Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Girl

Girl

Titel: Girl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Thomas
Vom Netzwerk:
Stimmung für so etwas. »Verpiss dich«, sagte ich.
    Der Mann zeigte keine Reaktion. Er blickte entgeistert auf das T-Shirt, das sich eng und durchsichtig über meine Brüste spannte wie eine Cellophan Folie um einen Wackelpudding. Durch die Eiseskälte standen meine Nippel stramm wie zwei Wachsoldaten.
    »Ich hoffe, du nimmst es mir nicht übel«, schwärmte er voller Entzücken, »aber du hast die zwei hübschesten kleinen Möpse, mit denen ich je das Vergnügen hatte.«
    »Verpiss dich, du perverser alter Sack!« brüllte ich ihn an. Aber es half alles nichts. Er trat sogar noch ein Stück näher heran.
    »Sei nicht so hart zu mir, mein Schatz«, sagte er. »Schimpf nicht mit dem armen kleinen Johnny. Er will ja nur, dass man ihn ein bisschen liebhat.« Dann sprang er vor und umklammerte meine Beine. »Ich lass dich nicht los!« rief er. »Ich lass nicht zu, dass du dir etwas antust!«
    Ich hatte halbwegs sicher auf der Balustrade gestanden, aber nachdem er meine Beine gepackt hatte, war es mit der Balance vorbei, und ich drohte abzustürzen. Ich hätte zu beiden Seiten fallen können, aber der Mann zog mich mit einem letzten, verzweifelten Ruck in seine Richtung, und ich kippte über ihn auf den Bürgersteig.
    Für einen Moment lagen wir übereinander, während ich mich zu orientieren versuchte und er sein Gesicht mit Wonne an meine Brüste presste. In einiger Entfernung hörte ich Wagen auf der Brücke vorbeirauschen, deren Besatzung sich für die Handgreiflichkeiten eines Pärchens auf dem Seitenstreifen wenig interessierte.
    Ich spürte, wie der Mann seine Arme und Beine wie eine liebestolle Krake um mich schlang, während sein heißer, Bier geschwängerter Atem sich meinem Gesicht immer mehr näherte und mich mit einer Wolke aus Heineken und Mundgeruch einnebelte, bis sich mir der Magen umdrehte und ich mit einem einzigen, kräftigen Würgen meinen gesammelten Vorrat an Alkohol und Erdnüssen über seinen schicken grauen Anzug kotzte.
    Ich muss mir unbedingt abgewöhnen, ständig Leute voll zu kotzen, dachte ich im stillen. Der arme kleine Johnny war sichtlich wenig begeistert.
    »Du Schlampe!« brüllte er. »Du dreckige Schlampe.« Er rappelte sich auf, indem er mich von sich stieß. Darm schleuderte er einen kurzen, ungezielten Tritt in meine Richtung, beschimpfte mich als Miststück und Hure.
    Für einen Augenblick gelang es mir, ihn abzuwehren, dann stand ich selbst auf den Beinen. Er starrte mich aus verschwommenen Augen an und schien zum ersten Mal mein Gesicht – mein männliches Gesicht – zu registrieren. Und dann, als ob das alles zu viel für ihn wäre, stiess er einen Seufzer aus und nahm mit hochgezogenen Augenbrauen und einem seligen Lächeln auf dem Gesicht wieder meine Brüste in Augenschein.
    »Nehmt’s dem kleinen Johnny nicht krumm«, säuselte er. »Seid ihm nicht böse, kleine Möpschen. Johnny hat’s nicht so gemeint. Johnny ist eigentlich ein prima Kerl.«
    In dem Moment stiegen die ganze Wut und die Demütigungen, die ich an diesem und an all den anderen Tagen seit meiner Einlieferung ins St. Swithin’s Hospital erlitten hatte, in mir hoch und wälzten sich wie ein feurig-heißer Lavastrom durch meinen Körper. Und der ganze Hass, der sich auf all die Leute, die mich verhöhnt hatten, aufgestaut hatte, übermannte mich und konzentrierte sich auf die faselnde, grienende, abgerissene Figur dieses schmierigen alten Kerls vor meiner Nase.
    »Johnny?« sagte ich.
    »Ja, mein Schatz?«
    »Ich hab’ da was für dich.« Und dann schlug ich ihm mit meiner ganzen verbliebenen Kraft mit der Faust auf seine schmale, krumme Nase. Wäre er nicht volltrunken gewesen, ich hätte ihm vermutlich das Licht ausgeblasen. So aber eierte er dermaßen in der Gegend herum, dass ich ihn gerade mal streifte. Aber der Schlag war immer noch fest genug, dass Blut floss. Bevor er reagieren konnte, hatte ich mich schon umgedreht und stürzte die Brücke entlang in Richtimg Battersea und nach Hause.
    Dort befinde ich mich augenblicklich. Am Kühlschrank klebte eine Nachricht von Mike. »Haben dich beim Spiel vermisst. Hoffentlich alles o. k. Bin mit Caroline und den anderen im Ministry of Sound. Sehen uns morgen. Mike.«
    Es ist jetzt zwei Uhr nachts. Ich habe über alles nachgedacht und beschlossen, dass ich ein Leben, das aus Tagen wie diesen besteht, nicht durchhalte. Ich kann nicht jeden Moment darauf warten, verarscht, beleidigt oder bedroht zu werden. Ich hatte ein Leben. Jetzt nicht mehr. An diesem

Weitere Kostenlose Bücher