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Girl

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Titel: Girl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Thomas
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habe, wie es denn dazu kam, dass er mitten in der Nacht auf der Battersea Bridge mit einem suizidgefährdeten Transsexuellen ins Gespräch kam.
    Und da ist er dann natürlich gleich zur ›Sun‹ gegangen und hat denen ein Schauermärchen aufgebunden, wie es denn angehen könne, dass anständige, ehrbare Bürger von gemeingefährlichen Straßenräubern, die sich als hilfsbedürftige Damen ausgeben, aus ihrem Wagen gelockt würden. Und ich wette darauf, die Schmierfinken hatten die Bullen gleich auch noch mit ein paar Scheinchen geködert, denn sie breiteten die Story genüsslich in allen Details aus.
    BÖSER, BÖSER BRADLEY, lautete die Schlagzeile. Dann wurde es noch schlimmer.
    »Seit der Vertreter Bradley Barrett durch seine versehentliche Geschlechtsumwandlung zum Busenwunder wurde, presst jeder Mann im Land die Beine zusammen, wenn er an einem Krankenhaus vorbeifährt. Aber wie die ›Sun‹ nun exklusiv enthüllen kann, ist Bradley ein sehr, sehr ungezogenes Mädchen gewesen. Während einer vierundzwanzigstündigen Orgie voll perverser Gewalt streckte Bradley (25) geschockten Fußballfans seine nackten, wippenden Brüste entgegen … verprügelte er nach einem Alkohol-Exzess in einem Nobel-Pub in Chelsea den bekannten Bankier und konservativen Politiker John Petersham (53), der versucht hatte, Bradley von einem verrückten Selbstmordversuch auf der Battersea Bridge abzuhalten…
    … Bradley liegt derzeit nach einem zweiten Selbstmordversuch in einer Londoner Klinik, aber laut Polizeiangaben wird es zu keiner Anzeige gegen ihn kommen. Konservative Parlamentarier verurteilten Bradley einmütig.
    Der stramm konservative Hinterbänkler Sir Quentin Thresham: ›Ich weiß nicht, ob dieser Barrett Mann oder Frau ist. Auf jeden Fall braucht er eine ordentliche Tracht Prügel. Am liebsten würde ich diese Hooligan-Schlampe selbst übers Knie legen.‹
    Das glaube ich dir gerne, dachte ich, als ich den Artikel las. Clive Horrocks hatte ihn mir ins Krankenhaus mitgebracht. Er hatte einen Menschen von der ›Mail‹ dabei, der aussah, als wolle er mich einer ähnlichen Behandlung unterziehen wie Sir Quentin.
    »Was zum Teufel soll das alles bedeuten«, donnerte er, während er mit der Zeitung in der Luft wedelte. »Wir haben ein Vermögen investiert, Sie als angenehmen jungen Mann aufzubauen, der in der Blüte seines Lebens zerstückelt wurde. Und jetzt müssen wir erfahren, dass Sie Bordsteinschwalbe spielen und mit Tory-Politikern anbändeln.«
    Clive sprang zwischen mich und den ›Mail‹-Menschen, um Schlimmeres zu verhindern. »Aber, aber«, sagte er, galant wie immer, »ich bin sicher, wir können zu einer einvernehmlichen Lösung finden.«
    Er legte dem anderen den Arm um die Schulter: »Also wirklich, Charlie… denk doch nur mal an das neu entflammte Interesse für Bradleys Situation. Nichts für ungut, Bradley, aber vor achtundvierzig Stunden waren Sie Schnee von gestern. Und jetzt diese Aufregung, die Leute überschlagen sich fast, die Konservativen im Parlament haben beinahe Schaum vor dem Mund… im Ernst, Charlie, eigentlich müsste ich dich um eine Honorarerhöhung bitten, um unsere Geschäftsbeziehung zu zementieren, aber um der guten Freundschaft willen …«
    »Geh mir weg, Horrocks«, sagte Charlie halbwegs besänftigt. »Du kannst froh sein, wenn wir unser Geld nicht zurückverlangen.«
    Der Journalist wandte sich mir zu. »Und?« fragte er. »Wie sieht Ihre Version der Geschichte aus? Und ich will nur hoffen, dass es eine gute Geschichte ist…«
    Also erzählte ich einmal mehr die ganze traurige Story, wie ich es schon für die Polizei getan hatte. Die beiden zeigten nicht mehr Mitleid als zuvor die Bullen. Charlie grunzte jedes Mal, wenn ich etwas in seinen Augen einigermaßen Interessantes von mir gab, und Clive saß einfach bloß mit einem Gesicht da, dessen Ausdruck sich von einem feinen Lächeln zum breiten Grinsen einer wohlgenährten Cheshire-Katze veränderte, je länger mein Bericht andauerte.
    Schließlich riss mir der Geduldsfaden. »Verflucht noch mal, Clive, das ist alles überhaupt nicht lustig. Falls es Ihnen entgangen sein sollte, ich habe die Hälfte der letzten achtundvierzig Stunden erfolglos damit verbracht, mir das Leben zu nehmen, und die andere Hälfte damit, von der ›Sun‹ vorgeführt zu werden, vor der Sie mich eigentlich beschützen sollten, wenn Sie das vergessen haben sollten.«
    »Tut mir leid, Bradley, ich wollte Sie nicht auf die Palme bringen«, strahlte Clive.

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