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Gillian Shields - Der Zauber der Steine

Gillian Shields - Der Zauber der Steine

Titel: Gillian Shields - Der Zauber der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Band 3
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wenigstens Cal an meiner Seite. Selbst hier konnte ich die Wärme seiner Liebe spüren. Er war zurückgekommen, um bei mir zu sein, hatte seinen Stolz überwunden und wollte einen Neuanfang wagen. Diese Strapazen nahm er für mich und für meine Freundinnen auf sich. Wo immer er war, da fühlte ich mich zu Hause. Und Helen? Wie konnte sie diese Einsamkeit nur ertragen? Aber wenn sie eines Tages die Liebe finden würde, dann wäre es etwas ganz Tiefes, eine Liebe, von der andere Menschen nur träumen konnten. Eine Liebe jenseits der Grenzen der Welt , hatte Miss Scratton ihr das nicht versprochen? Ich fragte mich, was sie damit gemeint hatte und wann diese Zeit für Helen kommen würde. Doch dann fiel mir ein, wie oft Miss Scratton gelogen hatte. Vielleicht war dieses Versprechen ja auch eine Lüge.
    »Halt!«, flüsterte Josh. »Wir haben das Ende des Tunnels erreicht. Seid vorsichtig.«
    Einer nach dem anderen betraten wir die Höhle, in der Maria vor fast hundert Jahren gestanden hatte. Der Schein meiner Taschenlampe war zu schwach, um den ganzen Raum zu beleuchten, aber ich konnte hohe Felsen, Kristallformationen und herabhängende, leuchtend gelbe Stalaktiten erkennen. Die Luft war sehr kalt, und der unterirdische See schimmerte tiefschwarz, schwarz und undurchdringlich wie Erdöl. Das gegenüberliegende Ufer konnte ich nicht erkennen, es war zu weit entfernt. Wie die Schläge eines Herzens hörte man Wassertropfen auf den Boden fallen, sehen konnte man sie nicht. Jetzt kamen alle meine Ängste zurück, und mir graute es vor den Klauenhänden der Kinsfolk, die mich umklammerten und jederzeit in die Tiefe schleifen konnten.
    Wie von unsichtbarer Hand entzündet tauchten brennende Fackeln auf. Sie steckten in Felsnischen und tauchten die Höhlenwände in warmes Licht. Aber der See … von ihm ging etwas Böses aus. An seinem Ufer erkannte ich einen ausgehöhlten flachen Steinblock, der mit Wasser gefüllt war. Es war ein aus dem Felsen herausgehauener Sarg.
    »Nein, nein, nein!«, stöhnte Helen. Dann sah ich es auch.
    In dem steinernen Sarg lag Evie, ganz und gar mit Wasser bedeckt. Ihre Lippen waren leicht geöffnet, die Augen dagegen waren geschlossen. Ihre Haut war kalkweiß, alles Leben war aus ihr gewichen. Es stimmte also. Meine Vision hatte sich bewahrheitet. Evie war tot, und unsere Mühen waren vergebens. Die ganze Welt schien plötzlich still zu stehen. Ich spürte Schmerzen auf mich zukommen wie ein Felsblock, der auf mich herabzustürzen drohte, doch ich war wie gelähmt, unfähig, mich zu wehren.
    Josh taumelte nach vorne und schrie verzweifelt auf. Er tauchte seine Arme ins Wasser und hob Evies Körper aus dem Sarg. Auf seinem Gesicht zeichneten sich Höllenqualen ab, als er zu Boden sank und Evies leblosen Körper sanft hin- und herwiegte.
    »Evie, komm zurück, komm zurück«, murmelte er und streichelte über ihr feuchtes Haar. »Mein Schatz, meine Liebste …« Er schien sie wieder ins Leben zwingen zu wollen, aber sie hing schlaff und leblos in seinen Armen. Dann blickte er auf, seine Augen irrten hektisch herum, als würde er jemanden suchen. »Agnes«, rief er, »wenn du mich hören kannst, hilf mir! Deine Heilkraft entzünde sich in mir! Agnes, hilf mir!«
    Hilf mir … hilf mir … hilf mir …
    Die Worte hallten durch die Höhle. Josh berührte Evies Gesicht, als wollte er sie segnen, dann küsste er ihre feuchten Lippen.
    »Seht nur!« Ich schnappte nach Luft. Evies Augenlider flatterten, und ein Atemzug ließ ihren Körper erzittern. Sie setzte sich auf und schlang ihre Arme um Joshs Hals, und im nächsten Augenblick waren wir alle bei ihr. Wir umarmten sie, lachten und weinten gleichzeitig vor Freude und vergaßen in diesem Glücksmoment jede Angst und jede Vorsicht.
    »Da seid ihr also. Willkommen!« Eine spröde Stimme zerschnitt unsere Freude wie ein Messer. In der Mitte des Sees tauchte eine kleine Insel auf. Auf ihr thronte eine Gestalt, mit dem Rücken zu uns, die in einen weiten Umhang gehüllt war. Ich versuchte, mich innerlich zu wappnen, bevor ich die verhasste Kreatur ansah, das Ungeheuer, das einmal Helens Mutter gewesen war. Die todbringende Priesterin.
    »Willkommen!«, wiederholte sie schleppend und wandte sich zu uns um, dabei ließ sie die Kapuze von ihrem Gesicht gleiten. »Ich bin die Priesterin. Auch ihr seid Priesterinnen. Wir sind alle Priesterinnen.« Aber es war nicht Celia Hartles Geist, der da vor uns stand. Es war Laura.

Siebenundzwanzig
    L aura? Aber das kann

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