke reichten, sodass man die obersten Reihen nur mit einer verschiebbaren Holzleiter erreichen konnte. Die Bücher waren alphabetisch geordnet, was Sven etwas pedantisch erschien, doch bei der riesigen Auswahl war das wohl die einzige Möglichkeit, einen Überblick zu behalten.
    Er stand auf und ging neugierig zu den Autoren, die bei H einsortiert waren. Ohne besonderen Grund wollte er sehen, ob Dr. Hermann Hesse Werke seines Namensvetters besaß. Offensichtlich war seine Liebe zu Hesse nicht sonderlich ausgeprägt. Da standen Der Steppenwolf und Unterm Rad . Abgerundet wurde die Hesseabteilung aber von einem ihm unbekannten Autor, der Martin Hesse hieß.
    Neugierig zog er das schmale Büchlein heraus, das den Titel trug:
    Handel und Handwerk mittelamerikanischer Hochkulturen .
    Auf dem Umschlag war das Bild eines sympathischen jungen Mannes abgebildet, der auffallende Ähnlichkeit mit dem Mann hatte, der für gewöhnlich auf der anderen Seite des Schreibtisches saß. Offensichtlich handelte es sich um einen der Söhne, der als Wirtschaftswissenschaftler Karriere machte. Sven blätterte planlos durch das Buch, blieb dann aber an einer Stelle hängen, die ihn aufmerken lies.
    Menschenopfer gab es zu religiöse Zwecke bei nahezu allen mittelamerikanischen Völkern. Es kam auch zur Opferung enger Familienangehöriger sowie Selbstopferungen als höchste Huldigung an die Götter. Man muss sich deshalb von der falschen Vorstellung lösen, darin einen Akt der Barbarei

Weitere Kostenlose Bücher