Girl
Ehemann zu finden. Warum also nicht?«
»Es ist gesetzlich verboten.«
Ein Gemurmel entstand im Saal. Sir Roderick schien verwundert zu sein. »Warum in aller Welt sollte es Ihnen verboten sein, zu heiraten?«
Ich wusste die Antwort. Sie gehörte zu den ersten Dingen, die Carrie Partridge ihren Kursteilnehmerinnen erzählte, damit sie genau wussten, wo sie standen. »Weil«, ich schluckte und versuchte mich zusammenzureißen, »… weil ich eine Transsexuelle bin und es Transsexuellen in diesem Land nicht erlaubt ist zu heiraten.«
»Tatsächlich«, sagte er, als ob er davon zum ersten Mal hörte.
»Und aus welchem Grund?«
»Weil eine Heirat von der Geburtsurkunde abhängig ist, die niemals geändert werden darf. Nach meiner Geburtsurkunde bin ich ein Mann. Also darf ich keinen Mann heiraten.«
Sir Roderick holte zu seinem finalen Schlag aus, zu dem er ganz nahe an den Zeugenstand heranrückte, wo ich mit Tränen in den Augen hockte. »Also, Miss Barrett, obwohl Sie heute hier vor uns sitzen und den Eindruck einer Frau vermitteln, obwohl Sie sich eigenmächtig einen weiblichen Namen gegeben haben, auch wenn meine geschätzte Kollegin Ihren Aufzug bewundern und Sie wie eine hundertprozentige Frau behandeln mag – vor dem Gesetz sind Sie immer noch ein Mann.«
Er wandte sich von mir ab und der Richterbank zu. »In der Tat, hätte es keine stillschweigende Übereinkunft zwischen dem Hohen Gericht und der Verteidigung gegeben, wären Sie für die gesamte Dauer des Prozesses als Mister Jacqueline Barrett angesprochen worden, oder etwa nicht?«
»Ich glaube schon.«
Sir Roderick zog die Augenbrauen hoch. »Alles in allem, wäre es nicht einfacher, wenn ich das einmal so sagen darf, wenn wir Sie alle als Neutrum betrachteten, als einen … Eunuchen?«
Die Worte blieben mir fast im Hals stecken. »Ich weiß nicht.«
»Aber, aber. Sie können mir schon eine bessere Antwort geben«, sagte Sir Roderick, in dessen Stimme jetzt Verachtung mitschwang.
Der Lärm im Gerichtssaal schwoll an, und ich sah, wie James Mandelson mit blankem Entsetzen zu mir herüberblickte, aber Sir Roderick kannte kein Halten mehr: »Schließlich hat man Sie kastriert, oder?«
Ohne auf eine Antwort zu warten, feuerte er eine Frage nach der anderen ab, ein nicht abreißender Strom von Beschimpfungen und Beleidigungen. »Ist es nicht so, Miss Barrett, dass Sie früher einmal Vater hätten werden können, jetzt aber nie Mutter sein werden? Sind Sie nicht steril und unfruchtbar, jenseits aller reproduktionstechnischen Möglichkeiten eines Mutterleibs beraubt? Trifft es nicht zu, dass Sie niemals einem Mann den Trost und das Versprechen von Unsterblichkeit geben können, das die Mutter seiner Kinder ihm schenken kann?«
Ich schluchzte jämmerlich, während er auch noch die letzten Reste meines Selbstrespekts auseinanderpflückte. Der Saal tobte. Inmitten des Aufruhrs hämmerte der Richter auf seinem Pult herum und rief: »Sir Roderick, ich lasse derartiges nicht zu. Sie stellen Suggestivfragen und beleidigen Ihre eigene Zeugin. Zeigen Sie um Gottes willen ein Mindestmaß an Anstand.«
Sir Roderick wartete, bis wieder Ordnung eingekehrt war und im Saal nichts weiter zu hören war als mein keuchender Atem, während ich meinen Kopf in die Hände gestützt hielt und gegen die Tränenflut ankämpfte, die mich zu überwältigen drohte.
Dann sagte er ganz leise und fast schon besänftigend: »Ich will meine Fragen vorsichtiger formulieren. Sind Sie in der Lage, Kinder zu bekommen?«
»Nein.«
»Werden Sie je eine Familie haben, wie es Ihnen früher möglich gewesen wäre oder wie sie Miss Hadley, Ihre frühere Geliebte, haben wird?«
»Nein.«
»Aus welchem Material sind Ihre Brüste?«
»Aus Silikon.«
»Könnten Sie die Implantate näher beschreiben?«
»Es handelt sich um eine Art Plastikbeutel, in dem sich flüssiges Silikongel befindet.«
»Sehr reizvoll. Produziert Ihr Körper irgendwelche weiblichen Hormone?«
»Nein.«
»Weshalb Sie auf die Tabletten angewiesen sind, von denen vorhin die Rede war?«
»Ja.«
»Und wenn Sie diese Tabletten absetzen würden, würde das Fettgewebe, das momentan die Brustimplantate aus Plastik bedeckt, doch verschwinden, oder?«
»Ja.«
»Sie würden in der Taille zunehmen, Ihre Haut würde gröber werden, und die meisten äußeren Zeichen Ihrer Weiblichkeit würden verschwinden, so dass Sie – wie soll man es ausdrücken – weder das eine noch das andere wären. Korrekt?«
»Ja, Sie Bastard,
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