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Gillian Shields - Der Zauber der Steine

Gillian Shields - Der Zauber der Steine

Titel: Gillian Shields - Der Zauber der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Band 3
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nicht sein!«
    Ich erinnerte mich an Laura van Pallandt als hübsches, verwöhntes und nicht besonders cleveres Mädchen, das immer mit ihrer Cousine Celeste und deren Gefolge herumhing. Sie hatte dickes honigfarbenes Haar und leicht aufgerissene Augen, als ob das Leben sie stets aufs Neue überraschte. Aber sie ist tot, sagte ich mir immer wieder. Laura ist tot, das kann nicht sein. Ich zwang mich, in das graue Gesicht der geisterhaften Erscheinung zu blicken. Ihre Augen waren blutunterlaufen, und ihre Haare hatten die Farbe von welken Blättern, aber sie war das Mädchen, das ich einmal gekannt hatte, da war ich ganz sicher. »Laura!«, schrie ich ein zweites Mal.
    Sie richtete ihre leeren Augen auf mich. »Laura … Laura …«, wiederholte sie mit monotoner Stimme. »Ja, das war einmal mein Name. Aber das Leben hat mich verlassen, ich bin nicht mehr länger wie ihr. Ich diene dem König der Unbesiegten und seiner Priesterin. Ich bin die Priesterin«, verkündete sie. »Wir alle gehören der Priesterin. Auch ihr gehört der Priesterin.«
    »Das stimmt nicht«, sagte Helen trotzig, »ich gehöre niemandem.« Ich hatte sie das schon einmal sagen hören. Damals hatte es traurig geklungen, jetzt sprach Stolz aus ihrer Stimme.
    » Ihr werdet alle mir gehören.«
    Eine neue Stimme ertönte. Laura sank in sich zusammen, Angst und Schmerz spiegelten sich in ihrem Gesicht. Eine unsichtbare Kraft zwang mich zu Boden und ließ mich vor Celia Hartles fleischgewordener Erscheinung niederknien. Die ehemalige Oberste Mistress von Wyldcliffe, die Führerin des Zirkels der Dunklen Schwestern und jetzt die treue Dienerin der Unbesiegten. Als sie aus den Schatten trat, stürzte Cal neben mir ächzend zu Boden, Helen strauchelte, dann musste auch sie sich verbeugen und ihrer Mutter die Ehre erweisen. Evie brach zusammen, Josh versuchte noch, ihren Sturz zu mildern.
    Mrs Hartles Gesicht war geschrumpft wie bei einer Mumie, ihr Körper war von wirbelnden Nebeln umhüllt. Als sie auf uns zukam, rieselten Staub und Asche von ihr herab, sie schwebte über das Wasser, ohne in den schwarzen Fluten zu versinken. Sie schnippte mit den Fingern, und schwarze Feuerzungen loderten auf. Cal und Josh wurden von einem unsichtbaren Wind umgerissen, und in der nächsten Sekunde waren sie an Steinsäulen gekettet.
    »Ach«, höhnte sie, »ihr habt eure Freunde mitgebracht? Helen, du überraschst mich, ich hätte nicht gedacht, dass du jemandem gefallen könntest. Vor allem nicht einem so gut aussehenden jungen Mann.« Sie strich mit ihren knöchernen Fingern über Joshs Wange, und er wich zurück. Im nächsten Moment waren die beiden geknebelt. Sie wehrten sich nach Kräften, um sich zu befreien, aber vergebens. Ich wollte Cal zu Hilfe eilen, aber ich konnte mich nicht bewegen, die Priesterin hielt uns mit magischer Kraft am Boden fest. Ich suchte fieberhaft nach einer Erdbeschwörung, um den Boden zu erschüttern und die Steinpfeiler zu sprengen, aber Mrs Hartles übermächtige Bösartigkeit lähmte meine Gedanken.
    »Lass sie los«, fauchte Helen, »sie sind unsere Freunde. Aber das verstehst du natürlich nicht.«
    »Ich sage dir, was ich nicht verstehe«, in Mrs Hartles immer noch ruhiger Stimme schwang jetzt ein gefährlicher Unterton mit, »ihr seid hierher gekommen, um eure geliebte Freundin zu retten. Aber ihr werdet es nicht schaffen. Ihr habt genau das getan, was ich inszeniert hatte, ihr seid meinen Wünschen gefolgt. Ich habe euch beobachten lassen. Nach dir habe ich nachts in deinen Träumen gerufen, Helen. In der ersten Nacht nach den Ferien habe ich euch zum Blackdown Ridge gelockt. Ich wollte euch eine Chance zum Nachdenken geben. Ihr hättet euch entschließen können, nicht mehr in irgendwelchen Geheimnissen herumzustochern und euch meiner großen Sache anzuschließen. Aber ihr habt euch geweigert. Ihr habt eure lächerlichen Kräfte gegen mich gerichtet, ihr alle, selbst Agnes, diese einfältige Verräterin, die einfach nicht in ihrem verfluchten Grab bleiben will.«
    »Was wollen Sie?«, fragte ich verzweifelt. »Warum haben Sie Evie geholt? Warum ist Laura hier?«
    »So viele Fragen auf einmal!« Sie schien amüsiert. »Aber schon die erste ist hochinteressant. Die Kernfrage aller Philosophie! Was will ich? Eine der großen Fragen des Lebens. Warum sollte ich dir das verraten?« Wieder schoss ein Feuerpfeil aus ihr heraus, und es fühlte sich an, als hätte er mich mitten ins Gesicht getroffen. »Aber andererseits – warum nicht?

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