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Gillian Shields - Die Schwestern der Dunkelheit - 02

Gillian Shields - Die Schwestern der Dunkelheit - 02

Titel: Gillian Shields - Die Schwestern der Dunkelheit - 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das heilige Feuer
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sehen.
    »Warte, Agnes, warte!« Meine Stimme war plötzlich wieder da, aber dafür waren die Wandbehänge und die
Bilder verschwunden, und mir blieben nur noch die nackten, weißen Stufen, die mich weiter und immer weiter nach unten führten …
    Bis zur untersten Stufe, auf der ein junges Mädchen lag, wie eine zerbrochene Puppe. Es war nicht Agnes. Ich war jetzt wieder ganz und gar in meiner eigenen Zeit, und das Mädchen, das da bewusstlos am Fuß der Treppe lag, war Harriet Templeton.
     
    Ein paar Tage später durfte ich sie in der Krankenstation besuchen.
    »Ein gebrochenes Handgelenk, und dazu noch eine Gehirnerschütterung. Sie hat wirklich großes Glück gehabt, dass sie bei dem schlimmen Sturz so glimpflich davongekommen ist«, schimpfte die Krankenschwester. »Wieso hast du uns nicht gesagt, dass du manchmal schlafwandelst, Harriet?«
    »Ich … ich hatte nicht gedacht, dass es wichtig ist«, murmelte sie.
    »Bei den vielen Treppen und Stufen und Ecken und Winkeln in diesem alten Gebäude? Du musst sehr viel vorsichtiger sein. Wie auch immer«, sprach sie weiter, und ihre Stimme wurde etwas weicher, »deine Freundin ist hier, um dir ein bisschen Gesellschaft zu leisten, also mach nicht so ein unglückliches Gesicht. Ein Glück, dass Evie dich in der Nacht gehört hat und gleich zu mir gekommen ist und mich geholt hat. Und dabei ist Evie vor kurzem selbst in Ohnmacht gefallen. Ihr beide seid schon ein Paar!«
    »Es geht mir mittlerweile absolut gut, wirklich«, sagte ich.

    »Aber du darfst höchstens zehn Minuten bleiben. Wir wollen doch nicht, dass Harriet zu müde wird.« Die Krankenschwester rauschte nach draußen und ließ uns allein.
    »Wie geht es deinem Handgelenk, Harriet?«
    »Das ist nicht schlimm. Aber mein Kopf tut weh.«
    Wir sahen uns ziemlich verlegen an. Einerseits fühlte ich mich schuldig – immerhin hatte ich frühzeitig mitbekommen, dass Harriet schlafwandelte, aber dummerweise nicht darauf bestanden, dass sie zur Krankenschwester ging; andererseits war ich auch wütend auf sie. Und irgendwie hatte ich das Gefühl, als wären wir durch dieses Geheimnis jetzt auf eine seltsame Weise miteinander verbunden. Dabei wollte ich Harriet überhaupt nicht noch näher kommen. Ich wollte nicht, dass die Lehrerinnen dachten, wir wären enger befreundet.
    »Danke, dass du mich gefunden und die Krankenschwester geholt hast, als ich … äh … gestürzt bin«, sagte Harriet verlegen und wurde prompt rot.
    »Na ja, du hättest ihnen von dem Schlafwandeln erzählen sollen. Dann wärst du vielleicht in einen Schlafsaal im Erdgeschoss gekommen oder so was«, murmelte ich. »Du hättest sterben können!«
    »Ich weiß.« Sie spielte nervös mit den Fransen der Bettdecke, runzelte dabei die Stirn und schien nachzudenken. Dann beugte sie sich plötzlich zu mir und packte meinen Arm. Ihre Augen waren groß und verängstigt. »Evie, hast du sie gesehen?«
    »Was meinst du?«
    »Die Frau, die in der Nacht auf der Treppe war.«
    Ich starrte sie ungläubig an und wusste nicht, was ich
sagen sollte. Sprach sie von Agnes? Konnte es sein, dass sie sie auch gesehen hatte?
    »Was für eine Frau?«
    Harriet runzelte wieder die Stirn. »Ich weiß es nicht; ich kann mich nicht genau erinnern. Das Einzige, woran ich mich erinnere, ist ihre Stimme, die mich irgendwie weitergeführt hat … und jetzt werde ich sie nicht mehr los.«
    »Was wirst du nicht mehr los?«
    »Ihre Stimme, sie ist immer in meinem Kopf.« Sie fing plötzlich an, leise zu weinen, wie ein übermüdetes Kind. »Manchmal denke ich, ich möchte einfach nur im Schnee einschlafen und nie wieder aufwachen.«
    »Ich glaube, ich gehe jetzt besser, Harriet«, sagte ich. Ihr Geisteszustand machte mir Angst. »Du brauchst ein bisschen Ruhe.« Ich ging, um die Krankenschwester zu holen, und dann verzog ich mich und versuchte, mir über ein paar Dinge klar zu werden. Hatte Harriet sich womöglich irgendwie in Agnes’ geisterhafte Anwesenheit auf der Treppe eingeklinkt und dadurch so was wie einen seelischen Schock erlitten? Und hatte das dann wiederum dazu geführt, dass sie ausgerutscht und gestürzt war? Oder war sie wirklich mit Agnes verwandt, und jetzt versuchte Agnes, sie zu erreichen, so wie sie bisher versucht hatte, mich zu erreichen? Diese Idee gefiel mir allerdings nicht sonderlich. Meine Beziehung zu Agnes war etwas Besonderes; ich wollte nicht, dass irgendjemand anderes sich da hineindrängte. Andererseits war das so armselig — wie konnte ich nur

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