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Girl Parts – Auf Liebe programmiert

Girl Parts – Auf Liebe programmiert

Titel: Girl Parts – Auf Liebe programmiert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John M. Cusick
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den Hintern. Er zog einen alten Rubik-Würfel unter dem Kissen hervor – die Aufgabe war bei diesem Exemplar wesentlich leichter lösbar, da die farbigen Oberflächen zur Hälfte abgeblättert waren.
    Dank des Wetters waren sie ins Haus verbannt. Charlies samstägliche Fahrradtouren und seine Waldmärsche würden durch stundenlanges, betäubendes Schweigen im Wohnzimmer ersetzt werden, zusammen mit seinem Vater, der glücklich und zufrieden war, egal, ob er sich bis an die Nasenspitze in ein Botanikbuch vergrub oder in einem Gebüsch hockte. Charlie setzte sich neben dem Couchtisch auf den Boden und ergänzte ein paar Puzzleteilchen der Mona Lisa , er fügte einen Teil ihrer Haare ein. Das berühmte Lächeln fehlte, wobei Charlie mutmaßte, dass die Teile dazu schon seit seinem Windelalter verschollen waren.
    »Na, was hast du heute vor?«, erkundigte sich Thaddeus.
    »Ich wollte eigentlich heute Nachmittag mit ein paar Freunden unterwegs sein.«
    Das war natürlich gelogen, aber Charlie wollte Thaddeus gern glauben lassen, dass er über mehr soziale Kontakte verfügte.
    »Ach, tatsächlich? Mit wem denn?«
    »Jungs von der Schule.«
    »Na, das ist ja neu. Freut mich zu hören.«
    Thaddeus nahm ein altes Exemplar der Botanica von einem Papierstapel.
    »Heißt das, ich brauche nicht mehr zum Psychologen zu gehen?«
    Thaddeus äugte über den Rand seiner Zeitschrift. »Hey, Kumpel, ich weiß, dass du da nicht hinwillst. Aber die Schule hält es für das Beste, und ehrlich gesagt bin ich geneigt, ihnen recht zu geben. Auch wenn dir der Arzt dieses alberne Spielzeug verschrieben hat.«
    Er meinte die Sakora-Puppe. Ganz braver Patient, hatte Charlie seinem Vater den Katalog gezeigt. Aber zunächst hatte Thaddeus ihn nicht so idiotisch gefunden, wie Charlie erwartet hatte. Stattdessen blätterte er durch die Hochglanzseiten und zupfte an seinem Bart. Er stellte sogar ein paar Nachforschungen an (indem er sich herabließ, die Computer in der städtischen Bibliothek zu benutzen) und fand einige Dinge heraus, die sie nicht in den Katalog geschrieben hatten – zum Beispiel, dass es nur eine begrenzte Stückzahl dieser Gefährtinnen gab, die derzeit in Japan und New England (im vergangenen Jahr in Shrewsbury und Worcester, Massachusetts) auf ihre Markttauglichkeit getestet wurden, und dass die Arzneimittelzulassungsbehörde unschlüssig gewesen war, bis Sakora sich mit der Entfernung der »weiblichen Geschlechtsteile« einverstanden erklärte. Händchenhalten und Küssen war in Ordnung, aber die amerikanische Regierung sperrte sich gegen den Geschlechtsverkehr minderjähriger Jungen mit Maschinen.
    Letztendlich hatte Thaddeus zu Charlies großer Erleichterung doch gesagt, die ganze Sache sei eine Spinnerei. Echte Mädchen waren schwierig genug zu verstehen, ganz zu schweigen von solchen, die nach Auftrag produziert waren. Im Gegenzug musste er alle zwei Wochen zu einem »Check« bei Dr. Roger, ein Kompromiss, mit dem Charlie leben konnte.
    »Du weißt, dass du jederzeit mit mir reden kannst«, sagte Thaddeus. »Aber ich weiß, dass es ein paar Dinge gibt, über die man nicht so leicht mit seinem Vater reden kann, verstehst du?«
    Charlie fingerte an einem verirrten Puzzleteil herum. »Zum Beispiel?«
    »Na ja. Mädchen vielleicht? Ich meine, echte Mädchen?«
    »Danke.« Das heißt nein danke, dachte Charlie. Es würde lange dauern, bis er das Wort Date hören konnte, ohne den Geruch von Sojasoße in der Nase zu haben.
    »Hör mal, ich weiß, dass du nicht den ganzen Tag drinnen eingesperrt sein willst. Was hältst du davon, wenn du in die Stadt fährst und die Teile holst, die wir brauchen?«
    »Der Laden macht erst um zehn auf.«
    »Dann trink einen Kaffee in der Stadt. Besorg dir was Warmes zu essen. Hier.« Thaddeus brachte ein Päckchen zerfledderter Dollarnoten zum Vorschein. »Gib sie nicht alle auf einmal aus.«
    »Ich werd’s versuchen. Danke, Dad.«
    Thaddeus erzog sein Kind auf die gleiche Weise, wie er forschte: von einer sorgsamen, zugewandten, unvoreingenommenen Beobachterposition aus. Nahrung und Wasser, viel gutes Sonnenlicht und gelegentlich eine Stütze, damit die Stängel wachsen konnten.
    Charlie radelte die zweieinhalb Kilometer nach Süden zu dem Ende des Sees, an dem ihre kleine Straße in die Horizon Road mündete. Die Speichen seines neuen Vorderrads blitzten. Die Straßen waren schwarz und rutschig, von herabgefallenen Kiefernnadeln übersät. Er überholte das eine oder andere Auto, meist

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