Girl
passiert.«
Aber Horrocks lächelte verschmitzt und sagte: »Hören Sie, Bradley, nur keine Panik, der Mann macht hier bloss seinen Job. Und für Zeitungsfotografen gibt es eine goldene Regel … je Größer die Böller, desto mehr Platz im Blatt. Wenn Sie also an einer hübschen, ganzseitigen Aufnahme in der morgigen Ausgabe interessiert sind, sollten Sie sich entsprechend kooperativ verhalten.«
Dagegen war nichts einzuwenden, denke ich, aber für mich war die Grenze doch erreicht, als sie mich aufforderten, mich nur mit einem schwarzen Seiden-BH und Slip bekleidet auf dem Bett auszustrecken und ein Buch zu lesen.
»Einfach bezaubernd«, sagte die Stylistin, die etwa in meinem Alter war. »Feinste Seide. Ich wünschte, jemand würde mir mal so etwas kaufen.«
»Von mir aus können Sie sie getrost haben«, sagte ich. »Mich kriegen Sie da nicht rein.«
»Wie wär’s dann mit einem Body… durchgehend, sehr vorteilhaft?«
»Nein.«
»Einem Turndress?«
»Nein.«
»Einem Lycra-Catsuit?«
»Hören Sie, zum letzten Mal nein.«
Die Atmosphäre wurde nun leicht angespannt, so dass Clive sich zu einer kurzen Beratung mit dem Fotografen zurückzog. Dann kam er zu mir ans Bett, wo ich immer noch aufrecht sass, und beugte sich zu mir herab, um mir etwas ins Ohr zu flüstern. »Hören Sie zu, Bradley, es geht hier um eine hübsche Stange Geld. Die Leute tun ihr Bestes, um Sie reich und berühmt zu machen, also werden Sie verdammt noch mal das tun, was man Ihnen sagt… ist das klar?«
Bevor ich auch nur antworten konnte, hatte er den Kopf ein Stück zurückgezogen und verkündete laut und für alle vernehmbar: »Wir haben uns darauf geeinigt, eine Totalaufnahme von Bradley gleich neben dem Fenster zu machen – im Nachthemd. Sie gehen jetzt also dort rüber, Bradley, und schauen aus dem Fenster, nachdenklich und erwartungsvoll, so als ob Sie auf Ihr neues Leben blicken würden … okay?«
Darüber konnte ich mich schlecht beschweren, oder? Bis ich am folgenden Tag das halbseitige Bild in der Zeitung sah und feststellen musste, dass sie mich gründlich geleimt hatten, weil das Licht vom Fenster direkt durch den dünnen Baumwollstoff meines Nachthemds fiel und die Silhouette meines Körpers sich vortrefflich abzeichnete.
Ich stand da wie in einer Badedas-Werbung. Auf der anderen Seite des Artikels war ein Bild von mir aus der College-Zeitung. Ich machte gerade einen Luftsprung, nachdem ich das Siegtor gegen die North Staffs Polytechnic geschossen hatte – ein Volley-Ding aus achtzehn Metern, erste Sahne. Ich war von oben bis unten mit Dreck bespritzt, streckte die Faust in die Luft und hatte ein fettes Grinsen im Gesicht.
VOM EISKALTEN TORJÄGER ZUR EINFÜHLSAMEN FRAU, lautete die Schlagzeile. DIE UNGLAUBLICHE GESCHICHTE DES BRADLEY BARRETT.
Schlampige Recherchen konnte ich ihnen nicht nachsagen. Die Artikel-Serie ging über drei Tage. Sie brachten Bilder aus meiner Grundschulzeit – DER UNBESCHWERTE JUNGE, DEN DAS MESSER DES CHIRURGEN VERSTÜMMELTE –, Aufnahmen von der Terrasse in Hulme, wo Mum und Dad aufgewachsen sind, und von der Allee in Gatley, wo sie heute leben.
Besonders die Geschichte vom hart erkämpften Aufstieg hatte es ihnen angetan: »Einfache Leute, die es durch Arbeit und Fleiss zu etwas gebracht haben; von der einfachen Doppelhaushälfte zum schicken Bungalow.« Mit einem Mal waren Mum und Dad nicht mehr Fabrikvorarbeiter und Krankenpflegerin, sie waren das Salz der Erde – mustergültige Aushängeschilder der schweigenden Mehrheit.
Und natürlich waren diese grundanständigen, ehrbaren Leute das Opfer hochnäsiger, sich für allwissend haltender Experten vom Schlage eines Mr. James Mandelson geworden. O Mann, der bekam es wirklich dicke: der brandneue Mercedes, das › luxuriöse Penthouse‹ im Londoner Norden, die Praxis in der Harley Street.
Sie hatten ihn auf dem Weg ins Fitnessstudio erwischt, ›peinlich darauf bedacht, dass zumindest
sein
Körper in perfekt männlicher Form bleibt‹. Dann hatten sie ihm vor der Haustür aufgelauert, wie er eine Frau zum Essen ausführt – ›eine der Freuden im Leben eines Mannes, auf die der arme Bradley für immer verzichten muss‹.
Jeden Morgen beim Frühstück lese ich die Artikel über mich. Es ist schon fast zu einem Teil meines täglichen Programms geworden. Die Dinge verlaufen allmählich in geregelten Bahnen. Endlich kann ich wieder feste Nahrung zu mir nehmen auch wenn ich die hundert schaffe, möchte ich nie wieder eine Tasse
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