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Gilgamesch - Der Untergang

Gilgamesch - Der Untergang

Titel: Gilgamesch - Der Untergang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Geist
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isolierten Südseeinseln über Jahrhunderte erfolgreich praktiziert worden war. Der Ministerpräsident ging davon aus, dass das Ziel nur auf einer Insel zu erreichen sei. Deshalb würden sie zügig sämtlichen Außenhandel unterbinden und damit die Fremdbestimmung durch jenes säulenbewehrte, mit Computern vollgestopfte Irrenhaus an der ehemaligen Stadtmauer von Manhattan beenden.
    Sobald sie das neue Wirtschaftssystem erfolgreich etabliert hätten, würden sie es dem Rest der Welt als Alternative für eine Zukunft anbieten, die auf Nachhaltigkeit und ein menschenwürdiges Leben aller zukünftigen Generationen setzte. Es war eine Ironie des Schicksals, dass die Idee von einem Amerikaner stammte, dessen Heimatland sie damit den Todesstoß versetzten.
    Martin Hesse hatte durch Zufall diese brisanten Informationen erhalten. Er hatte in einem Internetforum, in dem sich Wissenschaftler aus allen Fachrichtungen trafen, einen jungen Chinesen kennengelernt, der Erstaunliches über die Situation seines Landes berichtete. Sie waren sich von Anfang an sympathisch gewesen, sodass sie es nach kurzer Zeit vorzogen, dem Rummel des stetig wachsenden Forums zu entgehen, indem sie sich in einen privaten Chatraum zurückzogen, den sie mit einer Verschlüsselung hermetisch absicherten.
    Es war der Wunsch seines chinesischen Gesprächspartners gewesen, den Martin zunächst für etwas paranoid hielt, hinter dessen Online-Namen sich aber kein anderer verbarg als der Sohn des chinesischen Ministerpräsidenten.
    Sie wurden Freunde und Martin gelangte an Informationen, mit denen er an der Börse ein Vermögen hätte verdienen können.
    Es interessierte ihn nicht. Schlagartig wurde ihm klar, dass ein wirtschaftlicher Zusammenbruch unmittelbar bevorstand, von dem sich die alte Weltwirtschaft, die ohnehin noch immer in der größten Krise der Nachkriegszeit steckte, nicht mehr erholen könnte. Er versuchte den Sohn des Ministerpräsidenten zu bewegen, seinem Vater die Gefahr einer weltweiten Destabilisierung vor Augen zu führen, dennoch hielt er im Grunde den Kurs der Chinesen für richtig und erhoffte sich davon eine echte Alternative für den entgleisten Raubtierkapitalismus des einundzwanzigsten Jahrhunderts. Vielleicht musste man alles niederbrennen, um Platz für einen Neuanfang zu schaffen. Chaos stand vor jedem neuen Kosmos, doch Martin hatte nackte Angst vor der Unberechenbarkeit der Zeit des Übergangs, die dazwischen lag.
    Er wollte seinen Vater selbstverständlich auch auf dem gesicherten Anwesen einquartieren, doch zum einen hatte dieser seine ökonomischen Weltuntergangbefürchtungen nie Ernst genommen, und zum anderen war er Großmeister der Fraternitas Rosae , und Martin war sich sicher, dass deren Ehrenkodex ihn verpflichtete, so viele Menschen wie möglich zu retten und in das Haus zu stopfen, um am Ende selbst draußen zu bleiben.
     
    Also war es unabdingbar alle Vorbereitungen ohne sein Wissen abzuschließen und ihn erst im letzten Augenblick mit seinem oder gegen seinen Willen zu retten. Martin hatte niemals die Nähe zu ihm gehabt wie sein älterer Bruder Andreas, der die Wünsche seines Vaters immer erfüllte oder wenigstens respektierte.
    Martin war schon als Kind trotzig gewesen und hatte immer die Konfrontation gesucht. Das war für die Schulzeit und auch die Zeit des Studiums so geblieben und obwohl er seinem Vater durch sein Wissen und die Karriere, die er an der Universität Hohenheim machte, ebenbürtig wurde, hatte sich das alte Spiel der konkurrierenden Hassliebe irgendwie verselbstständigt. Keiner der beiden konnte schließlich mehr über seinen Schatten springen, denn Starrsinn lag nun mal in den Genen der Hesses. Hermann Hesse hatte seine beiden Söhne immer an seiner Seite haben wollen als Mitglieder und vielleicht einmal Nachfolger seines oder eines anderen hohen Postens in der Rosenbruderschaft, war mit seinem Ansinnen aber kläglich gescheitert.
    Bei Andreas war es Desinteresse und bei Martin der alte innere Druck, auf keinen Fall das zu tun, was der Vater tat.
    Er hatte es schließlich aufgegeben und sich damit abgefunden, dass seine Söhne ihre eigenen Wege gingen. Was ihm blieb, war sie mit stiller, väterlicher Bewunderung zu begleiten und über die üblichen Familienfeste den Kontakt zu ihnen nicht zu verlieren.
    Hermann Hesse war beunruhigt. Das Weihnachtsfest stand vor der Tür, und während Andreas sein Kommen zugesagt hatte, bekam er von Martin nur ausweichende Antworten. Martin sprach von einer

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