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Girl

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Titel: Girl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Thomas
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niemandem sagen, wo ich bin, nicht einmal Mum und Dad, damit auch nur ja kein Konkurrenz Blatt dahinterkommt, und zudem durfte ich meine Suite so gut wie nie verlassen. Nicht einmal meine Mahlzeiten werden im Speisesaal aufgetragen. Alles wird vom Zimmerservice vor die Tür gestellt. Die Kellner bekommen nicht einen Blick von mir zu sehen.
    Es ist alles sehr gediegen, und das Essen ist fantastisch. Na ja, nach dem ganzen Krankenhausfrass ist das kein Wunder. Trotzdem komme ich mir vor wie eine hochbezahlte Fünf-Sterne-Geisel.
    Ihr Hauptanliegen ist, mich erst einmal aus der Welt zu schaffen, damit sie ein zweites ausführliches Interview machen können, bevor irgendwer sonst etwas weiß. Für mich bedeutete das weitere Gespräche über meine Zukunftspläne und weitere Fotosessions. Natürlich wollten sie, dass ich mich sexy herausputze, und natürlich habe ich strikt abgelehnt. Diesmal einigten wir uns auf ein Foto in Jeans und taubenblauem Kaschmirpulli und ein weiteres im Trainingsanzug.
    Bei der zweiten Aufnahme durfte ich das einzige Mal an die frische Luft. Sie ließen mich eine Allee entlanglaufen. Ich konnte sogar ein paar Schritte joggen. Aber nicht lange genug, um meine Müdigkeit aus den Knochen zu schütteln. Heute Morgen war ich reif für die Klapse.
    »Es muss in so einem Laden doch einen Pool geben. Kann ich nicht wenigstens schwimmen oder so was?« fragte ich die Frau, die sie zu meiner Betreuung abgestellt hatten. »Ich meine nachts, wenn keiner zusieht…«
    Sie beriet sich kurz mit dem Management, und es wurde vereinbart, dass der überdachte Pool an diesem Abend um zehn exklusiv mir zur Verfügung stehen würde. Der Badebereich würde abgeriegelt, so dass keiner an den Pool oder auch nur in meine Nähe gelangen könnte. Alles wäre ganz für mich privat und gefahrlos. Es gab da nur einen Haken: Ich hatte nichts anzuziehen.
    Meine Betreuerin ging in den Souvenir-Shop des Hotels hinunter und kam mit einer Badehose und zwei einfachen Badeanzügen wieder. »Ich wusste nicht, was Ihnen lieber ist«, sagte sie.
    Ich nahm die Sachen entgegen und schloss mich im Schlafzimmer zur Anprobe ein. Zuerst probierte ich die Badehose, aber da war absolut nichts zu machen. Ich fühlte mich unbehaglich, oben rum keine Stütze zu haben, und außerdem scherte es mich einen Teufel, ob ich den ganzen Pool für mich hatte. Oben ohne kam nicht in Frage.
    Der erste Badeanzug saß wie angegossen. Tatsächlich fühlte ich mich darin wohler als in der Badehose – mit mehr Halt. Aber als ich dann meine behaarten Achseln, meine Männertaille und Männerbeine im Spiegel betrachtete, kam ich mir vor wie ein Freak. Nichts schien mehr zu passen. Zu guter Letzt beschloss ich, beides zu tragen.
    Vor etwa einer Stunde brachten sie mich mit dem Bediensteten Aufzug nach unten und dann durch ein endloses Labyrinth von Nebengängen zur Schwimmhalle. Ich schwamm etwa fünfzehn Bahnen, was angesichts meiner miserablen Kondition gar nicht mal schlecht war, bevor ich aus dem Pool stakste und sie mich nass, wie ich war, eiligst in die Hochzeitssuite verfrachteten.
    Und nun hocke ich hier allein in meinem Schlafzimmer und fühle mich einsam wie nie. Ich komme mir vor wie eine Kreuzung aus Marilyn Monroe und dem Elefantenmenschen – eine vollbusige Missgeburt, die an einem geheimen Ort versteckt gehalten wird, damit kein normaler Mensch einen Blick auf sie werfen kann, ohne für dieses Privileg zu zahlen.
    Und so viel steht fest, sie zahlen fleißig. Meine private Post wird durch einen Kurierdienst hierhergebracht. Heute sind meine Kontoauszüge eingetroffen. Mein gegenwärtiger Kontostand beläuft sich auf 87674 Pfund. Ich habe mit Clive telefoniert (Gespräche nach draußen sind mir Gott sei Dank erlaubt), und er meinte, das sei nur die erste Rate der ›Mail‹, plus das eine oder andere Honorar von den Fernsehleuten. Er verhandle jetzt auch über die Buch- und Fernsehrechte.
    »Wenn Sie die Sache richtig anpacken, können Sie die achtzig Mille verzehnfachen«, sagte er. »Und zwar noch bevor die Klage gegen St. Swithin’s läuft.«
    Aber was nützt einem der ganze Zaster, wenn man nicht raus und das Geld auf den Kopf hauen kann? Und was sollte ich schon groß kaufen? Kein Mann kann mehr als eine bestimmte Anzahl einfacher weißer St.-Michael-Shorts tragen. Ich könnte mir natürlich einen flotten Schlitten zulegen. Oder ein Haus … weit weg von hier, wo ich mich vor all den Schmeißfliegen in Sicherheit bringen könnte. Oder Alkohol …

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