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Gillian Shields - Der Zauber der Steine

Gillian Shields - Der Zauber der Steine

Titel: Gillian Shields - Der Zauber der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Band 3
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Evie, war nichts passiert. Unsere Mystische Schwester des Feuers hatte mir nicht geantwortet. Aber hier an ihrem Grab, diesem Ort der Kraft und der Geborgenheit, würde sie mir vielleicht ein Zeichen geben. Ich formte mit weißen Kerzen einen Kreis um ihr Grab, die schüchternen Flämmchen flackerten mutig in der zugigen Nachtluft. Dann verstreute ich Kräuter und Blütenblätter und benetzte den Boden mit einer Mischung aus Wasser und süßen Essenzen. Cal und Josh bewegten sich unruhig hin und her und achteten auf jedes Anzeichen von Gefahr.
    »Allmächtiger Schöpfer«, begann ich, »ich stehe hier, unschuldig, ohne Fehl und Tadel. Ich bitte für meine Schwestern Helen und Evie und für unsere Wächterin Miss Scratton. Sie sind in den Händen unserer Feinde. Lass mich mit unserer Schwester Agnes sprechen, ich brauche ihre Unterstützung.«
    Ich nahm den Talisman aus meiner Tasche und hängte ihn über die ausgestreckte Hand des steinernen Engels. »Agnes, empfange, was dir gehört. Sprich zu mir.«
    Nichts geschah. Mein Magen zog sich zusammen. Würde sie wieder nicht antworten? Der Wind wurde stärker und rauschte durch die Zweige der Bäume. Die Hügel um uns herum wirkten abweisend und bedrohlich, und ich dachte daran, wie schwach mein Glaube doch war angesichts dieser düsteren und feindlichen Welt. Aber es war ein zarter goldener Faden, der nicht nur für den Moment, sondern für die Ewigkeit gesponnen war. Trotz aller Angst wusste ich tief in mir drinnen, dass wir alle von einer höheren Macht beschützt wurden und dass die Schöpfung von Grund auf gut war. Und nicht bösartig und chaotisch, wie die Priesterin und ihre Unbesiegten Lords sie sich eingerichtet hatten. »Ich glaube an dich, Agnes, ich glaube an deine Botschaft der Liebe«, flüsterte ich. Ich hörte mein Herz klopfen und spürte, wie Cals Herz im gleichen Takt pochte wie das meine, ein beständiger Rhythmus der Jugend und der Stärke, der niemals enden würde. »Agnes, bitte hilf mir jetzt.«
    Die Statue begann zu schimmern, zu leuchten und schließlich zu strahlen, bis Agnes an ihrer Stelle erschien. Josh schnappte nach Luft und fiel auf die Knie. Er bedeckte seine Augen mit den Händen, als das Licht immer heller wurde.
    Agnes sagte kein Wort, aber sie machte ein Zeichen mit der rechten Hand. Das Licht lief von ihrer Hand in weißen Flammen, in denen wir deutliche Bilder erkennen konnten. Das erste Bild zeigte Evie, genau wie ich sie schon einmal gesehen hatte, still und leblos auf der Wasseroberfläche treibend, ihre langen Haare umhüllten ihre leeren Augen. Ich schrie gellend auf, und das Bild verschwand. Jetzt sah ich Helen in ihrem Bett auf der Krankenstation. Sie wirkte sterbenskrank und kämpfte um jeden Atemzug.
    »Aber sie haben doch gesagt, es geht ihr besser … aber sie stirbt!«, stöhnte ich. »Und Evie ist … oh, Evie.«
    Agnes legte den Finger auf die Lippen, ich sollte nicht sprechen. Dann wedelte sie wieder mit der Hand. Die Flammen flackerten erneut auf, und dieses Mal sah ich ein junges Mädchen mit schwarzem lockigem Haar. Es war Maria, da war ich sicher. Sie lag mit geschlossenen Augen am Fuße des größten Menhirs im Steinkreis und trug einen geflochtenen Blätterkranz auf dem Kopf wie eine Krone. Dann sah mir Agnes direkt in die Augen, der Finger zeigte auf mich. Nur ein einziges Wort kam über ihre Lippen: »Suche.« Ihre Stimme hallte auf dem Friedhof wider: »Suche … suche … suche …« Und im nächsten Moment starrte ich wieder in das steinerne Antlitz der Engelsstatue, ausdruckslos und inhaltsleer.
    In Panik fuhr ich herum. »Was soll ich machen? Wo ist Evie? Was geschieht mit ihr? Und Helen sieht so krank aus!«
    »War das andere Mädchen Maria?«, fragte Cal.
    »Ja, ich bin sicher, dass sie es war. Genauso habe ich sie auch damals auf dem Blackdown Ridge gesehen. Aber was hat Agnes gemeint? Suche … Welche meiner Freundinnen soll ich zuerst suchen?«
    Ich war hin- und hergerissen. Josh wagte zu sagen: »Ich würde Wyldcliffe Stück für Stück auseinandernehmen, um Evie zu finden, aber wir wissen immer noch nicht, wo wir anfangen sollen. Und Maria … War das nur ein Bild aus der Vergangenheit? Immerhin wissen wir, wo Helen ist. Vielleicht sollten wir mit ihr anfangen.«
    Das klang sinnvoll, aber ich befürchtete, dass Miss Dalrymple und die anderen des Zirkels sie bereits aus der Schule geschmuggelt haben könnten. Ich rannte los.
    »Warte«, sagte Cal und rannte mir nach, »wir kommen mit.«
    »Nein!«

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