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Gilgamesch - Der Untergang

Gilgamesch - Der Untergang

Titel: Gilgamesch - Der Untergang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Geist
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das Prinzip des ewigen Wachstums und der Gier nach Rendite ohne Wertschöpfung ein für alle Mal abschaffte. Sie wollten landesweit kleine Zellen bilden, in denen die Umprogrammierung der Menschheit stattfinden sollte, ganz so, wie es die Funktion der Klöster im dunklen Mittelalter gewesen war. Auch dort wurde unter der strengen Leitung eines Abtes die Weisheit der Antike in Bibliotheken bewahrt und in den Klosterschulen unterrichtet.
    Menschen mit Weitblick hatten sich damals hinter Klostermauern verschanzt, um die Zeit des Chaos zu überdauern zwischen dem Untergang Roms und der Renaissance, für eine Zeitspanne, die einherging mit Kriegen, Chaos und Anarchie, gefolgt von Seuchen und Pestepidemien. Die Zerstörung der römischen Aquädukte und Abwassersysteme wie auch des Wissens um die Bedeutung von Hygiene für die Gesundheit schuf eine Gesellschaft, die in ihrem Gestank dahinsiechte und schließlich nach teuren Parfüms lechzte wie Verdurstende nach Wasser.
    Die christlichen Klöster und Kirchen hatten dennoch auf eine perfide Weise versagt. Sie verrieten den Mann, auf den sie sich beriefen, Jesus Christus, der sie Mitmenschlichkeit und Barmherzigkeit gelehrt hatte. Sie beteten wie alle anderen den Mammon an und mussten weggefegt werden durch die neue Weltordnung, die die Communitas Saturni anstrebte.
    Heute Nacht würde an der Wall Street eine Panik ausbrechen, die alle schwarzen Freitage in den Schatten stellen sollte. Der Zusammenbruch der amerikanischen Währung war nicht aufzuhalten. Es wäre der Funke, der binnen kürzester Zeit die gesamte explosive Blase ungedeckter Kredite zur Detonation brächte.
    Die Chinesen hatten beschlossen, sich aus dem monetären Wahnsinn der Globalisierung zurückzuziehen. Sie hatten beschlossen, ihre Währungsreserven in Höhe von immer noch drei Billionen Dollar auf den Markt zu werfen und kauften bereits Unmengen Gold und Rohstoffe dafür, was alleine schon die Preise in schwindelerregende Höhen trieb und eine toxische Inflation anheizte. Ihr Land war so riesig, dass sie es sich leisten konnten, die Grenzen zu schließen und von ihrem Binnenmarkt zu leben. Sie hatten sich an ihre Wurzeln als alte und mächtige Hochkultur erinnert, und daran, dass dies auf einer Unabhängigkeit beruhte, die über Jahrtausende funktionierte, als noch niemand etwas von Amerika gehört hatte.
    Der Austausch der alten Betonköpfe in der Regierung durch junge Intellektuelle wurde gerade vollzogen. Ihre Eltern waren Immigranten im Land der unbegrenzten Möglichkeiten gewesen, die sich abrackerten, um ihre Söhne und Töchter auf amerikanische Universitäten zu schicken.
    Diese kehrten als Weltverbesserer mit einem demokratisch-ökologischen Campus-Idealismus nach China zurück, der die Rettung und Bewahrung der Welt für die nachfolgenden Generationen zum Ziel hatte.
    Dieser Idealismus ließ sich mit der monetären Realität sowie der Politik der kapitalistischen Systeme nicht in Einklang bringen.
    Sie erkannten, dass der Transport von Billigwaren um die halbe Welt weder ökologisch noch ökonomisch sinnvoll war, und Globalisierung eine gigantische Verschwendung an Ressourcen mit dem Ziel, die Reichen reicher und die Armen ärmer zu machen.
    Sie würden heute Nacht mit der Nachricht, die Grenzen zum Rest der Welt für unbestimmte Zeit zu schließen, an der Wallstreet die Bombe platzen lassen. Wer hätte sich noch vor zehn Jahren vorstellen können, dass gerade die Chinesen eine neue, bessere Weltordnung anstrebten, die allen ein Leben in Würde ermöglichen, und die Produktion wie den Konsum von Gütern regional organisieren sollte?
    Vor allem aber wollten sie sich von jenem Wirtschaftssystem lösen, das nur durch unbegrenztes Wachstum in einer begrenzten Welt funktionieren konnte und deshalb immer in einer Katastrophe enden musste. Sie hatten die zentralistische Machtstruktur, um das Wirtschaftsmodell Herman Dalys durchzusetzen, dessen Vorlesungen der junge chinesische Ministerpräsident als Student an der Louisiana State University begeistert gehört hatte.
    Dazu gehörten eine Verstaatlichung des kompletten Bankensystems und die Schließung aller Börsen, um mit einer neuen Währung, die nicht in Fremdwährungen konvertiert werden durfte, eine Eigenkapitalquote von hundert Prozent zu erreichen. Finanzkrisen sollten damit der Vergangenheit angehören.
    Dalys Wirtschaftstheorie basierte weiter auf einem steady state Ansatz, einem langfristigen Gleichgewicht ohne zwanghaftes Wachstum, wie es auf

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