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Ginster (German Edition)

Ginster (German Edition)

Titel: Ginster (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siegfried Kracauer
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Eierkognak hat. Er soll nämlich ganz arm sein; in irgendeiner Branche.«
    »Geklaut«, erwiderte Müller. »Übrigens noch eine Geschichte …« Die Geschichten verbreiteten den gleichen Qualm wie seine Zigarren, auch wenn sie einmal anständig verliefen. Die neue Geschichte betraf einen Mann, der ebenfalls noch nicht über die Etappe hinausgekommen war. Von Hause her an eine Axt nicht gewöhnt, hatte er sich beim Holzhacken den rechten Arm verstaucht. Der Arzt befiehlt ihm, sich von der Schwester den Arm massieren zu lassen. Sie massiert auch, aber den linken Arm, den der schlaue Kerl als den kranken ausgegeben hat. Zum Erstaunen des Arztes hat die Massage keinen Erfolg. Äußerst komisch, verschiedene Male wiederholt.
    »Wahrscheinlich wird die Schwester auch noch andere Stellen massieren«, meinte Ginster. Er wollte sich vor Müller zeigen.
    »Man soll von diesen Sachen nicht so viel reden«, flüsterte Hay laut.
    »Warum?«
    »Darum.« Pause. »Ja, was ich noch sagen wollte …« Es fiel ihm nichts ein. Endlich entdeckte auch er eine Geschichte. Ein juristischer Bekannter von ihm, der freilich als Vizefeldwebel bereits im Feld gewesen war, sei durch das Studium medizinischer Lehrbücher auf eine ernste Krankheit gestoßen, die sich nicht genau diagnostizieren lasse. Da er die mit der gewählten Krankheit zusammenhängenden Untersuchungen trotz ihrer Schmerzhaftigkeit geduldig ertragen habe, hätten ihn die Spezialärzte nicht widerlegen können. »Heute hat er einen Posten bei der Auslandszensur. Bitte, nicht darüber zu sprechen.«
    »Um welche Krankheit handelt es sich denn?« fragte Ginster.
    »Das möchte ich nicht sagen.«
    Ginster war traurig. Die meisten Drückeberger schienen begabter als er zu sein und bewiesen vor allem mehr Mut. Auch bekümmerte ihn, daß der Mann gerade ein Vizefeldwebel war. Es hätte ja nicht die Auslandszensur sein müssen – obwohl er es sich schön dachte, dort ab und zu durch die Spältchen von Briefmarken auf die feindlichen Länder zu blicken. »Am liebsten säße ich in einer gewöhnlichen Schreibstube und schriebe«, seufzte er. Die beiden andern freuten sich über sein Seufzen; Schreibstuben seien besonders schwierig. »Bei euch in K. sollen für Zahlungsfähige sogar Extrapöstchen geschaffen sein«, fügte Müller hinzu. Er und Hay überstrahlten das Oberlicht. Sehnsüchtig dachte Ginster an die Schlafsaalfenster,bei Schalupp war es doch besser. Gerade wollte er erzählen, daß ihm der Dienst manchmal ganz gut gefiele, aber er bezwang sich zur rechten Zeit und hütete den Berner Hof wie ein Geheimnis. In einigen Tagen kamen sie an die Kanonen.
    »Eben werden eine Menge Leute eingezogen«, sagte Hay, »alles für die große Frühjahrsoffensive im Westen.«
    Müller ließ einen Rauchring ansteigen, der frei in der Luft schwebte. Ginster sah durch ihn hindurch; eine Halskrause, viel zu beständig. Endlich zerfloß der Ring. Neue Frühjahrsmoden mit Krausen im Feld. Sich weghungern, nur weg. Gekrümmt hockten Hay und Müller im Rauch, fest miteinander verbunden wie die Stangen des leeren Kleiderständers daneben, die ein Ring umklammerte. Später wurde er mit Schirmen gefüllt. Ginster mußte zum Tee nach Hause. Auf dem Heimweg diente er selbst als Kleiderständer, denn Hay hängte sich an ihn, nicht loszukriegen, sein Geschwätz flatterte nur so. Gar kein Unterschied gegen früher; höchstens die Uniform. Die Pflanzen in Afrika immer noch nicht beendet. Was Ginster für ein Koppel habe, das Koppel sei schlecht, er möge sich unbedingt ein eigenes Koppel zulegen. An einer Straße vorbei, die Ginster seit den Kinderjahren her Furcht eingejagt hatte. Jetzt zum erstenmal begriff er den Grund: die Straße war für die hohen Häuser zu schmal. Er hatte stets nur das Erdgeschoß neben sich gefühlt, ohne zu ahnen, daß sich die Fassaden auf beiden Seiten nach oben fortsetzten und im Himmel beinahe zusammentrafen. Eine Dame, die ihm entgegenkam, fixierte ihn, schritt fremd vorüber, drehte sich um, kehrte zurück, hielt ihn an.
    »Wundern Sie sich? Ich nicht. Schon im Bett heute früh habe ich meinem Mann gesagt, daß ich Ihnen am Nachmittag begegnen werde. Meine weibliche Ahnungskraftist nichts weiter als ein Triumph der Seele, müssen Sie wissen. Willst du wohl, Pedro …«
    Berta. Die Glöckchen Pedros klingelten in einem fort dazwischen, Hay lockte ihn zu sich. Das Vaterland schlage Ginster vorzüglich an. Er wehrte böse ab, wollte nicht vorzüglich sein. Sie lächelte:
    »Es

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