Gilgamesch - Der Untergang
Adeodatus hätte nach dem Tod Leos mit dem heiligen Satan ein unschlagbares Gespann abgegeben“.
„Gregor?“
„So ist es. Doch er wurde von diesen pathetischen Wirrköpfen, Gebhard und Wilhelm und ein paar anderen Gestalten, die sich wieder mal die Ritter der Rose nannten, aufgehalten. Wir hatten das Ziel so dicht vor Augen“.
Gryphius schlug sich mit der rechten Faust in die linke Handfläche.
„Sie wissen, dass ich zu den Rosenkreuzern auf dem Wimberg gehöre. Inzwischen ist meine Mitgliedschaft lediglich Tarnung meiner wahren Tätigkeit als Großmeister der Communitas Saturni . Dennoch sind dort meine Wurzeln, und ich verdanke den Rosenkreuzern den ersten Kontakt mit der Geschichte des Arcanum s. Johann Valentin Andreä muss selbst die Adeodatusgeschichte in Händen gehalten haben, doch niemand hat die wahren Zusammenhänge erkannt, die er verschlüsselt in der Lebensgeschichte des Christian Rosencreutz niederschrieb. Sven Richters Vater fand die Vita Adeodati vor vielen Jahren auf dem Odilienberg. Er und seine Familie waren damals ebenfalls Rosenkreuzer, und so kam er mit seiner Entdeckung zu mir. Leider konnte ich ihn nicht davon überzeugen, mir das Buch zu besorgen, sodass ich es selbst aus der Bibliothek des Klosters in Sicherheit bringen musste. Ich alleine habe die Tragweite dieser Geschichte erkannt, und jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, um den Mann zurückzuholen, der schon viele Namen trug“.
Die wasserblauen Augen des Herrn Gryphius schienen in der Dunkelheit zu leuchten.
„Petrus, der erste Apostel des Fischezeitalters, nannte ihn Simon Magus. Heute ist sein Tag. Ich weiß jetzt, dass Sie der Auserwählte waren, seit Beginn des alten Äons, das nun zu Ende geht. Mit dem Blut des Nazareners können wir das Holz aktivieren. Wir werden korrigieren, was damals auf Golgatha in die falsche Richtung lief“.
Nun war es heraus. Christopher packte das nackte Grauen. Er sollte heute Nacht sterben, und dieser Wahnsinnige glaubte, er würde als der leibhaftige Satan wieder auferstehen. Er musste hier weg, und zwar schleunigst.
„Warum ausgerechnet ich?“, fragte er.
Herr Gryphius schien ihn nicht gehört zu haben und schaute geistesabwesend zu ihm hinunter.
„Ist es nicht seltsam, dass ihre Eltern sich für den Namen Christopher entschieden haben? Die Geschichte des Christusträgers, des christos pherein, wurde durch die Legenda Aurea im Abendland zu einem festen Bestandteil der Heiligenlegenden. Es ist die Geschichte des Atlas aus der griechischen Mythologie, der die Welt auf seinen Schultern trägt. Jener Christopher, der das kleine Jesuskind durch den Fluss getragen hat, ist geradezu das Sinnbild des Auserwählten“.
Herr Gryphius lächelte, dann räusperte er sich.
„Vielleicht ist ihr Name aber auch nur einer Laune ihrer Eltern zu zuschreiben“.
Das Lächeln auf seinen Lippen erstarb.
„Sie sind wie Adeodatus. Sie haben eine Kindheit erlebt, in der sie sich von allen Emotionen gelöst haben, um schließlich ein reiner Vernunftmensch zu werden. Dieser Zustand macht Menschen empfänglich. Sie sind leere Gefäße, in die man etwas Neues füllen kann. Zudem haben sie eine mediale Veranlagung, die in ihren kubanischen Genen liegt, auch wenn Sie es nicht wahrhaben wollen.
Doch ich bin mir nicht sicher, ob sie noch immer in diesem Maße geeignet sind. Sie durchlaufen leider eine emotionale Entwicklung, die uns nicht gefällt. Jesus wurde zu einem Philanthropen. Vielleicht hat es deshalb nicht geklappt. Die Liebe ist die stärkste Kraft der Seele, die sich gegen den Wirt der Antiwelt zur Wehr setzt. Wir müssen nun mit ihnen vorlieb nehmen. Es wird schon klappen“.
Herr Gryphius lächelte ihm erneut aufmunternd zu, so als wäre dies ganz in Christophers Sinne.
„Und Sie glauben, dass Ihr neuer Messias eine Art Weltdiktatur für Sie errichtet? Das kann doch nicht Ihr Ernst sein. Die Welt ist nicht wie zu Jesu Zeiten. Heute leben sieben Milliarden zu einem großen Teil aufgeklärte Menschen auf der Erde. Die laufen keinem wirren Messias mit düsteren Ansichten und noch düstererem Charakter hinterher“.
„Täuschen Sie sich nicht“, erwiderte Herr Gryphius, „in Judäa waren die Menschen reif für einen Messias, weil die Gesellschaft unter der römischen Herrschaft zerrüttet und destabilisiert war. Sie werden sehen, dass in weit größerem Maße jetzt dasselbe passiert. Die Chinesen schließen ihre Grenzen und bringen das monetäre System zu Fall. Das Schwarze Loch bedroht alles
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