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Girl

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Titel: Girl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Thomas
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in riesigen Mengen.
    Wie wichtig das eigene Geschlecht ist, merkt man erst, wenn man keins mehr hat. Ich passte nicht in Männer Klamotten, ich passte nicht in Frauenklamotten. Ich konnte weder so noch so rumlaufen.
    Nun denn, Rumflennen hilft auch nicht weiter. Ich muss nur irgendwie Fuss fassen. Ich bin fest entschlossen, der zu bleiben, der ich immer schon war. Ich werde in mein altes Apartment zurückkehren, meine alten Klamotten anziehen, meinen alten Job wiederaufnehmen und mein altes Leben führen. Mir hatte mein Leben als Bradley Barrett gefallen. Ich hatte vielversprechende Aussichten. Ich hatte eine Freundin. Ich hatte viel Spaß. Scheißegal, wie viel Geld ich jetzt habe – mir ging es früher bestens.
    Clive Horrocks hat sich nach einem neuen Chirurgen umgesehen. Ich hoffe bloß, das zweite Gutachten bringt Erfreuliches.
    7. Dezember
    Gestern bin ich nach Hause gekommen und fühle mich etwas zuversichtlicher. Vielleicht renkt sich doch noch alles ein. Ich glaube, das Medieninteresse lässt langsam nach, denn draußen vor der Tür stehen sich gerade einmal eine Handvoll Fotografen die Füße platt. Clive hat ein paar private Wachmänner engagiert, die für etwa eine Woche meine Haustür im Auge behalten – damit ich ein und ausgehen kann, ohne belästigt oder sonst was zu werden.
    Ich bin sogar schon im Laden um die Ecke gewesen und habe mir eine Zeitung und Brot besorgt. Es war himmlisch. Ich habe Mr. und Mrs. Patel gegrüßt, und sie empfingen mich wie einen alten Freund. »Schön, Sie wiederzusehen, Bradley. Wie geht es Ihnen?« Die gute alte Tour.
    Da war allerdings auch ein Haar in der Suppe. Mikes Freundin ist so eine gezierte Londoner Schicki-Micki-Mieze, die in seiner Werbeagentur als Tippse arbeitet. Sie heißt Caroline Clough-Philpott – ich sag immer Caroline Glove-Puppet zu ihr –, und sie hält Mike für absolut unwiderstehlich, weil sie nie zuvor einen waschechten Briten aus dem Norden kennengelernt hat.
    Sie meint, er sei ein knallharter Typ – nicht wie die Milchgesichter, die sie von der Schule kennt –, und sie geht gern mit uns und ein paar anderen Kumpels einen draufmachen. Sie steht auf scharfe Klamotten, trinkt viel… und ist ganz die Sorte Mädchen, die sich gern an die Männer ranschmeißt. Ihre Mutter glaubt vermutlich, das sei nur eine vorübergehende Phase.
    Jedenfalls steht Caroline mit mir momentan aus irgendeinem Grund auf Kriegsfuß. An dem Abend, als ich aus dem Hotel nach Hause komme, gibt’s so eine Art Willkommens Party – Mike, Caroline, Lorraine und ein paar gute Bekannte sind da und die Stimmung ist ausgezeichnet, während ich meine Geschichte zum besten gebe, als handle es sich um einen großen Jux, was es ja auch ist, wenn man es mal von der Seite sieht.
    Nach dem Essen steht Mike auf und kommt zu mir herüber. Er legt mir freundschaftlich seine Hand auf die Schulter – einfach so, ohne blödes Getue – und bringt einen Toast auf mich aus: »Auf meinen alten Kumpel Bradley: Batterseas Antwort auf Sharon Stone!«
    Es folgte eine angespannte Stille, weil keiner so recht wusste, wie er reagieren sollte. Und dann drehte ich mich um und blickte ihn an – einfach um ihn ein bisschen zu irritieren, ihn ein wenig aufzuziehen –, bevor ich laut loslachte. Er hatte mich zwar hochgenommen, aber so sind wir Kerle nun mal.
    Damit war das Eis gebrochen, und bald darauf feixten alle herum, indem sie Sachen sagten wie »Ohh, Sharon, schlag doch noch mal deine Beine für uns übereinander, Süße«, und ähnlich geschmackvolle Bemerkungen, wobei wir einfach nur unseren Spaß hatten, weil alle wussten, dass ich im Handumdrehen wieder der alte sein würde, sobald ich den richtigen Doc gefunden hatte.
    Nach einer Weile begann Caroline, die gern die Gastgeberin spielt, die Teller abzuräumen. »Würde es dir etwas ausmachen, mir behilflich zu sein, liebster Bradley?« fragte sie. Ich wollte schon aufstehen, als Lorraine sich meldete: »Lass nur, Cazza, gönn dem armen Kerl wenigstens heute Abend eine Pause. Ich helfe dir …«
    Caroline warf ihr einen tödlichen Blick zu, setzte ein geziertes Lächeln auf und sagte: »Oh, nicht doch, Lorraine, das muss wirklich nicht sein. Außerdem wollte ich nur kurz in der Küche mit Bradley unter vier Augen sprechen …«
    Nun erhob ich mich, während alle Augen auf uns gerichtet waren und Caroline hinzufügte: »Ein privates Pläuschchen, wisst ihr … von Frau zu Frau.«
    Die Zimmertemperatur fiel schlagartig um dreißig Grad, während

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