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Gillian Shields - Der Zauber der Steine

Gillian Shields - Der Zauber der Steine

Titel: Gillian Shields - Der Zauber der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Band 3
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dauerte, konnte ich nicht abschätzen. Alles schien plötzlich wie ein Traum, aus dem ich einfach nicht erwachen konnte, aber schließlich wölbten sich die Tunnelwände nach außen. Wir hatten einen unterirdischen Hohlraum erreicht. Im Licht der Fackeln erkannte ich spiralförmig gedrehte Kristall- und Felsensäulen, wie die Pfeiler eines Tempels. Ein paar Schritte weiter breitete sich ein tiefschwarzer See aus, dunkler als die Finsternis der Höhle. Wir blieben stehen und warteten ab. Mein Herz raste. Irgendetwas war im Gange.
    Die Höhle war von einer geheimnisvollen Kraft erfüllt, einem Wesen, das nicht zur oberirdischen Welt gehörte. Ich hatte über Rebekkas Geschichten von bösen Geistern gelacht, aber jetzt war ich nicht mehr so sicher. So tief unter der Erde war alles möglich.
    »Wir sind wegen unseres Bruders hier. Gebt ihn frei!« Josefs Stimme dröhnte durch die Höhle und hallte mehrfach wider. »Gebt ihn frei, gebt ihn frei, gebt ihn frei …«
    Keine Reaktion. Doch einen Augenblick später war die Höhle von Donnern, Ächzen und Stöhnen erfüllt. Grimmige Gestalten, die grob geformten Erdklumpen ähnelten, tanzten im flackernden Licht der Fackeln. Damals kannte ich ihren Namen noch nicht. Aber heute weiß ich, dass es Kinsfolk waren, die Kreaturen der Erde, und sie waren aus ihrem langen Schlaf erwacht. Der wilde Klang von Trommeln dröhnte in meinem Kopf, so schmerzhaft laut, dass ich es kaum aushalten konnte.
    Nein! Ich kann nicht beschreiben, was nun geschah, niemals! In meinen Träumen erlebe ich es wieder und wieder, aber ich will nicht mehr daran denken müssen. Ich wünschte, ich könnte es aus meinem Gedächtnis reißen, so wie Fairfax mich aus den Klauen dieser Monster riss.
    Später, als ich blutend auf dem Hügelkamm im Schatten der schweigenden Steine lag, klangen ihre heiseren Schreie und die wirbelnden Trommeln immer noch in meinen Ohren – Ausdruck ihrer Wut, als sie herausfanden, dass sie betrogen worden waren. Und ich weiß, dass die Kinsfolk nicht ruhen werden, bis sie mich oder irgendein anderes unglückliches Mädchen gefunden haben, das den Platz als ihre dunkle und verfluchte Königin einnehmen kann und wird.

Siebzehn
    D as Donnergrollen und die Trommelschläge verstummten, und die Umrisse des Mädchens und der Männer verwehten im Wind.
    Ich lag im Zentrum des Steinkreises oben auf dem Hügel, ganz allein. Die Sonne versank am Horizont und machte einer bleischweren blauen Dämmerung Platz. Ich stand auf und strich mir die Haare aus dem Gesicht, dabei bemerkte ich, wie kalt mir war. Als hätte ich stundenlang auf dem feuchten Boden gelegen. Ich musste zurück, es war höchste Zeit. Aber was hatte ich eigentlich gesehen? War das wirklich Maria gewesen, damals, als sie den Unfall hier oben auf dem Blackdown Ridge hatte?
    Plötzlich hörte ich ein Geräusch. Starlight stampfte mit dem Huf und wieherte. Ich ging zu ihm hinüber, griff nach dem Zügel und sprach sanft auf ihn ein. Im nächsten Moment bemerkte ich, dass ich nicht allein war. Ein Reiter kam den Hügel herauf. Ich stand am Rand des Steinkreises und beobachtete ihn. Es war ein junger Mann, der auf seinem kräftigen Pferd saß, als sei Reiten für ihn das Selbstverständlichste der Welt. Er trug derbe Jeans und ein weit offenes Hemd, und sein verwuscheltes schwarzes Haar wehte im Abendwind.
    Er kam näher.
    Ich vergrub meine Finger in der Mähne meines Pferdes, was mir Wärme und ein Gefühl der Sicherheit gab, und wartete, bis der Junge sein Pferd zum Stehen brachte. Ich blickte in das vertraute Gesicht und versuchte, etwas zu sagen, doch mein Mund war vor Angst und Unsicherheit wie ausgetrocknet. Geschmeidig stieg er vom Pferd, dann sah er mich fragend an. Ein einsamer Vogel hoch über dem Blackdown Ridge sang sein süßes Lied.
    »Sarah.«
    »Cal.«
    Er kam näher, und ich wich verwirrt zurück. »Cal, was machst du hier? Ich dachte, du wärst weg und ich würde dich nie wiedersehen.«
    »Vertraust du mir nicht?«, fragte er und runzelte die Stirn. »Ich habe dir doch versprochen, dass ich zurückkomme.«
    »Du hast auch versprochen zu schreiben.« Ich versuchte, nicht vorwurfsvoll zu klingen, aber es gelang mir nicht. Ich fürchtete, Cal würde mit verletztem Stolz auf meine Worte reagieren, aber er zuckte nur mit seinen breiten Schultern und erwiderte ganz ruhig: »Ich bin nicht gut darin, Dinge aufzuschreiben. Überhaupt bin ich mit Worten nicht gut. Aber ich habe trotzdem geschrieben. Ich wollte dich etwas

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