Girl
gut«, sagte sie, »du standest unter Schock.«
»So richtig entspannt bin ich auch jetzt noch nicht«, sagte ich. Was auch stimmte, nur gibt es inzwischen so etwas wie einen geregelten Tagesablauf… und nicht mehr so viele unangenehme Überraschungen. Sogar die Interviews wurden allmählich vorhersehbar. Clive hat ein halbes Dutzend ausländischer Fernsehanstalten eingeschleust – aus den Staaten, Australien, Japan, Frankreich, Deutschland und Brasilien, wenn ich richtig mitgezählt habe –, jeweils zwanzig Minuten für zehn Riesen. Abgesehen von dem, was mir passiert ist, werde ich mit jeder Sekunde reicher.
Sie stellten alle so ziemlich die gleichen Fragen: Wie das war, als ich aufwachte und feststellte, dass man an mir rum geschnippelt hatte? Wie ich mich jetzt fühle? Ob ich den Chirurgen hasse. Ob ich klagen werde?
Und auch meine Antworten sind immer gleich: erschreckend; ganz gut; nein, eigentlich nicht; worauf Sie sich verlassen können.
Meistens sind es Reporterinnen. Sie gehen offenbar davon aus, dass sie mit mir von Frau zu Frau reden können. Dabei kann ich nicht einmal sagen, dass ich mich mehr als Frau fühle als die Kerle, die hinter ihnen die Kameras und Mikrophone halten.
Es ist eher so, dass ich mich immer als das Gegenteil dessen fühle, mit dem ich gerade rede. Wenn eine Frau mich vertraulich ins Gespräch ziehen will, drängt es mich zu sagen: »Vergiss es, ich bin ein Kerl. Ich möchte nicht hier herumsitzen und über Männer und Make-up plaudern.«
Aber wenn ich mit Clive oder Mike oder einem Reporter rede, gibt es Momente, wo mir diese ganzen kumpelhaften Witze zum Hals heraushängen und ich ihnen erzählen möchte, wie es sich anfühlt, sich wirklich anfühlt, einen Körper wie meinen zu besitzen.
Ich weiß auch nicht, wie ich das genau erklären soll, aber meine ganze Einstellung hat sich geändert. Als ich noch ein Kerl war, war ich mir immer meines Schwanzes und meiner Eier bewusst. Ich wusste, sie waren immer dabei. Jeder Mann wird verstehen, was ich damit meine.
Manchmal ist es verdammt schmerzhaft, wenn sich etwa deine Vorhaut im Hosenschlitz verfängt oder wenn dir die Hose zwischen die Arschbacken rutscht, dir die Eier abklemmt, und dann sitzt du da – natürlich passiert so was meistens in der Öffentlichkeit, in der U-Bahn oder sonst wo – und hast das verzweifelte Bedürfnis, unten hinzupacken und die Sache geradezurücken, bevor du kastriert wirst, aber das geht ja nicht… und dann langst du schließlich doch hin, weil du sonst ohnmächtig wirst.
Andererseits ist es das Größte, einen Steifen zu kriegen. Da steht er und zerrt an der Leine wie ein Terrier, der es kaum abwarten kann, ins nächste Loch zu krabbeln. Nein … nicht so wie bei einem Hund. Es ist eher so, als hätte man einen Rammbock vorgeschnallt. Und du fühlst dich, als wärst du allmächtig, könntest sie alle vögeln, die ganze Welt beherrschen.
Sogar jetzt habe ich manchmal das Gefühl, als sei mein Penis noch da, ein bisschen wie die Soldaten, die im Krieg ihre Beine verloren haben – noch Jahre später spüren sie sie. Aber die meiste Zeit über ist da nichts. Nur so ein gelegentliches Stechen, wo die Narbe noch nicht vollständig verheilt ist.
Statt dessen muss ich mich mit einer ganzen Reihe höchst peinlicher Probleme herumschlagen. Wenn ich beispielsweise einen Slip trage, dann schlüpft er hin und wieder in die Po-Spalte – oder sonst wohin –, was das unmittelbare Äquivalent dessen sein muss, wenn einem die Boxershorts die Nüsse zerquetschen. Wenn man allein ist, kann man den Slip schnell mit der Hand herausziehen, aber wenn noch wer dabei ist, kann man bloß mit dem Hintern wackeln und auf das Beste hoffen.
Trotzdem ist das nicht der Körperteil, der den Großteil meiner Aufmerksamkeit beansprucht. Was ich unablässig fühle, sind meine Brüste. Zunächst einmal pochen meine Brustwarzen ohne Unterlass. Offenbar handelt es sich dabei um eine Nebenwirkung der Hormontabletten. Darüber hinaus wiegen meine Titten eine Tonne. Okay, sie sind aus Silikon, vielleicht ist das was anderes, aber sie geben einem das Gefühl, vorderlastig zu sein. Noch dazu stehen sie nach vorne ab und hopsen, wie es ihnen gerade passt, in der Gegend herum, wenn man sie nicht strikt unter Kontrolle hält.
Deshalb muss ich ständig meinen BH tragen. Ich hab’s ohne versucht, mit dem Ergebnis, dass ich beim Laufen kreuz und quer durch die Gegend schwanke – so wie’s bei mir im Augenblick untenrum aussieht,
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