Girl
daran, wie es wäre, einen ganzen Nachmittag lang am Rand eines Cricket-Felds zu sitzen, von Grashalmen am Hintern gepiesackt zu werden und meine Knie krampfhaft zusammengepresst zu halten, damit auch ja niemand etwas zu sehen bekommt, wTas nicht für ihn bestimmt ist. Also kniff ich und zog mir noch eine Leggings darunter. Über meine Schultern legte ich ein blassbeiges Jackett, falls es später kühler werden sollte.
Jonathan schien es zu gefallen. Er musterte mich anerkennend von oben bis unten, als er zur Tür hereinkam. »Na, das ist genau das Richtige, um meinen Kater zu kurieren.«
Ich lächelte und gab ihm einen freundschaftlichen Kuss auf die Wange. Sie fühlte sich kratzig auf meinen Lippen an. Offenbar hatte er sich heute früh nicht rasiert, und was seine Frisur anging, so hatte er seine Haare einfach nach hinten gelegt, ohne sich um eine Bürste, geschweige denn um Shampoo zu kümmern.
»Entschuldigung. Ich bin gestern früh mit Jet-lag aus New York zurückgekommen, habe den ganzen Tag gearbeitet und abends mit Kunden eine Geschäftsessen gehabt. Die verdammten Japsen – die bestehen darauf, dass man säuft wie ein orientalischer Fisch.«
Er zog eine theatralische Grimasse und rieb sich die Stirn. Dann griente er wie ein Schaf. »Vermutlich habe ich heute Morgen mehr Sake als Blut im Körper. Ist das zufällig der Geruch von Kaffee, der mir da in die Nase weht?«
Jetzt, da er endlich vor mir stand, konnte ich mich kaum von ihm abwenden. Es war, als müsse ich mich von einem magnetischen Feld losreißen. Aber ich zwang mich dennoch dazu, in der Küche zu verschwinden.
Jonathan folgte mir und lehnte sich in den Türrahmen. Seine Kleidung war genauso zerknittert wie der Rest. Sein Cricket-Trikot war vermutlich nach seinem letzten Spiel vor zwei Jahren zuletzt gewaschen worden – nicht, dass ich irgendwelche Grasflecken an den Knien oder rote Farbstreifen von einem Ball entdecken konnte, den er sich – glücklicher Ball – über die Leiste gerieben hatte. Aber die Trikothose war genauso wenig gebügelt wie das Hemd . Seine Augen waren nicht zu sehen, weil er sie hinter einer Per-Sols-Brille versteckte, aber ich konnte mir gut vorstellen, wie sie aussehen mochten.
Aber das machte alles nichts. Er gehört zu den Männern, denen der Knitter-Look steht. Was bei anderen Typen einen schmierigen und ungepflegten Eindruck macht, sieht bei ihm verwegen und männlich aus. Er muss wissen, dass er damit bei Frauen gut ankommt, andernfalls wäre er niemals derart nachlässig zu einer Verabredung erschienen, als wie beiläufig er sie auch betrachten mochte. Von seiner Person ging ein leiser Anflug von Gefahr aus, als ob ihm alles Scheißegal sein konnte und es ihn nicht scherte, wenn seine Umwelt das mitbekam.
Für einen Augenblick war ich weniger fasziniert als vielmehr neidisch auf ihn. Ich hatte unrasiert immer nur wie ein Volltrottel ausgesehen. Meine Stoppeln sprossen immer nur vereinzelt und halbherzig … hoppla, sie waren gesprossen. Und meine Haare standen sofort wirr in alle Himmelsrichtungen, wenn ich sie mal einen Tag nicht gewaschen hatte. Aber das war einmal.
Während ich ihm Kaffee einschenkte, fragte ich: »Meinst du, wir könnten unterwegs noch kurz wo vorbeifahren? Ich möchte noch etwas besorgen.«
»Also für mich brauchst du dir kein neues Kleid zu kaufen. Ich finde, du siehst so genau richtig aus.«
»Ich gebe mein Geld nicht ausschließlich für Kleidung aus … nicht ganz jedenfalls!« Ich überlegte, ob ich mit der Wahrheit herausrücken sollte. Warum eigentlich nicht? »Genauer gesagt möchte ich bei einem Autosalon vorbei, mir ein neues Gefährt zulegen.«
Er leerte seine Tasse in einem Zug. »Warum hast du das nicht gleich gesagt? Ich hasse es, stundenlang in irgendwelchen Boutiquen herumzusitzen und auf Frauen zu warten, die ein Kleid nach dem anderen anprobieren. Aber Autos, das ist natürlich etwas ganz anderes.«
Wir gingen raus zu seinem BMW-325-Kabriolet, der mit heruntergeklapptem Verdeck mitten auf der Straße in der zweiten Reihe parkte. »Ist nur eine Leihkarosse von meiner alten Firma, bis mein neuer geliefert wird«, sagte er, als ob es sich lediglich um einen verbeulten Austin Allegro handelte, und nicht um einen nagelneuen deutschen Sportwagen mit dunkelgrün glänzender Metallic-Lackierung.
Ganz egal, wie viel weibliche Hormone man in mich hineingepumpt hatte, ich erkannte sofort, dass hier ein Top Wagen vor mir stand. Ich checkte kurz die Details durch:
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